In einer Zeit, in der das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln größer ist denn je, bringt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop Licht ins Dunkel der Vitaminpräparate und Supplemente für Kinder.
Wie unterscheiden sich Nahrungsergänzungsmittel von Arzneimitteln hinsichtlich Wirkung und Sicherheit?
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) gehören rechtlich zu den Lebensmitteln. Sie enthalten meistens Mikronährstoffe wie Mineralstoffe, Vitamine oder auch Pflanzenextrakte. Die „NEM“ werden als Pulver, in Kapseln, Tabletten, oder als Flüssigampullen angeboten. Mittels dieser Darreichungsformen ahmen die Hersteller ein vergleichbares Erscheinungsbild wie Arzneimittel nach – um so eine ähnliche Wirkung zu suggerieren. Aber NEM dürfen laut Gesetzt weder eine gesundheitsfördernde noch eine krankheitslindernde oder arzneiliche Wirkung ausüben, denn: Die Pillen und Pulver dienen ausschließlich dazu, dem Körper ergänzende Nährstoffe zuzuführen, um die alltägliche Ernährung anzureichern und „zum Erhalt normaler Körperfunktionen“ beizutragen.
Mit einer Heilung, Linderung oder Vorbeugung von Erkrankungen darf daher nicht geworben werden. Diese Wirksamkeit haben nur Arzneimittel, die ein behördliches Zulassungsverfahren durchlaufen, ihre Wirkung in Studien nachweisen und dazu deutlich höheren, standardisierten Qualitätsansprüchen genügen müssen. Qualität und gesundheitliche Unbedenklichkeit von NEM hingegen werden nicht staatlich überwacht – deren Sicherheit liegt allein in der Eigenverantwortung der Hersteller der „Pillen-Lebensmittel.“
Welche Rolle spielen Nahrungsergänzungsmittel in einer ausgewogenen Ernährung?
Grundsätzlich keine. Kein gesunder Mensch braucht Nahrungsergänzungsmittel. Denn die zusätzlichen Vitamine, Mineralstoffe & Co. sind nur dann physiologisch sinnvoll, wenn ein klinisch relevanter Mangel vom Arzt diagnostiziert wurde und die Behandlung respektive Behebung ebendieses medizinisch angezeigt ist. Gesunde Menschen vertrauen am besten auf die gesündeste und natürlichste Art menschlicher Ernährung: das intuitive Essen.
Welche speziellen Nahrungsergänzungsmittel könnten für Kinder sinnvoll sein und welche Risiken bestehen dabei?
Dazu hat das Bundeszentrum für Ernährung jüngst Klartext geschrieben: „Kinder brauchen in der Regel keine Nahrungsergänzungsmittel. Hinzu kommt: Viele der für Kinder beworbenen Produkte enthalten höhere Nährstoffmengen als empfohlen. Obwohl viele Eltern das bisweilen spezielle, wenig abwechslungsreiche Essverhalten ihrer Kinder beklagen: Studien zufolge gilt deren Nährstoffversorgung allgemein als ausreichend. Lediglich für Säuglinge und Kleinkinder gilt die Empfehlung, über einen bestimmten Zeitraum Vitamin D zu supplementieren. Vom Kinderarzt verordnete Vitamin-D-haltige Arzneimittel werden auch von den Krankenkassen erstattet. Das gilt nicht für Nahrungsergänzungsmittel.“ Auch die Verbraucherzentralen raten dazu, was auch für Erwachsene gilt: Kinder sollten Nahrungsergänzungsmittel nur nach ärztlicher Diagnose erhalten.
Wie können Eltern eine gesunde Ernährung für ihre Kinder sicherstellen, ohne auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen zu müssen?
Eltern sollten sich an folgende, ganz einfache Grundprinzipien der richtigen Ernährung von Kindern orientieren: Merken Sie sich dazu einfach die 3V: Vorleben, Vielfalt, Verfügbarkeit. Eltern sollten Vorleben, dass Essen etwas sehr Schönes ist. Darüber hinaus bieten Mama, Papa, Oma und Opa idealerweise immer Vielfalt zum Essen an – das heißt, im Haushalt ist immer abwechslungsreiches, gutes frisches Essen verfügbar. Wichtig ist auch: Lernen Sie die Gefühle Ihres Kindes kennen. Wann hat es Hunger, wann ist es satt, wie gut fühlt es sich nach dem Essen? Je besser Sie Ihr Kind kennen, desto besser verstehen Sie sein Essverhalten – und desto besser können Sie es mit dem versorgen, was es wirklich braucht. Geben Sie dem Kind das, was es gerne isst.
Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte
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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug- 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut. Kontakt: presse@echte-esser.de