Schütteln, trinken, satt? Wie gesund und ausgewogen sind Trinkmahlzeiten?

Zu spät aufgestanden, keine Zeit zum Kochen und ein stressiger Alltag –manchmal ist es gar nicht so einfach, sich ausgewogen zu ernähren.

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Wenn’s also schnell gehen muss, können Trinkmahlzeiten eine verlockende Alternative zum herkömmlichen Kochen sein. Doch wie alltagstauglich ist ein derartiger Mahlzeitenersatz wirklich? Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) hat 17 Fertig-Trinkmahlzeiten verschiedener Hersteller in einem Marktcheck verglichen.

Trinkmahlzeiten sind als Ready-to-Drink-Lebensmittel frei verkäuflich und ohne Altersbeschränkung im stationären Handel und online erhältlich. Mit Hilfe von Testimonials aus dem Profisportbereich oder der Schauspielbranche, als auch durch Influencer über verschiedene Social-Media-Kanäle, wird kräftig die Werbetrommel für die Alternativen zu klassischen Mahlzeiten gerührt. Laut Werbeversprechen deckt eine Portion von 500 Millilitern zwischen 20 bis 25 Prozent des durchschnittlichen täglichen Energiebedarfs eines Erwachsenen, liefert essenzielle Nährstoffe, Vitamine und Fettsäuren und soll als vollständiger Mahlzeitenersatz dienen. Wer also keine Lust oder Zeit für Mealprep, das Vorkochen von Mahlzeiten, hat, gönnt sich in der Mittagspause eben ein praktisches und schnell verfügbares Mahlzeitenersatzgetränk. Damit auch jeder etwas findet, präsentieren sich die vermeintlich gesünderen, vollwertigen und ausgewogenen Alternativen zu herkömmlichem Fast Food in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen – alternativ auch vegan. Preislich sind die Trinkmahlzeiten mit durchschnittlich 3,62 Euro je Portion mit einer selbstgekochten Mahlzeit vergleichbar.

Was steckt drin im flüssigen Mahlzeitenersatz?

Dr. Stefanie Staats, Leitung des Referats Lebensmittel und Ernährung der VZSH, gibt einen Überblick: „Insgesamt kommen die trinkfertigen Mahlzeiten mit einer langen Liste an Zutaten daher. Die Hauptzutaten sind zumeist Wasser, fettarme Milch und Milcheiweiß. Neben pflanzlichen Ölen und einer Stärkequelle enthalten alle Trinkmahlzeiten im unserem Check verschiedene Vitamine und Mineralstoffe. Die meisten Hersteller werben zudem mit dem hohen Proteingehalt der Drinks, wobei der durchschnittliche Eiweißgehalt bei etwa 33 Gramm pro Portion liegt.“ Als Eiweißquelle dient bei den meisten Produkten Milcheiweiß, aber auch Erbsen- und Sojaprotein wird eingesetzt. Teils finden sich werbewirksam gesundheitsbezogene Angaben zu den enthaltenen Vitaminen sowie Mineralstoffen und dem Proteingehalt auf den Produkten wieder. Darunter fallen Health Claims wie „Eisen trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei“, „Riboflavin trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei“ oder „Proteine tragen zu einer Zunahme an Muskelmasse bei“.

Der Ballaststoffgehalt wird ebenfalls bei vielen Erzeugnissen hervorgehoben und liegt durchschnittlich bei etwa 10 Gramm pro portioniertem Getränk. Als Ballaststoffquellen dienen beispielsweise Mais- und Haferfasern, Guarkern oder Inulin. „Grundsätzlich gelten Ballaststoffe als positiv für die Darmgesundheit und -tätigkeit. Inulin wird von den meisten Menschen auch in Mengen von bis zu 30 Gramm pro Tag gut vertragen, kann jedoch bei empfindlichen Personen bereits in deutlich geringeren Mengen Blähungen und Durchfälle verursachen“, so Staats. Verträglicher ist eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten, anstelle einer Trinkmahlzeit mit zugesetztem Inulin.

