Farbstoffe mit Funktion: Das leisten Anthocyane

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Die Farbe von Lebensmitteln sagt mehr aus, als viele auf den ersten Blick vermuten. Gerade intensiv gefärbte Obst- und Gemüsesorten zeigen sich reich an bioaktiven Pflanzenstoffen – darunter an Anthocyanen.

Obst, Gemüse
Foto: Dan-Cristian Pădureț on Unsplash

Bei diesen handelt es sich um wasserlösliche Farbpigmente aus der Gruppe der Flavonoide. Sie geben unter anderem Blaubeeren, roten Trauben oder auch schwarzen Bohnen ihre charakteristische Farbe.

Es geht dabei allerdings um mehr als die Optik: Die Wissenschaft rückt die gesundheitliche Relevanz dieser Substanzen zunehmend in den Mittelpunkt. Neue Studien legen beispielsweise nahe, dass Anthocyane weitreichende Wirkungen auf Stoffwechsel, Entzündungsprozesse und kognitive Funktionen haben könnten.

Schutz durch Farbe: Das zeichnet Anthocyane aus

Anthocyane gehören zu den sogenannten sekundären Pflanzenstoffen. Ihre Hauptfunktion in den Pflanzen liegt im Schutz gegen UV-Strahlung und oxidativem Stress.

Beim Menschen entfalten sie nach dem Verzehr ähnliche Effekte: Sie wirken antioxidativ, entzündungsmodulierend und gefäßschützend. Eine Vielzahl präklinischer und klinischer Studien hat diese Effekte inzwischen untersucht. So zeigen epidemiologische Daten, dass eine anthocyanreiche Ernährung mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und neurodegenerativen Erkrankungen assoziiert ist.

Die Aufnahme von Anthocyanen erfolgt über den Dünndarm − allerdings nur zu einem geringen Teil in ihrer ursprünglichen Form. Ein Großteil wird im Darm mikrobiell umgewandelt und anschließend über verschiedene Stoffwechselwege weiterverwertet. Diese Metabolite sind vermutlich entscheidend für die beobachteten, positiven biologischen Wirkungen.

Anthocyane in Lebensmitteln

Blaubeeren, schwarze Johannisbeeren, Auberginen und lila Karotten gelten als klassische Lieferanten von Anthocyanen. Doch auch weniger offensichtliche Quellen tragen zu der Versorgung mit ihnen bei. So enthält Rote Bete zwar keine Anthocyane im eigentlichen Sinne, jedoch Betalaine, die strukturell und funktionell sehr ähnliche Eigenschaften aufweisen.

Diese Verbindungen zeigen ebenfalls antioxidative und entzündungshemmende Wirkungen und werden deshalb zunehmend in Zusammenhang mit kardiovaskulären und zellulären Schutzmechanismen gestellt. Die Unterscheidung zwischen Anthocyanen und Betalainen ist chemisch relevant, funktionell überschneiden sich ihre potenziellen Wirkungen jedoch stark.

Hohes Potenzial bei metabolischen Erkrankungen

Ein wachsender Forschungszweig widmet sich der Rolle der Anthocyanen bei der Prävention und Begleitung metabolischer Erkrankungen.

Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2022 wertete Daten aus über 40 klinischen Studien aus. Die Ergebnisse deuten darauf klar hin, dass Anthocyane den Blutzucker- und Insulinspiegel positiv beeinflussen − insbesondere bei Personen mit bestehender Insulinresistenz. Daneben wurden auch Verbesserungen im Lipidprofil dokumentiert.

Zudem konnte in mehreren Interventionsstudien eine leichte Blutdrucksenkung durch eine anthocyanreiche Ernährung beobachtet werden. Dies wird unter anderem auf eine verbesserte Endothelfunktion und eine erhöhte Bioverfügbarkeit von Stickstoffmonoxid zurückgeführt. Dabei handelt es sich um einen Effekt, der sich auch bei anderen nitrat- oder polyphenolreichen Lebensmittel erkennen lässt.

Kognition und Neuroprotektion im Fokus

Neben dem metabolischen Bereich rücken Anthocyane zunehmend als neuroprotektive Substanzen in den Fokus.

Tierexperimentelle Studien und erste Humanstudien zeigen, dass Anthocyane die neuronale Signalweiterleitung verbessern, die Neuroinflammation reduzieren und die kognitiven Leistungen positiv beeinflussen können. Insbesondere bei älteren Menschen scheint ein regelmäßiger Verzehr von anthocyanreichen Lebensmitteln mit einer langsameren kognitiven Abnahme verbunden zu sein.

Ein möglicher Mechanismus liegt in der Interaktion mit der Blut-Hirn-Schranke sowie der Beeinflussung der neuronalen Botenstoffe. Zwar stehen belastbare Langzeitdaten noch aus, doch die bisherigen Ergebnisse unterstreichen das große Potenzial dieser Pflanzenstoffe im Rahmen präventiver Ernährungskonzepte.

Farbstoffe mit Wirkung

Bei Anthocyane handelt es sich also um funktionelle Moleküle mit einem nachgewiesenen gesundheitlichen Potenzial. Dennoch sollte ihre Wirkung nicht isoliert betrachtet werden. Entscheidend ist vor allem das Zusammenspiel mit anderen Pflanzenstoffen, der individuellen Ernährung und dem Gesamtstoffwechsel.

Wer regelmäßig zu frischem, farbintensivem Obst und Gemüse greift – egal ob zu Blaubeeren, Auberginen oder Roter Bete – profitiert nicht nur von der hübschen Optik, sondern auch im physiologischen Sinne.

Die Forschung steht hier erst am Anfang. Doch eines ist bereits klar: Je bunter der Speiseplan, desto größer ist die Chance, dem Körper genau die bioaktiven Stoffe zu liefern, die er für seinen Schutz und Balance braucht.