Dicke leben länger als Dünne – schützen Extrapfunde bei Stoffwechselstörungen?

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Eine neue Studie wirft erneut Fragen über das „ominöse Adipositasparadoxon“ auf, das den vermeintlich klaren  Zusammenhang zwischen Gewicht und Gesundheit in Frage stellt.

Ernährungswissenschaftler Uwe Knop liefert Einblicke in diese faszinierenden Ergebnisse. Was haben die Forscher in der neuen nature-Studie untersucht?

Die Forscher haben in der neuen Studie – publiziert in hoch angesehen Medizinfachjournal nature – mehr als 50.000 Patienten in vier unterschiedliche Typen aufgeteilt: Gesunde Nicht-Fettleibige ((1) und gesunde Fettleibige (Adipöse) (2) sowie Nicht-Fettleibige (3) und Fettleibige je mit krankhaftem Stoffwechsel (4). Bei allen vier Gruppen beobachteten die Wissenschaftler die Gesamtsterblichkeit. Das ist der härteste aller klinischen Endpunkte, also der stärkste Parameter, den Studien untersuchen können: Wer lebt wie lange? Diese „Mortalität“ ist von großer Relevanz, das wollen alle Forscher wissen.

Welche Ergebnisse lieferten Wissenschaftler?

Die Studienergebnisse zeigen, dass kein Unterschied in puncto Gesamtsterblichkeit bei gesunden Nicht-Fettleibigen und gesunden Fettleibigen beobachtet werden konnte. Nicht-Fettleibige mit Stoffwechselstörungen hingegen hatten das höchste Risiko insgesamt, früh zu versterben. Ein weiteres. sehr interessantes Fazit lautet daher: „Insbesondere stellten wir fest, dass Adipositas das Risiko der Gesamtmortalität bei Menschen mit Stoffwechselstörungen verringerte.“ D.h. wer einen krankhaft veränderten Stoffwechsel hat und nicht adipös ist, der stirbt früher als stoffwechsel-gestörte Fettleibige. Woher dieses „Fettleibigkeitsparadoxon“ kommt, ist nicht gesichert zu erklären.

Was hat es mit dem „Adipositasparadoxon“ auf sich?

Dieser Begriff „Adipositasparadoxon“, den gibt es schon sehr lange. Er kommt daher, dass in letzten 10 bis 20 Jahren zahlreiche große Beobachtungsständen immer wieder aufs Neue bestätigt haben: Bei vielen Erkrankungen. z.B. Diabetes und Krebs, leben Dicke länger als Schlanke. Warum das so ist, darüber wird noch immer wild und kontrovers spekuliert – und viele „Hardliner“ wollen es auch nicht wahrhaben, sodass diese Paradoxon auch viele Kritiker hat, die Zweifel an den Daten hegen und andere Auswertungsmethoden als möglichen Gegenbeweis heranziehen. Wer auch immer Recht haben mag, die aktuellen Studienautoren konstatieren klar:

„Dieses Ergebnis unterstützt die Existenz des „Fettleibigkeitsparadoxons“, über das bereits in mehreren Studien berichtet wurde.“ Die Wissenschaftler weisen insbesondere aufgrund dieser erneut polarisierenden Ergebnisse eindringlich auf folgendes hin: „Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Gewichtszunahme gefördert werden sollte, um das Risiko der Gesamtsterblichkeit zu senken.“ Die Wissenschaftler warnen also klar davor, dass aus dieser Korrelation keine Kausalität abgeleitet werden kann. Diese Grundsatz-Warnung sollten sich alle Ernährungswissenschaftler an den Kühlschrank pinnen :

Warum sollten sich gerade die Ernährungsforscher diese „Warnung“ hinter die Ohren schreiben?

Ganz einfach: Weil die „Umdeutung“ von Korrelationen in Kausalitäten der Kardinalfehler beim Thema gesunde Ernährung ist. Die Ernährungswissenschaften sind in einer sehr bemitleidenswerten Lage, weil sie keine Kausalitäten (also keine Ursache-Wirkungs-Beziehungen, keine Beweise) liefern können, sondern nur Korrelationen, also banale statistische Zusammenhänge. Und diese lassen maximal Hypothesen und Vermutungen zu. Daher gleichen Ernährungswissenschaften dem Lesen einer Glaskugel. Das wollen viele „Player im Ernährungsbusiness“ aber nicht wahrhaben – und daher werden gerne Korrelationen in Kausalitäten umgedeutet, um wichtiger zu erscheinen, als man wirklich ist. Das machen auch Politiker gerne: Bei Karl Lauterbach fragt man sich immer wieder, ob er den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht kennt. Aber das ist nicht die einzige Schwäche dieses Forschungszweigs, es gibt zahlreiche mehr – sodass letztlich bis heute niemand weiß, was genau gesunde Ernährung sein soll.

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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte

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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (u.a. Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben, Springer 2022). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut. Kontakt: presse@echte-esser.de