Ernährungsbildung fördert gesunden & nachhaltigen Lebensstil

ernährung heute: Umfrage belegt Wissenslücken bei Konsumenten. Braucht Ernährungsbildung in Kindergarten & Schule sowie umfassende Kampagnen, um Ziele des Green Deals zu erreichen.

Insbesondere jungen Menschen fehlt der Bezug zum Essen. Das bezieht sich auf die Einschätzung über die Genusstauglichkeit von Lebensmitteln, die Zubereitung und Nährstoffzusammensetzung bis hin zur Kalorienaufnahme. Die Folgen betreffen aber nicht nur die individuelle Gesundheit, sondern auch die Nachhaltigkeit des Ernährungssystems. Food-Waste deutlich zu reduzieren und den Anteil pflanzlicher Kost zu erhöhen, sind beispielsweise zwei Ziele des Green Deals der EU-Kommission, die eines geschärften individuellen Bewusstseins bedürfen.

Die aktuelle Ausgabe von ernährung heute, dem Magazin des forum. ernährung heute (f.eh), beleuchtet daher das Ernährungswissen der Österreicher, bringt Licht in die größten Wissenslücken und zeigt, wie das Thema Essen in Kinderbüchern konnotiert wird. Dazu Marlies Gruber, Geschäftsführerin des f.eh: „Eine umfassende Ernährungs- und Konsumbildung vom Kindergarten bis zum Ende der Schulpflicht ist dringend nötig. Nur so können wir den Herausforderungen bei Nachhaltigkeit und Gesundheit auf ökologischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene erfolgreich begegnen.“

Um sich in einer zunehmend komplexeren Welt zurechtzufinden und einen gleichzeitig gesunden, genussvollen und nachhaltigen Lebensstil zu erreichen, ist Nutrition Literacy zunehmend gefragt. Der Begriff bezeichnet eine ernährungsspezifische Gesundheitskompetenz, bei der es um Ernährungswissen, vor allem aber auch Fähig- und Fertigkeiten im Umgang mit Lebensmitteln, die Bereitschaft zur aktiven Auseinandersetzung mit Ernährungsfragen sowie die kritische Reflexion des eigenen Essverhaltens und seiner Konsequenzen geht. Erworbenes Wissen – implizites wie explizites – unterstützt dabei, die unterschiedlichen Einflussfaktoren für das Essverhalten wie Familie, Freunde und Bekannte, Kultur und mediale Botschaften einzuordnen.

Wissenslücken in vielen Bereichen

Das f.eh hat das generelle – gesundheitsbezogene – Ernährungswissen in der österreichischen Allgemeinbevölkerung erhoben und gleichzeitig gemeinsam mit dem Department für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien jenes von Fach- und Lehrkräften sowie Experten im Gesundheitsbereich, z.B. Ärzte, als wesentliche Multiplikatoren erfasst. Diätologen erzielten das beste Ergebnis (87,5 %) gefolgt von Ernährungswissenschaftlern (85,6 %), Pharmazeuten (82,9 %) und Medizinern (81,3 %). Pädagogen erreichten 74,5 % der Punkte, die Allgemeinbevölkerung 61,4 %.

In fast allen grundlegenden Bereichen, z.B. bei den konkreten Empfehlungen zu Obst- und Gemüseportionen sowie zu verschiedenen Arten von Fetten oder den Hauptquellen von Salz sind jedoch Wissenslücken vorhanden. Lediglich jede fünfte Person (21,1 %) weiß, dass Experten fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag empfehlen. Viele kennen den Kaloriengehalt der Hauptnährstoffe nicht – nur 29 % identifizieren Fett als den kalorienreichsten Hauptnährstoff, während 41,1 % der Allgemeinbevölkerung denken, es sei Zucker.

Ebenso schwer fällt einem Großteil das Interpretieren einer Nährwerttabelle. Das ist insofern von Bedeutung, weil die Aktivitäten der Politik in den letzten Jahren vermehrt darauf abzielten, die Bevölkerung durch umfangreiche Informationen über Inhaltsstoffe, mögliche Wirkungen und Produktionsverfahren auf den Lebensmittelverpackungen zum Umdenken bei der Lebensmittelauswahl zu bewegen. Es stehen also nicht mehr Ernährungsmuster im Fokus, sondern die einzelnen (verpackten) Lebensmittel, obwohl die wissenschaftliche Sinnhaftigkeit der ernährungsphysiologischen und gesundheitlichen Bewertung einzelner Lebensmittel immer noch kontrovers diskutiert wird.

Keine Nutrition Literacy, kein Green Deal

Die Ergebnisse zeigen deutlich den Bedarf an grundlegender Ernährungsbildung in Österreich vom Kindergarten bis zum Ende der Schulpflicht sowie eines Hebens des Ausbildungsstands der Lehrkräfte, Erwachsenen und Angehörigen der Gesundheitsberufe. Entsprechendes Wissen sowie Fertig- und Fähigkeiten sollen die Menschen dazu befähigen, ihr Leben selbstständig zu bewältigen, ihr Handeln danach auszurichten und kritisch zu reflektieren. Das ist für selbstbewusste Gesundheits- und Ernährungsentscheidungen ebenso relevant wie für Fragen eines nachhaltigen Lebensstils. Schließlich führen eine ausgewogene und nachhaltige Ernährungsweise sowie ein generell gesunder Lebensstil zu positiven Effekten sowohl auf das individuelle Wohlbefinden als auch auf ökologischer, gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Ebene.

Die weiteren Themen im Heft

  • Elisabeth Sperr, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim f.eh, beantwortet grundlegende Fragen zu ausgewählten Nähr- und Inhaltsstoffen, zu denen gemäß Umfrage am meisten Wissen fehlt.
  • Peter Stehle, Professor für Ernährungsphysiologie i.R. an der Universität Bonn, kritisiert den politischen Paradigmenwechsel weg von Ernährungsmustern hin zur Einzelbetrachtung von Lebensmitteln.
  • Essen als Alltagshandlung ist Thema in vielen Kinderbüchern. Ernährungswissenschaftlerin Eva Derndorfer hat sich das angesehen und festgestellt, dass Nachhaltigkeit, Essen als sozialer Akt und Genuss an Bedeutung gewinnen.
  • Elisabeth Sperr und Evelyn Matousch, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen im f.eh, geben einen Überblick über Pflanzendrinks sowie ihren Geschmack und ihre Nährstoffzusammensetzung.
  • In vielen Ländern sind Lupine fixer Bestandteil auf dem Speiseplan. Theres Rathmanner, Forscherin am Institut für Gesundheitswissenschaften an der FH St. Pölten, holt die noch unterschätzten Hülsenfrüchte vor den Vorhang. Das Heft wird auf Anfrage an presse@forum-ernaehrung.at gerne als pdf-Version zur Verfügung gestellt.

Quelle: forum. ernährung heute