Kuren und kein Ende – was bringen Leber-Kur, Darm-Kur, Saft-Kur, Basen-Kur, FX Mayr-Kur?

Inmitten der Flut an Kuren klärt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop auf, was es mit den populären Detox-, Fasten, Vitamin- , Leber- und Reinigungskuren wirklich auf sich hat. Warum gibt es Kuren wie „Sand am Meer“ und wirken sie überhaupt?

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Leber-Kur, Darm-Kur, Saft-Kur, Basen-Kur, FX Mayr-Kur – warum gibt es so viel Kuren?

… Vitamin-Kur, Ingwer-Kur – „rund um die Uhr eine neue Kur“. Es gibt so viele Kuren, weil viele windige Anbieter damit viel Geld verdienen wollen – und sich mit allerlei Wortkombinationen immer wieder schnell neue, heilsbringende Kuren erfinden lassen. Denn in diesem Bereich gibt es keinen Begriffsschutz, höchsten ist man gelegentlich begriffsstutzig ob der allerneusten Kurkreation.

Warum sind Kuren aller Art denn so beliebt?

Das liegt am kleinen Wörtchen „Kur“: Viele Menschen verbinden irgendetwas besonders Gesundes und Gutes mit diesem Begriff, er hat ein eindeutig sehr positives „Framing„, also der gelernte Bedeutungsrahmen gefällt den Leuten und zieht sie an: Kur = muss gesund sein. Und so wird der Begriff willkürlich an zahllose „Vorworte“ angehängt, sodass der Eindruck entsteht: Entweder soll man die „Kur“ als Substanz einnehmen oder das entsprechende Organ wird, derweil ich kure, „entgiftet, detoxt und entschlackt“. Häufig wird eine Kur auch von dubiosen Anbietern angepriesen, die, um noch mehr „Geld von gutgläubigen Gesundheitssüchtigen“ zu verdienen gleich die passenden Pillen und Pülverchen als Nahrungsergänzungsmittel mit verkaufen. Besonders gesundheitsbewusste oder gar krankheitsverzweifelte Patienten lassen hier einige „pekuniäre Federn“.

Gibt es wissenschaftliche Beweise oder Studien, die die Wirksamkeit dieser Kuren bestätigen oder widerlegen?

Nein. Es gibt keine wissenschaftlich gesicherten Beweise für die generelle Wirksamkeit von Leber-, Darm-, Saft- oder dem „Evergreen“ Basen-Kur, die über eine kurzfristige, subjektive Empfindung hinausgehen. Gerade haben auch die „Hüter wissenschaftlicher Wahrheit“. Cochrane, die bekannte FX Mayr als als Luftnummer entlarvt: „Wissenschaftliche Belege fehlen:

Es ist weder untersucht noch belegt, ob die spezielle Fasten-Methode nach FX Mayr hält, was sie verspricht: Nämlich Hilfe bei allen möglichen Erkrankungen von Allergien, über Rheuma bis Schlafstörungen. Die beworbene Entgiftung und „Entschlackung“ des Körpers durch die Fasten-Kur sind zudem wissenschaftlich nicht plausibel.“

 

Und das Cochrane-Urteil gilt im Grunde für alle diese Kuren – denn sie werden grundsätzlich von zahlreichen Behauptungen flankiert und garniert, die von einer allgemeinen Gesundheitsförderung bis hin zur Heilung spezifischer Krankheiten reichen. Diese Behauptungen basieren jedoch nur auf Anekdoten, Traditionen oder Marketingstrategien – nicht aber nicht auf echten wissenschaftlichen Studien. Niemand sollte sich daher darauf verlassen, mit einer Kur (ernsthafte) gesundheitliche Probleme kausal, also ursächlich, zu behandeln.

Kann ich mich denn anders „detoxen & entschlacken“?

Nein & Ja. Nein, denn es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für „reinigende Lebensmittel“ oder Wunderkräuter, die entschlacken. Auch für Detoxkuren gilt das Gleiche. Ja, denn es hilft sicherlich bei der „inneren Reinigung“, sich locker zu machen – und den Pupsen und Rülpsen „freien Flow“ lassen. Denn über diese beiden „Entlüftungsmethoden“ werden ordentlich „giftige Gase entschlackt“ – unser Körper „detoxt“ sich damit doppelt autark. Wo, wie und wann die optimale Integration der „dualen Überdruckventil-Öffnung“ in den eigenen Alltag passt – das muss natürlich jeder selbst entscheiden. Des Weiteren trägt die natürlichste Ernährungsform zu einem gesunden Körper bei.

Und was zeichnet diese „natürlichste Form menschlicher Ernährung“ aus?

Die „natürlichste Form menschlicher Ernährung“ ist stets absolut individuell – es ist immer genau die Art des Essens, die am besten zur eignen Persönlichkeit, Stoffwechsel und Lebensstil passt. Dabei spielt das ehrliche, tiefe innere Urvertrauen in die evolutionsbiologische Weisheit seines eigenen Körpers die wichtigste Rolle. Auf dieser Gewissheit, dass unsere einzigartige individuelle kulinarische Körperintelligenz genau weiß, welche Nahrung, welche Nährstoffe wir wann in welchen Lebenslagen und Alltagssituationen brauchen, darauf basiert die beste, gesündeste und natürlichste Art menschlicher Ernährung: das intuitive Essen. Das individuelle Credo lautet: Es gibt so viele Ernährungen, wie es Menschen gibt, denn jeder Mensch is(s)t anders.

 

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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte

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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (u.a. Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben, Springer 2022). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut. Kontakt: presse@echte-esser.de