Die Lebensmittel scheinen immer schlechter zu werden. Diesen Eindruck erwecken neue Angriffe von Ernährungs-Ideologen, die den Lebensmittel-Poduzenten das Geschäft und den Verbrauchern den Appetit vermiesen wollen.
Zunehmen populär wird der Begriff ultra-processed food, also hochverarbeitete Lebensmittel. Das soll signalisieren, dass ein Lebensmittel mit den eingesetzten Rohstoffen und deren natürlichem Ursprung nichts mehr zu tun hat. Gezielt wird der Eindruck erweckt, bei diesen Lebensmitteln handele es sich um eine Industrieware, die nicht die Kriterien einer gesunden und ausgewogenen Ernährung erfüllen könne. Zutreffender ist für derartige Produkte der Begriff Convenience Food, also vorgefertigte Lebensmittel, die in der heimischen Küche oder der Gastronomie die Zubereitung von Mahlzeiten erleichtern sollen oder direkt als verzehrfertige Lebensmittel zur Verfügung stehen. Und diese müssen keineswegs schlechter sein als das, was am privaten Herd gekocht wird. Ohnehin hängt die Gesundheit nicht von einzelnen Nahrungsmitteln oder einzelnen Zutaten ab, sondern von der Ausgewogenheit der Ernährung und vor allem dem gesamten Lebensstil, der deutlich mehr ist als eine Tiefkühlpizza.
Für jeden Lebensstil und für alle sich verändernden Verbraucherwünsche gibt es verarbeitete Lebensmittel. Die Verarbeitung von Lebensmitteln ist eine in allen Kulturen auf der ganzen Welt gebräuchliche Praxis. Rohstoffe werden durch phantasievolle Rezepturen kombiniert, sie werden gekocht, gebraten, geräuchert, mariniert oder gepökelt. Das geschieht sowohl im Haushalt als auch im größeren Maßstab in der Lebensmittelwirtschaft. Die Zubereitung sorgt nicht für geschmackvolle Produkte, sondern für deren Haltbarkeit und eine verbesserte Verfügbarkeit von Nährstoffen.
Ultra-processed food ist ein Begriff für den ideologischen Kampf gegen die Lebensmittelhersteller. Gesicherte Kriterien für diese Bezeichnung fehlen. Die in Brasilien entwickelte NOVA-Klassifikation zur Einteilung von Lebensmitteln nach ihrem Verarbeitungsgrad steht unter anderem in der Kritik, weil das System ohne klar definierte Grenzwerte Klassifizierungen vornimmt. Sie sind damit ein Akt der Willkür, der wissenschaftlich nicht belastbar ist. So kann dann behauptet werden, solche Lebensmittel wären wegen mangelnder Biodiversität von Natur aus nicht nachhaltig und würden zu Krankheiten von Adipositas über Fettstoffwechselstörungen bis zu Depressionen beitragen. Ohne wissenschaftlich solide Kriterien sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt.
Eine Untersuchung im Jahr 2022 hat gezeigt, wie willkürlich dieses System ist. Die Studie „Ultra-processed foods: How functional ist the NOVA system?“, veröffentlicht im Europäischen Journal für klinische Ernährung, kam zu dem Ergebnis, dass dieses System keine zuverlässigen und funktionellen Lebensmittelzuordnungen zulässt. So konnten französische Lebensmittel-Spezialisten 120 Lebensmittel mit detaillierten Inhaltsangaben und 111 generische Lebensmittel ohne Zutatenlisten nur mit geringer Übereinstimmung zuordnen.
Ohne ultra-processed food würden im Einkaufswagen viele Produkte fehlen. Schokolade, vorgefertigte Backwaren, Speiseeis, Brotaufstriche, Margarine und Kekse, um nur einige Beispiele zu nennen, würden der Ideologie geopfert. Die Verbraucher sollten sich nicht irritieren lassen und den Begriff vergessen, um auch künftig beruhigt einzukaufen. Es kommt auf den Tisch, was schmeckt. Über mangelnde Auswahl kann sich niemand beklagen. Die Hersteller orientieren sich an Trends in der Ernährung, Präferenzen der Konsumenten, traditionellen Rezepturen, ernährungsphysiologischen Bedürfnissen, strengen Kontrollen und nicht zuletzt am Geschmack. Auch wer beispielsweise vegan essen will, bekommt ein reichhaltiges Angebot.
Mit den Angriffen auf hochverarbeitete Lebensmittel schießen sich die Ideologen der angeblich besonders gesunden und nachhaltigen Ernährung ein Eigentor. Wer veganen Nahrungsmitteln das Wort redet, sollte nicht ultra-processed food kritisieren. Aus Erbsen nach Fleisch schmeckende Würste ober Burger zu produzieren, zählt sicher zur besonders hohen Kunst der Verarbeitung. So flexibel geht die Lebensmittelwirtschaft auf Verbraucherwünsche ein. Sogar das lässt sich mit Kreativität und modernsten Verfahren produzieren. Ein Hoch auf die Verarbeitung.