„Fast Food macht süchtig wie Kokain!“ Wer kennt diese Schlagzeilen nicht …

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Von Schokolade bis Fritten: Was wirklich hinter der „Essenssucht“ steckt. Die Debatte um süchtig machende Lebensmittel bekommt eine neue Wendung.

Mit KI erstellt

Ernährungswissenschaftler Uwe Knop beleuchtet die Ergebnisse einer überraschenden Studie.

Was hat die neue Studie zu „süchtig machenden“ Lebensmitteln gezeigt?

Die neue Studie hat gezeigt, dass süße und fettreiche Nahrungsmittel keine klassischen „Suchtreaktionen“ im Gehirn auslösen. Die Wissenschaftler widerlegen damit die weit verbreitete Vermutung, dass hochverarbeitete Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt süchtig machen, da sie angeblich nach der Einnahme eine übertriebene Dopaminreaktion im Gehirn hervorrufen, die mit Drogenmissbrauch vergleichbar ist.

Unter Verwendung einer hochmodernen Methode, die zur Messung der Dopaminreaktion im Gehirn auf Suchtmittel verwendet wird, haben die Forscher Dopaminreaktionen im Gehirn gemessen, die 30 Minuten nach der Einnahme eines hochverarbeiteten Milchshakes mit hohem Fett- und Zuckergehalt bei 50 jungen, gesunden Erwachsenen mit einem breiten Body-Mass-Index (BMI-Bereich 20 bis 45) begannen. „Überraschenderweise führte der Konsum eines Milchshakes zu keiner signifikanten Dopaminreaktion im Gehirn – und die stark variablen interindividuellen Reaktionen standen nicht signifikant im Zusammenhang mit Adipositas“, so das Fazit. Daher waren die Dopaminreaktionen nach der Einnahme eines hochverarbeiteten Milchshakes wahrscheinlich wesentlich geringer als bei vielen Suchtmitteln und lagen unterhalb der Nachweisgrenze mit Standardmethoden.

Also hinkt der Vergleich, dass „Lebensmittel süchtig machen, ähnlich wie Drogen wie Kokain oder Heroin“?

Ja, absolut. Das ist ein Riesenunterschied, ob wir von Lebensmitteln, also von Mitteln zum Leben reden oder von psychotropen Substanzen, also Drogen, die direkt auf unser Hirn und primär auf die Psyche wirken. Lebensmittel und einzelne Nährstoffe wie Zucker, Salz oder Fett sind weder einzeln noch in gemischter Form Nährstoffe mit Suchtpotenzial. Speisen, die fett- und zuckerreich sind, schmecken besonders lecker sind, weil sie lebensnotwendige Energie liefern. Daher werden sie gerne bevorzugt genossen. Aber um eine Sucht wie bei echten psychotropen Drogen handelt es sich hier in keiner Weise. Auch die aktuelle Forschergruppe zweifelt daher an der Theorie, dass ultra-verarbeitete Lebensmittel ähnlich wie Suchtmittel eine übermäßige Dopaminantwort im Gehirn auslösen.

Jeder der behauptet, „Essen mache süchtig wie Drogen“, kann sich doch einfach mal freiwillig einem persönlichen Vergleichstest unterziehen (selbstverständlich nur auf eigene Verantwortung, das ist keine Aufforderung): Schokolade vs. Kokain. Heiße Fritten vs. HeroinKristallzucker vs. Crystal Meth – und dann bitte nochmal eine ehrliche Meinung abgeben, ob er bei seiner Behauptung bleibt, Denn echte belastbare Vergleichsstudien gibt es bis dato keine. Und es wird sie auch nie geben. Sie braucht auch keiner.

Welche Lebensmittel haben das höchste „Suchtpotenzial“ und warum? 

Grundsätzlich und evolutionsbiologisch erzeugen diejenigen Lebensmittel das größte Verlangen, die einem am besten schmecken, wenn man richtig ausgewachsenen Hunger hat und die man sehr gut verträgt. Und genau die sollte man auch essen. Nur eine solche – im weitesten metaphorischen Sinne – „nativ-organische Lebensmittelsucht“ ermöglicht eine gesunde Ernährung für ein gesundes Leben.

Denn: Nur was einem wirklich schmeckt und was der Verdauungstrakt richtig gut verarbeiten kann, was man also wunderbar verträgt, nur das ist für das Individuum gesundes Essen.

Gibt es wirksame Strategien zur Bekämpfung der Abhängigkeit von bestimmten Lebensmitteln? 

Wenn man das Gefühl entwickelt, man isst zu viel bestimmter Lebensmittel, fühlt sich dabei immer unwohler bis schlecht und bekommt körperliche Probleme, dann sollte man den Grund dieses exzessiven Überessens ausfindig machen: Ist es hungerfreies Essen aus emotionalen Gründen, um die Seele zu füttern und zu trösten, z.B. um Trauer, Angst oder Langeweile zu „besänftigen“? Dieses emotionale Essen kann auf Dauer zu Übergewicht und Krankheiten beitragen. Wenn man sich unwohl fühlt, sollte man also handeln. Gelegentliches „emotional eating“ hingegen bedarf sicher keiner „Intervention“, das kommt immer mal vor.

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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte

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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug, 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.

Kontakt: Uwe Knop auf LI