Wer Fakten kennt, genießt leichter. Fundierte Berichterstattung und Fakten tragen zu einem unbeschwerten Essverhalten bei.
„Damit Konsumenten ihre Ernährung und ihren Lebensstil gesund und nachhaltig gestalten können, braucht es Fakten und valide Informationen statt Fake & Fiction. Das Gemeinwohl sollte hier jedenfalls höher stehen als Clickbaiting“, betont Marlies Gruber, Geschäftsführerin des forum. ernährung heute (f.eh). Als Beispiel nennt sie etwa die Verteufelung von einzelnen Nährstoffen und Lebensmitteln. „Eine gesunde Ernährungsweise ist bedarfsangepasst und vielfältig, um einerseits alle wichtigen Nährstoffe in entsprechenden Mengen aufzunehmen und andererseits das Genusspotenzial beim Essen voll ausschöpfen zu können – ganz ohne schlechtes Gewissen. Anstatt Verunsicherung zu schüren, sind Wissen um und Möglichkeiten für eine vielfältige Ernährung und eine ganzheitliche Betrachtung wesentlich.“
Der Anteil an verunsicherten Menschen in Bezug auf Ernährung ist seit Jahrzehnten hoch: Bereits 1980 fühlten sich 63 Prozent der deutschen Bevölkerung mit Widersprüchlichkeiten in Ernährungsinformationen konfrontiert, ebenso viele waren es 2015 in Österreich (Mörixbauer et al. 2019). Ein Großteil weiß nicht mehr, welche Informationen als richtig einzustufen sind. Mangelndes Wissen und fehlende Medienkompetenz sind oft optimaler Nährboden für Skepsis und Misstrauen sowie eine Überforderung der Konsumenten. Dementsprechend halten sich viele Mythen rund um das Essen hartnäckig, obwohl wissenschaftliche Fakten oft längst das Gegenteil belegen. Auch Schuldgefühle und schlechtes Gewissen, restriktives Essverhalten bis hin zu Essstörungen wie Magersucht und Orthorexia nervosa können unerwünschte Folgen von hartnäckigem Irrglauben sein. Mitunter bedingen Fehlmeinungen auch finanzielle Verluste durch unnötige Einnahme von Mitteln zur Nahrungsergänzung und Gewichtsreduktion oder kontraproduktive Verhaltensänderungen.
Mit Fakten gegen Fake News
Ein Grund für die informierte Unsicherheit sind divergierende Botschaften, die sich aus dem exponentiellen Zuwachs an wissenschaftlichen Publikationen ergeben und der Umstand, dass Studienergebnisse oftmals entweder unvollständig interpretiert oder deren Zusammenhänge falsch dargestellt werden. Fehlinformationen ergeben sich auch, weil Korrelationen als Kausalitäten kommuniziert oder Gefahren und Risiken gleichgesetzt werden. In Summe werden gesundheitsrelevante Fragestellungen zu 60 Prozent entweder stark über- oder untertrieben dargestellt (Kerschner et al. 2015). Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat das f.eh vor zwei Jahren einen Leitfaden „Wissenschaftliche Studien richtig lesen, verstehen und wiedergeben“ entwickelt. Ziel ist es, Konsumenten und Fachleute bei der Bewertung von Studien und deren Zusammenfassungen zu unterstützen. Der Leitfaden des f.eh bietet Hilfestellungen, um Studien besser einzuordnen und typische Fallstricke zu vermeiden. Damit möchte das f.eh einen Beitrag leisten, um fundiertes Ernährungswissen zu fördern und Konsumenten zu befähigen, Mythen von Fakten zu unterscheiden.
„Ein Grund, warum Mythen bestehen, liegt auch darin, dass viele Menschen manches einfach gerne glauben und als willkommene Ausrede für die eine oder andere Entscheidung nutzen. Ein gutes Beispiel für die kommende Weihnachtszeit ist etwa der „Verdauungsschnaps“, der oft als Hilfsmittel gegen ein Völlegefühl angepriesen wird“, so Gruber. Wissenschaftlich bewiesen ist jedoch, dass hochprozentiger Alkohol die Fettverdauung hemmt und das Völlegefühl eher überdeckt. Alternativen wie Kräutertees – insbesondere Anis oder Fenchel –, Kaffee oder ein Spaziergang fördern die Verdauung deutlich besser. Auch Glühwein und -most wird zugesprochen, dass er einen warm halten soll. Doch durch den Alkohol verringert sich nur das Kälteempfinden, er erweitert sogar die Blutgefäße und es wird mehr Wärme abgegeben.
Mythen entlarven, Fakten vermitteln
Ebenso ist widerlegt, dass Kaffee entwässert, Eier den Cholesterinspiegel erhöhen oder Kohlenhydrate dick machen. Eine polarisierende Unterscheidung zwischen bösen und guten – ungesunden und gesunden – Lebensmitteln verunsichern nicht nur viele Menschen, sie ist auch wissenschaftlich nicht haltbar. Das stellen nationale und internationale Fachgesellschaften wiederholt klar. Denn kein einzelnes Lebensmittel liefert alle Nährstoffe, oftmals ist es sogar die Kombination, die erst einen wesentlichen Mehrwert liefert – für die Nährstoffaufnahme ebenso wie geschmacklich.
„Ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse sind oft komplex und entwickeln sich ständig weiter. Widersprüchliche Studienergebnisse und vereinfachte Schlagzeilen schaffen zusätzlich Verwirrung. Mythen wiederum versprechen oft einfache Antworten, sind plakativ und reißerisch. Besonders in sozialen Medien verbreiten sich solche Informationen schnell und wirken durch Wiederholung glaubwürdig“, stellt Marlies Gruber klar. Als Gegenmittel empfiehlt sie valide Informationen: „Fakten statt Fake & Fiction sind die Grundlage, um den eigenen Lebensstil genussvoll, gesund und nachhaltig zu gestalten.“
Quellen:
- Mörixbauer A. et al: Handbuch Ernährungskommunikation, Springer Verlag 2019
- Kerschner B, Wipplinger J, Klerings I, Gartlehner G (2015) Wie evidenzbasiert berichten Print- und Online-Medien in Österreich? Eine quantitative Analyse. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen 109:341–349