Die Wirkung von Tomaten auf die Gesundheit von Frauen in den Wechseljahren scheint beeindruckend. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop beleuchtet die jüngsten Forschungsergebnisse.
Was haben die Forscher in ihrer aktuellen „Tomatenstudie“ untersucht?
Da mehr als die Hälfte der taiwanesischen Frauen (57,3 %) während der Menopause unter dem Metabolischen Syndrom leiden, wollten die Forscher wissen, wie sich Tomaten auf dieses Krankheitsrisiko auswirken. Unter dem „Metabolischen Syndrom“ verstehen Mediziner eine Reihe von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die das Risiko nicht nur von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch von Diabetes und Sterblichkeit erhöhen. Ziel dieser Studie war es also, die Auswirkungen des Tomatenverzehrs auf die Senkung der Risikofaktoren für das Metabolische Syndrom bei übergewichtigen Frauen nach der Menopause zu untersuchen. Dazu haben die Wissenschaftler der Taipei Medical University eine hochwertige – randomisierte kontrollierte – Studie (RCT) über 8 Wochen bei übergewichtigen Frauen in den Wechseljahren (45 bis 70 Jahre) durchgeführt. Dabei war die Ernährung beider Gruppen grundsätzlich vergleichbar – nur die eine Gruppe bekam 200 g frische Tomaten am Tag, die andere so gut wie keine Tomaten.
Welche Ergebnisse hatten die Tomaten auf die Gesundheit von Frauen in den Wechseljahren?
Sowohl Körperfettmasse und Körperfettanteil als auch Taillen- und Hüftumfang waren in der Tomatengruppe signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe. Die Tomatendiätgruppe hatte darüber hinaus signifikant niedrigere Blutwerte für Gesamtcholesterin, Triglyceride, Blutdruck und Blutzucker sowie höhere HDL-Cholesterinwerte (das „gute“ Cholesterni) als die Kontrolldiätgruppe. Die antioxidativen Biomarker („Schutzstoffe“) der Betacarotinoide und Lycopine waren in der Tomatendiätgruppe signifikant höher als in der Kontrolldiätgruppe. Die Forscher ziehen daher folgendes Fazit: „Der Verzehr frischer Tomaten kann die antioxidativen Biomarker erhöhen und so das Risiko eines Metabolischen Syndroms bei Frauen nach der Menopause verringern.“
So gut diese Studie auch gemacht ist, es gelten – wie bei allen Ernährungs-RCT – die folgenden Einschränkungen, die eine echte gesundheitliche Aussagekraft noch nicht erlauben: Die Studie ist zu kurz, um relevante klinische Endpunkte wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu beschreiben. Die vorliegenden Ergebnisse sind daher nur sogenannte „Surrogatparameter“, also Ersatzdaten, wie Blutwerte. Ob die Tomaten-essenden Frauen in den Wechseljahren tatsächlich auch länger leben und ob das dann auch kausal (ursächlich) an den Tomaten liegt, das weiß niemand. Aber es spricht einiges dafür, ergo spricht nichts gegen Tomatengenuss.
Sind Tomaten vielleicht auch deshalb „intuitiv“ das beliebteste Gemüse der Deutschen?
Tomaten sind tatsächlich das beliebteste Gemüse der Deutschen – mit weitem Abstand vor den folgenden Plätzen Möhren, Zwiebeln und Gurken. Es kann sein, dass wir Tomaten so gerne essen, weil unser Körper erkannt hat, dass sie ihm guttun – das ENS, unser Bauchhirn, wird es wissen. Wichtig ist: Sie müssen einem wirklich schmecken.
Wie sollten Frauen in den Wechseljahren generell essen?
In den Wechseljahren kommt es zu hormonellen Veränderungen, vor allem der Östrogenspiegel sinkt. Das kann vielfältige Auswirkungen haben, auch auf den Stoffwechsel – er kann langsamer werden, der Körper benötigt weniger Energie. Damit sinkt der tägliche Kalorienbedarf – und diese Frauen haben nicht mehr so viel Hunger. Das ist jedoch ein rein allgemein-theoretisches Konstrukt, denn Intensität und Ausprägung der Wechseljahre sind von Frau zu Frau absolut individuell – und genauso individuell sollte ihre Ernährung sein und bleiben. Daher gilt, unabhängig davon, ob Frau noch fruchtbar ist oder schon in den Wechseljahren: Vertrauen Sie beim Essen primär auf Ihren eigenen Körper und seine innere Weisheit.
Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte
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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug- 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut. Kontakt: presse@echte-esser.de