Forschungsteam entschlüsselt molekulare Ursachen.
Multivitaminsaft ist in Deutschland neben Orangen- und Apfelsaft äußerst beliebt. Im Jahr 2022 betrug der Pro-Kopf-Verbrauch hierzulande 4,1 Liter und ist seit 2019 kontinuierlich gestiegen. Charakteristisch für Multivitaminsaft ist dessen Zusammensetzung aus oft mehr als zehn verschiedenen Obstsorten sowie eine Anreicherung mit Vitaminen. In der Regel werden die Vitamine A, B1, B2, Niacin, Pantothensäure, B6, Biotin, Folsäure, B12, C und E zugesetzt.
In bestimmten Lebenssituationen kann es auch bei ausgewogener Ernährung zu einem Mangel an Vitaminen kommen, insbesondere bei Schwangeren, Stillenden, Kindern und älteren Menschen: Hier ist Multivitaminsaft eine gute Option, die tägliche Vitaminzufuhr zu ergänzen. Bereits ein Glas enthält in der Regel mindestens ein Drittel des Tagesbedarfs an zugesetzten Vitaminen.
In der Praxis kommt es jedoch gelegentlich zu Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die ein sehr charakteristisches als kohlartig beschriebenes Fehlaroma wahrnehmen, während der Geschmack der betroffenen Säfte unauffällig bleibt. Es handelt sich eindeutig um ein Fehlaroma, das durch Geruchsstoffe verursacht wird – und nicht um einen Fehlgeschmack. Dabei wird vermutet, dass das Fehlaroma durch das Zusammenspiel von zugesetzten Vitaminen und Saftbestandteilen entsteht. Doch die molekularen Ursachen für das Auftreten des Fehlaromas sind bisher weitgehend unklar. Daher können auch keine gezielten Gegenmaßnahmen seitens der Hersteller getroffen werden.
Ein Fall für die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF), dessen sich ein Team des Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München angenommen hat. Es hat sich im Rahmen des aktuellen IGF-Projekts 22273 N des FEI zum Ziel gesetzt, die molekularen Ursachen für das typische Fehlaroma in Multivitaminsaft zu klären und Strategien zu dessen Minimierung zu entwickeln. Dabei werden zunächst die für das auftretende Fehlaroma verantwortlichen Schlüsselgeruchsstoffe mit Hilfe des an der Forschungsstelle entwickelten molekularsensorischen Konzepts charakterisiert. Im Anschluss sollen die Parameter ermittelt werden, die für ihre Bildung entscheidend sind. Es wird vermutet, dass die Konzentrationen der Schlüsselgeruchsstoffe wesentlich von der Rezeptur und den Lagerungsbedingungen des Safts beeinflusst werden.
Aus den Ergebnissen sollen Empfehlungen zur Rezeptur und zur Lagerung für die Fruchtsafthersteller abgeleitet werden, um das Risiko einer Fehlaromabildung bei Multivitaminsaft zu minimieren. Die Umsetzung in den Unternehmen könnte nach Projektende zeitnah erfolgen und die entwickelten Strategien zur Minimierung des Risikos einer Fehlaromabildung zur steigenden Beliebtheit von Multivitaminsaft beitragen, Imageverluste einzelner Unternehmen vermeiden und somit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fruchtsaftindustrie sichern. Sie umfasst über 300 Unternehmen mit 7.500 Beschäftigten im Jahr 2022, von denen über 90 % kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind. Alle Fruchtsafthersteller zusammen erwirtschafteten einen Umsatz von über 3 Milliarden Euro.
Informationen zum IGF-Projekt 22273 N „Klärung der molekularen Ursachen eines typischen Fehlaromas in Multivitaminsaft und Entwicklung von Strategien zu dessen Minimierung“
Quelle: FEI