Zum Einfluss der Ernährung auf klinisch-toxikologische Messwerte

Biomarker-Messungen im Spontan-Urin: Fehlinterpretationen möglich.

Vegane und vegetarische Ernährung erfreuen sich steigender Beliebtheit. Wie wirkt sich diese Kostform auf den Organismus und den Stoffwechsel aus? Um das zu prüfen, wird unter anderem der Urin untersucht. Beim Vergleich zwischen Vegetariern, Veganern und „Allesessern“ (Mischköstler) kann es jedoch zu Fehlinterpretationen kommen, wenn in Studien nur Spontan-Urin zur Verfügung steht. Als Spontan-Urin wird die Urinmenge bezeichnet, die eine Person spontan zum Zeitpunkt der Untersuchung abgibt.

Eine Fehlinterpretation ist möglich, wenn Messwerte zur Korrektur der unterschiedlichen Verdünnung des Urins mit Hilfe der Kreatininkonzentration angepasst werden. Denn dieses Muskelabbauprodukt wird auch durch den Konsum von Fleisch und Fisch in den Körper aufgenommen und im Urin ausgeschieden. Dadurch kann die Ausscheidung von Substanzen (Biomarkern) im SpontanUrin bei Mischköstlern als zu niedrig ermittelt werden. Über diesen Zusammenhang berichtet eine Forschergruppe des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) im Fachblatt „International Journal of Hygiene and Environmental Health“.

Hier geht’s zur Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1438463923000330

Untersuchungen von Stoffwechselprodukten und Kontaminanten (unerwünschten Substanzen) sollten idealerweise in Urin erfolgen, der über 24 Stunden gesammelt wurde. Dies ermöglicht Aussagen über die Tagesausscheidung dieser Stoffe unabhängig davon, wieviel über den Tag getrunken wurde. Oft steht aus Studien jedoch nur Spontan-Urin zur Verfügung. Die Konzentration in solchen Proben ist insbesondere von der Trinkmenge abhängig: Wird viel getrunken, wird auch viel Urin produziert. Alle Substanzen im Urin liegen in entsprechend niedrigerer Konzentration vor, ohne dass die Tagesausscheidung verändert wäre. Um diesen Fehler zu korrigieren, werden die gemessenen Werte oft auf Kreatinin bezogen, also durch die gleichzeitig im Urin gemessene Konzentration von Kreatinin geteilt. Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Muskelstoffwechsels, das pro Stunde gleichmäßig entsteht und im Urin ausgeschieden wird.

In einer Studie zu Nutzen und Risiken veganer Ernährung fiel dem BfR-Team auf, dass Mischköstler deutlich mehr Kreatinin im Urin ausschieden als Veganer. Dieser war über 24 Stunden gesammelt worden. Eine Literaturrecherche ergab, dass dies sehr wahrscheinlich dadurch bedingt ist, dass beim Verzehr von Fleisch und Fisch Kreatinin in den Körper aufgenommen wird. Es bildet sich beim Erhitzen des Tiermuskels während der Zubereitung. Kreatinin im Urin spiegelt daher nicht nur die körpereigene Bildung im Muskel wieder, sondern wird auch durch die Aufnahme von Fleisch und Fisch erhöht. Es führt bei Mischköstlern zu fälschlicherweie niedrigeren Werten von Biomarker-Messungen. Daher ist es für die Korrektur von Messungen im Spontan-Urin weniger gut geeignet als bisher gedacht.

Das Problem der zu niedrigen Messwerte bei Fleischessern muss nach Ansicht der Autorinnen und Autoren der BfR-Studie bei zukünftigen Untersuchungen mit Spontan-Urin berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für Studien, die Veganer und Vegetarier mit Mischköstlern vergleichen. Der Fehler kann vermieden werden, wenn der Urin über 24 Stunden gesammelt wird.

Quelle: BfR