Viele Hersteller werben außerdem mit Angaben zu den enthaltenen Süßmachern, wie beispielsweise „wenig Zucker“ oder „ohne Zuckerzusatz“. „Doch das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Erzeugnisse frei von Zucker sind“, so Staats. Während einige der überprüften Produkte von Natur aus Zucker enthalten, wird die Mehrzahl der Getränke (65 Prozent) zusätzlich mit Maltodextrin ergänzt. Maltodextrin ist ein kaum süß schmeckendes Gemisch aus unterschiedlich großen Zuckerbausteinen, das als Verdickungsmittel und Energielieferant zum Zuckergehalt der Drinks beitragen kann. „Auch wenn der durchschnittliche Zuckergehalt der Trinkmahlzeiten in unserem Marktcheck bei etwa 18 Gramm Zucker pro Portion liegt, sind in allen Produkten, die wir untersucht haben, auch Süßstoffe wie Acesulfam K und Sucralose enthalten“, ergänzt Staats.

Neben Süßstoffen enthalten die Trinkmahlzeiten noch zahlreiche weitere Zusatzstoffe, wie Stabilisatoren, Emulgatoren und Farbstoffe. Statt einer namentlichen Nennung können Zusatzstoffe auch als E-Nummern in der Zutatenliste aufgelistet sein.

Fast alle Drinks sind gluten- und laktosefrei. Etwa 40 Prozent der Erzeugnisse im Marktcheck tragen den Nutri-Score, welcher hier ausnahmslos mit Kategorie A angegeben ist.

Verbesserungspotenzial im Bereich Nachhaltigkeit

Alle Flaschen bestehen aus Kunststoff und sind als Einwegverpackungen über das Pfandsystem dem Recycling zuzuführen. Selten sind die Verpackungen mit Green-Claims gekennzeichnet, wie beispielsweise „recycelbar“, „klimaneutrale Verpackung“ oder „reduzierter Fußabdruck“. Im Onlinehandel bekommt die Nachhaltigkeitswerbung eine etwas größere Bühne: Hier wird mit Aussagen zu einer nachhaltigen Wertschöpfungskette, der Minimierung von CO2-Ausstoß, Klimaneutralität, dem verantwortungsvollen Umgang mit Kunststoff und der Vermeidung von Lebensmittelabfällen geworben. „Essen für die Zukunft“, also zukunftsfähige Lebensmittel mit nachhaltigen Zutaten und minimalen Umweltauswirkungen zu produzieren, und der ökologischen Verantwortung nachzukommen, sind erklärte Ziele der Hersteller. „Das klingt zunächst gut, doch es besteht Greenwashing-Potenzial. Nachprüfbar sind diese Werbeaussagen sowie Siegel noch nicht, da sie derzeit nicht gesetzlich reguliert sind“, so Staats.

Trinkmahlzeiten: Nicht für jeden und nicht als Grundnahrungsmittel geeignet

Aufgrund der Nährstoffanreicherung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Proteinen und anderen essenziellen Nährstoffen ist ein akuter Nährstoffmangel zwar unwahrscheinlich. Es gibt jedoch weitere gesundheitlich relevante Nahrungsmittelinhaltsstoffe, die in den Trinkmahlzeiten fehlen. Dazu zählen etwa sekundäre Pflanzenstoffe. Vorteilhaft an den Trinkmahlzeiten ist, dass sie eine einfache Kalorienkontrolle ermöglichen. Als „Mahlzeitersatz für eine gewichtskontrollierende Ernährung“ gelten sie jedoch nicht automatisch. Langfristig wird nur eine Ernährungsumstellung dauerhafte Erfolge bringen. Das fehlende Kauen und das fehlende Gefühl von „fester Nahrung“ könnten unter Umständen Heißhungerattacken auslösen.

Insgesamt ist von dem Verzehr von Trinkmahlzeiten nicht grundsätzlich abzuraten. Der gelegentliche Griff zu einer flüssigen Mahlzeitenalternative bleibt akzeptabel, solange dieser eher selten vorkommt und eine ausgewogenen Ernährung im Fokus bleibt. Trinkmahlzeiten sind hochverarbeitete Lebensmittel mit zugesetzten Inhaltsstoffen, die komplexe Lebensmittel nicht ersetzen können. Klassische Mahlzeiten mit ihren abwechslungsreichen Zutaten, Konsistenzen und Aromen können die Drinks nicht ersetzen. Außerdem sollten die Vitamin- und Mineralstoffgehalte der Erzeugnisse im Blick behalten werden, damit es nicht zu einer versehentlichen Überversorgung kommt, insbesondere bei zusätzlicher Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln.

Quelle: Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein