Entscheidender Beitrag zur Kontrolle von antibiotikaresistenten Keimen sowie Zoonoseerregern in der Geflügelhaltung.
- Wissenschaftspreis der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung für Forschung über antibiotikaresistente und zoonotische Bakterien
- Der Preis ist mit 10.000 Euro in Deutschland einer der höchst dotierten Auszeichnungen in seiner Kategorie.
Dr. Anika Friese, Forscherin am Institut für Tier- und Umwelthygiene der Freien Universität Berlin, erhält in diesem Jahr den mit einer Urkunde und einem Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro versehenen Stockmeyer-Wissenschaftspreis für ihre Habilitationsschrift über zoonotische und antibiotikaresistente Bakterien beim Masthuhn und -pute. Besonders im Fokus standen dabei die Verbreitung und Übertragung der Erreger in der Umwelt und auf den verschiedenen Stufen der Masthuhnhaltung. Die Preisverkündung erfolgte durch Prof. Dr. Dr. habil. Manfred Gareis, dem Vorsitzenden des Stiftungskuratoriums, bei der 64. Arbeitstagung „Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz“ der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft am 25. September 2024 in Garmisch-Partenkirchen.
Das One-Health-Konzept betont die enge, unabdingbare Verflechtung der Gesundheit von Tier, Mensch und Umwelt. Das von zoonotischen und antibiotikaresistenten Bakterien beim Mastgeflügel ausgehende Risiko für die öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz wird dabei intensiv diskutiert. Die Notwendigkeit eines integrierten Ansatzes und umfassender Strategien, die die Bereiche Tiermedizin, öffentliche Gesundheit und Umwelt einbeziehen, ist mittlerweile unbestritten.
Das Ziel der wissenschaftlichen Arbeiten der Habilitationsschrift von Frau Dr. Friese war es, das Wissen um die Komplexität des Vorkommens und der Verbreitung von pathogenen Mikroorganismen bei Masthuhn und -pute und deren Umwelt zu erweitern. Dies führte sie in hervorragender Art und Weise durch, wobei überaus zukunftsweisende umwelthygienische Aspekte der Persistenz, der Zirkulation und des Wiedereintrags antibiotikaresistenter Erreger und Zoonoseerreger in der Geflügelhaltung in einem innovativen, technisch anspruchsvollen, aufeinander aufbauenden Ansatz bearbeitet wurden.
Von Eiern über Küken bis hin zur Mastherde
Frau Dr. Friese zeigte, dass Methicilin-resistente Staphylococcus aureus über Bioaerosole aus Mastgeflügelhaltungen ausgetragen werden können, anschließend auf dem Boden der Stallumgebung sedimentieren und dort überdauern können. Sogenannte ESBL/pAmpC-bildende Escherichia coli gelangen hingegen eher über fäkal-kontaminiertes Material in die Umwelt und stellen dort eine potenzielle Quelle für den (Wieder-)Eintrag in Tierhaltungen dar. Erstmalig konnte durch sie die pseudo vertikale Übertragung ESBL/pAmpC-bildender E. coli von den Elterntierherden auf die daraus schlüpfenden Eintagsküken durch kontaminierte Eierschalen und letztlich bis in die Mastherde und auf den Schlachthof belegt werden. In einem systematischen Ansatz zur Evaluierung von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen zeigte die Preisträgerin und ihre Arbeitsgruppe erstmals eindeutig, dass diese resistenten Erreger auch noch nach der Reinigung und Desinfektion im Stall in einer für die Infektion der nachfolgend eingestellten Eintagsküken ausreichender Zahl wiederauffindbar sind. Kritische Kontrollpunkte konnten identifiziert werden. Sie stellen ebenso wie die Erkenntnisse zur Brütereihygiene konkrete Ansätze für verbesserte Managementmaßnahmen dar, um die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen.
In den Untersuchungen zu Campylobacter in Masthuhnbetrieben wies Frau Dr. Friese und ihre Arbeitsgruppe das sporadische Vorkommen von Campylobacter jejuni in niedrigen Konzentrationen in der Umgebung von Masthuhnställen nach – dies vorrangig im Winter. Die sehr enge genetische
Verwandtschaft zu den im Bestand vorkommenden Campylobacter-Isolaten konnte ebenso aufgezeigt werden. Dies legt nahe, dass Campylobacter in der Umwelt von Masthuhnbetrieben überdauern können und von dort ein Eintrag in die Tierställe möglich ist. Erstmals untersuchte sie auch das Vorhandensein von Campylobacter im VBNC-Zustand (viable but non-culturable) sowohl im Masthuhnstall als auch in der Umgebung. Dabei zeigte sich, dass VBNC-Campylobacter vor allem auf Bodenoberflächen in der Umwelt zu finden sind.
Diese Ergebnisse stellen einen äußerst wichtigen Beitrag für den Verbraucherschutz dar, da Bekämpfungsstrategien gegen zoonotische und antibiotikaresistente Erreger beim Mastgeflügel auf wissenschaftlich fundierten Daten entwickelt wurden.
HINTERGRUND
Wissenschaftspreis der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung
Mit der Verleihung des Wissenschaftspreises zeichnet die Heinrich-Stockmeyer-Stiftung herausragende lebensmittelwissenschaftliche Forschungsarbeiten aus. Die prämierten Arbeiten sind durch praktikable Lösungsansätze und anwendungsorientierte Forschung gekennzeichnet, die im Sinne des Stiftungszwecks zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes sowie zur Stärkung des Verbrauchervertrauens in die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln beitragen. Der Wissenschaftspreis ist mit 10.000 Euro dotiert. Über die Vergabe entscheidet das Kuratorium der Stiftung.
Quelle: Heinrich-Stockmeyer-Stiftung