Rückstände von Mineralölen können unter anderem aus Kartons und anderen Verpackungsmaterialien in Lebensmittel übergehen, wenn diese aus recyceltem Altpapier hergestellt wurden.
Inwieweit das gesundheitliche Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher mit sich bringt, wird in Fachkreisen seit Jahren diskutiert.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat kürzlich ihre Bewertung aus dem Jahr 2012 unter Einbeziehung neuer Daten aktualisiert und das vorläufige Ergebnis vor gestellt: Die aktuelle Aufnahmemenge an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH) mit der Nahrung stellt demnach aus gesundheitlicher Sicht nach derzeitigem Kenntnisstand keinen Grund zur Besorgnis dar. Die Aufnahmemenge an aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH) sieht die EFSA allerdings nach wie vor als zu hoch an, insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilt die Schlussfolgerungen der EFSA und be tont, dass die Verunreinigung von Lebensmitteln mit Mineralölbestandteilen grundsätzlich unerwünscht ist. Bessere Verfahren bei der landwirtschaftlichen Erzeugung, beim Transport, der Lagerung und der Verarbeitung von Lebensmitteln können helfen, den Eintrag von Mineralölbestandteilen zu reduzieren. Der Übergang solcher Substanzen aus Verpackungen – insbesondere aus Papier und Karton – auf Lebensmittel kann unter anderem durch den Einsatz von Frischfaserkartons und die Verwendung mineralölfreier Druckfarben reduziert wer den. Auch funktionelle Barrieren in den Verpackungen können dazu beitragen, eine Verunreinigung von Lebensmitteln zu verhindern.
Nach den neuen Daten der EFSA hat sich die tägliche Aufnahmemenge an Mineralölbestand teilen in allen Bevölkerungsgruppen seit dem Jahr 2012 etwa halbiert.
Mineralölbestandteile können auf verschiedenen Wegen in unsere Nahrung gelangen: Vorhersehbar ist das, wenn sie etwa in zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffen oder Additiven zur Verarbeitung von Lebensmitteln in stecken. Zudem können auch Verunreinigungen der Lebensmittel durch landwirtschaftliche Maschinen, ungeeignete Transport- oder Verarbeitungsverfahren sowie Anreicherungen entlang der Nahrungskette auftreten. Verpackungen aus Papier oder Karton, die unter Verwendung recyclierter Fasern hergestellt wurden, können ebenfalls Reste von Mineralölen enthalten. Als Rohstoff für das Recycling wird auch bedrucktes Zeitungspapier verwendet, und in den meisten herkömmlich verwendeten Zeitungsdruckfarben sind Mineralöle enthalten. Diese können bisher im Recyclingprozess nicht ausreichend entfernt werden und gelangen so in die Lebensmittelverpackungen aus Recyclingkarton.
Die nachgewiesenen Mineralölgemische bestehen aus jeweils komplexen Mischungen angesättigten Kohlenwasserstoffen (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons, MOSH) sowie aus aromatischen Kohlenwasserstoffen (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons, MOAH).
Es ist bekannt, dass MOSH, die bis zu rund 45 Kohlenstoffatome enthalten, vom Körper auf genommen werden. Sie wurden beim Menschen in einigen Organen wie Leber und Milz so wie im Fettgewebe nachgewiesen. Tierexperimentelle Studien hatten zudem gezeigt, dass einige MOSH bei einem bestimmten Rattenstamm Ablagerungen und Entzündungen in der Leber hervorrufen. Die Relevanz dieses Befundes für den Menschen war lange Zeit unklar.
Nach der Auswertung neuer Daten kommt die EFSA im Jahr 2023 in ihrer Neubewertung zu dem Schluss, dass die beobachteten Effekte speziell in diesem Rattenstamm auftreten und für den Menschen nicht relevant sind. Von sehr hohen Dosen abgesehen hat die EFSA keine schädigenden Wirkungen von MOSH auf den Menschen festgestellt. Allerdings ist die Datenlage unvollständig. Insbesondere Langzeitstudien im Tier sowie weitere Daten zu MOSH-Gehalten in menschlichen Organen nach (lebens)langer Aufnahme von Mineralöl fehlen. Die gesundheitliche Risikobewertung der EFSA basiert auf dem Effekt der Anreicherung von MOSH in Organen und Geweben, da eine Anreicherung körperfremder Stoffe grundsätzlich unerwünscht ist und mögliche (bisher unbekannte) toxikologische Effekte am ehesten durch die sich anreichernden MOSH zu erwarten sind.
Die EFSA kommt zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Aufnahmemenge an MOSH in der europäischen Bevölkerung über Lebensmittel keinen Grund zur Besorgnis darstellt. Dies ist auch ein Ergebnis der Anstrengungen von Behörden und Industrie in den vergangenen Jahren, den Übergang von Mineralöl in Lebensmittel zu verringern. Nach Ansicht des BfR sollten diese Bestrebungen fortgesetzt werden, um die MOSH-Gehalte in Lebensmitteln weiter zu verringern oder zumindest auf dem aktuellen Level zu halten.
MOAH sind Verbindungen, die ein aromatisches Ringsystem aus einem oder mehreren Ringen aufweisen und zusätzlich zu Kohlenstoff und Wasserstoff manchmal auch Schwefel enthalten. Die aromatischen Ringe weisen zudem in der Regel eine oder mehrere kurze oder lange Seitenkette(n) aus gesättigten Kohlenwasserstoffen auf. Für die Bewertung der MOAH-Gehalte in Lebensmitteln ist die Fraktion mit drei oder mehr aromatischen Ringen besonders relevant, da in dieser Fraktion erbgutverändernde und krebserzeugende Stoffe enthalten sein können. Da es zum tatsächlichen Anteil dieser Fraktion an den MOAH, die in Lebensmitteln gefunden wurden, allerdings nur wenig Daten gibt, erarbeitete die EFSA zwei verschiedene Expositions-Szenarien („best case“ und „worst case“). Für das „worst case“- Szenario ergab sich für alle Bevölkerungsgruppen und für den „best case“ vor allem für die Gruppe der Vielverzehrer unter den Kleinkindern ein Grund zur Besorgnis.
Für MOAH hat die EFSA vor allem angemerkt, dass mehr Daten zum tatsächlichen Vorkommen von MOAH mit drei oder mehr aromatischen Ringen in Lebensmitteln – und damit verbesserte Verfahren in der Routineanalytik – gebraucht werden. Zudem fehlen Daten zur Toxikologie speziell der MOAH mit einem oder zwei aromatischen Ringen
Weitere Informationen auf der BfR-Website zum Thema Mineralölbestandteile:
Fragen und Antworten zu Mineralölbestandteilen in Lebensmitteln
https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_mineraloelbestandtei len_in_lebensmitteln-132213.html
Hochraffinierte Mineralöle in Kosmetika: Gesundheitliche Risiken sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten
https://www.bfr.bund.de/cm/343/hochraffinierte-mineraloele-in-kosmetika-ge sundheitliche-risiken-sind-nach-derzeitigem-kenntnisstand-nicht-zu-erwarten.pdf
Quelle: BfR