IGF-Projekt des Monats Juni 2024 im FEI-Internetauftritt: Vorbeugender Verbraucherschutz beim Veggie-Patty: Forschungsteam schließt mikrobiologische Wissenslücken bei Fleischersatzprodukten.
Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte, die in Geschmack und Konsistenz Fleischerzeugnissen ähneln, erfreuen sich seit mehreren Jahren wachsender Beliebtheit: Im Jahr 2022 wurden laut des Statistischen Bundesamts hierzulande bereits 72,7 % mehr pflanzenbasierter Aufschnitt, Patties und Nuggets im Vergleich zu 2019 produziert. Demgemäß ging die Produktion von Fleisch im gleichen Zeitraum um 9 % zurück, der Pro-Kopf-Verzehr sogar um über 10 %. Auch die Zahl der Unternehmen, die in Deutschland Fleischersatzprodukte produzieren, erhöhte sich von 34 im Jahr 2019 auf 51 im Jahr 2022.
Für die pflanzlichen Alternativen zu Fleischerzeugnissen fehlen jedoch bislang ausreichend wissenschaftliche Erkenntnisse und Daten hinsichtlich Haltbarkeit und mikrobiologischer Sicherheit; auch auf jahrzehntelange Erfahrung wie bei der Herstellung von Fleischwaren kann nicht zurückgegriffen werden. Insbesondere fehlen Daten zur mikrobiologischen Belastung der Produkte mit toxigenen sporenbildenden Bakterien sowie Erkenntnisse zur Inaktivierung bakterieller Sporen während der Produktion. Zwar gibt es bislang in Deutschland keine Krankheitsausbrüche, die auf den Verzehr von Fleischersatzprodukten zurückzuführen sind, doch im Sinne eines hohen Lebensmittelsicherheitsstandards ist den herstellenden Unternehmen sehr daran gelegen, entsprechend vorzubeugen. Hier setzt ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) an, das interdisziplinär von zwei Forschungsteams am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück sowie am Max-Rubner-Institut (MRI) in Kiel bearbeitet wird.
Derzeit werden geschätzt 90 % der Fleischersatzprodukte auf Basis von Soja, Weizen und Erbsen produziert. Aufgrund der hohen Diversität in der Zusammensetzung (unterschiedliche pflanzliche Proteine) und den unterschiedlichen Herstellungsbedingungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass bakterielle Sporen, insbesondere von Bacillus und Clostridium, eingetragen werden, die die thermischen Prozessschritte während der Herstellung von Fleischersatzprodukten überstehen können.
Zudem sind pflanzenbasierte Ersatzprodukte aufgrund der hohen Wasseraktivität (aW-Wert > 0,95) und des neutralen bis schwach sauren pH-Wertes (pH-Wert > 5,5) anfällig für mikrobiologisches Wachstum. Bei allen Herstellungsverfahren wird die Rohmasse, die aus Mischungen aus verschiedenen pflanzlichen Proteinen besteht, erhitzt: Dies ermöglicht die Strukturbildung und dekontaminiert das Endprodukt. Bisher ist jedoch wenig über das Potenzial der thermischen Prozessschritte zur Inaktivierung von Sporen bekannt, insbesondere bei der Extrusion. Auch sind keine Studien vorhanden, die das Potenzial der verschiedenen Herstellungsprozesse (Low-moisture– und High-moisture-Extrusion) zur Sporeninaktivierung direkt miteinander vergleichen.
Im Fokus des Forschungsvorhabens steht daher, zunächst Daten zur mikrobiologischen Belastung marktüblicher veganer Fleischersatzprodukte mit Fokus auf sporenbildenden Bakterien zu erheben sowie Produktisolate für weitere Untersuchungen zu gewinnen. Im Anschluss wird die matrixabhängige Inaktivierung bakterieller Sporen (Bacillus subtilis, Clostridium sporogenes und Produktisolate) während des Extrusionsprozesses charakterisiert. Ebenso wird das matrixabhängige Auskeim- und Wachstumsverhalten während der gekühlten Lagerung in zwei veganen Produkten (Aufschnitt sowie Burger-Patty) bestimmt.
Im Rahmen der Forschungsarbeiten werden grundlegende Daten zur Inaktivierung bakterieller Sporen und zum Auskeimpotenzial in Fleischersatzprodukten generiert werden. Interessierten Unternehmen wird dies den Einstieg in den Markt erheblich erleichtern und die Sicherheit der Produkte wird dadurch weiter erhöht werden. Von den gesamten Erkenntnissen werden gleichermaßen sowohl Start-ups als auch etablierte Unternehmen der Fleischwarenindustrie profitieren können, die bereits vegane und vegetarische Produkte in ihr Sortiment aufgenommen haben.
Informationen zum IGF-Projekt 01IF23031N Vorkommen und Verhalten sporenbildender Bakterien in Fleischersatzprodukten“
Quelle: FEI