Der Herbst steht vor der Tür und damit auch die Erkältungszeit. Wer in seinem Garten Heil- und Gewürzkräuter anpflanzt, ist gut vorbereitet: Pflanzen wie Salbei, Thymian, Kamille oder Ringelblume können leichte Beschwerden lindern.
„Schon seit Jahrhunderten nutzen Gelehrte und Geistliche wie Hippokrates, Paracelsus, Hildegard von Bingen oder Sebastian Kneipp Kräuter als Heilmittel“, berichtet Dr. Lutz Popp, stellvertretender Geschäftsführer des Bayerischen Landesverbandes für Gartenbau und Landespflege e. V. (BLGL). Daraus entstand die Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) als eine der ältesten medizinischen Therapien. An diese Tradition können Gartler:innen anknüpfen und ihren Garten in eine Naturapotheke verwandeln. Und: Heil- und Gewürzkräuter helfen nicht nur dem Menschen, sie bieten auch zahlreichen Insekten Nahrung – ganz nebenbei schmecken sie auch noch gut, duften herrlich und sehen einfach schön aus. Dr. Popp gibt im folgenden Text Tipps zum Anpflanzen und Anwenden gesundheitsfördernder Kräuter.
Heilkräuter anbauen
Einfach wohltuend – so kann man die Kultur von Heilkräutern im eigenen Garten zusammenfassen. Die meisten Kräuter lassen sich – kostengünstig – aus Samen ziehen, die einfach im Frühjahr direkt ausgesät werden können. Späteres Vermehren über Stecklinge gelingt von Mai bis Juli. Was den Boden betrifft, sind Heilkräuter überwiegend anspruchslos und wachsen in einem sandigen, nährstoffarmen, kalkhaltigen Boden. Auch die Frage des Standorts lässt sich leicht beantworten: Heilkräuter gedeihen eigentlich überall. „Heil- und Gewürzkräuter können in Beete, Kräuterspiralen, Schalen, Balkonkästen oder Töpfe gepflanzt werden“, berichtet Dr. Popp. Und ergänzt: „Die Pflanzen können sehr gut als Mischkultur eingesetzt werden, das heißt, zwischen Gemüse, aber auch ins Staudenbeet.“ Mediterrane Kräuter bevorzugen – qua Herkunft – natürlich sonnige und geschützte Plätze. Sie können gut in einem Topf im Haus überwintern, an einem hellen, nicht zu warmen Ort und wenig gegossen. Minze und Melisse sind hingegen winterfest und bevorzugen sonnige bis halbschattige Standorte sowie mäßig feuchte bis feuchte Böden.
Ernte und Pflege
Regelmäßige Ernte hält Kräuterpflanzen in Form und fördert das Wachstum. Strauchige Kräuter wie Salbei oder Lavendel sollten ein- bis zweimal pro Jahr gestutzt werden – im Frühjahr und nach der Blüte. „Bei Kräutern wie Basilikum, Estragon, Liebstöckel, Petersilie, oder Schnittlauch sollten die Blüten immer entfernt werden, da sich mit der Blütenbildung der Geschmack der Blätter verändert“, rät Dr. Popp. Bei Pflanzen, von denen dagegen die Blüten verwendet werden, kann die Blütezeit verlängert werden, indem man die verblühten Blüten entfernt. Das sind zum Beispiel Borretsch, Kapuzinerkresse und Ringelblume.
Der beste Zeitpunkt für die Ernte ist der späte Vormittag, wenn der Tau getrocknet ist und die Konzentration der ätherischen Öle am höchsten ist. Die Kräuter sollten trocken sein, das heißt, es sollte idealerweise zwei bis drei Tage vorher nicht geregnet haben. Blüten sollten kurz vor der Entfaltung am Morgen gesammelt und mit der Hand vorsichtig abgezupft werden. Bei Blättern und Stängeln nur das obere Drittel der Pflanze ernten, weiter unten sind die Teile eher faserig und verholzt. Zum Sammeln einen luftigen Korb verwenden und möglichst frisch verarbeiten, einfrieren oder trocknen.
Anwendung von Heilkräutern
„Kräuter“ sind Nutzpflanzen, die kulinarische und medizinische Eigenschaften besitzen. Sie sind ideale Vitamin- und Mineralstofflieferanten. Zu den wichtigsten Inhaltsstoffen gehören ätherische Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Schleimstoffe, Saponine, Glykoside, Alkaloide und Chlorophyll. In Küche und Heilmittelkunde werden ihre Wurzeln, Blätter, Blüten, Früchte und/oder Samen verwendet.
Grundsätzlich gilt: Hausmittel sollten nicht dauerhaft, in zu hohen Dosen oder bei schweren Erkrankungen verwendet werden. In diesen Fällen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Die heilsame Wirkung beruht in erster Linie auf den ätherischen Ölen der Kräuter. Diese können etwa in Form von heißen Aufgüssen (= Tee), alkoholischen Auszügen oder durch die Verwendung von Fetten aus den Pflanzenbestandteilen gelöst werden.
Abwarten und Tee trinken
Bei den ersten Erkältungszeichen lohnt sich ein Kräutertee. Dazu pro Tasse einen Teelöffel Kraut der Wahl mit heißem Wasser aufgießen und fünf bis zehn Minuten ziehen lassen. Thymian wirkt antibakteriell und schleimlösend. Wie Salbei kann er Husten lindern und hilft bei Entzündungen in Mund und Rachen. Husten- und Halstees können heiß getrunken oder abgekühlt zum Gurgeln verwendet werden. Auch Minze wirkt bei Erkrankungen der Atemwege. Ein Tee hilft aber auch gegen Übelkeit und Blähungen. Bei Magen-Darm-Beschwerden helfen auch mediterrane Kräuter wie Salbei oder Rosmarin. Die ätherischen Öle wirken beruhigend und verdauungsfördernd. Nicht umsonst wird Rosmarin in der Küche gerne für herzhafte Fleischgerichte verwendet. Bei Blasenentzündungen kann ein Tee aus Brennnesseln helfen, die eben nicht nur lästiges Unkraut sind.
Ruhe und Entspannung
Ein bewährtes Mittel bei Erkältungsbeschwerden und Winterblues sind entspannende Bäder. Herrlich herb duftend eignen sich Lavendelblüten für warme Bäder, die beruhigend und schlaffördernd wirken (auch als Tee). Das gilt auch für die Blüten der echten Kamille, eine der vielseitigsten Heilpflanzen, die darüber hinaus auch bei Entzündungen, Bauchschmerzen und Hautproblemen helfen kann. Die Kamille kann als Badezusatz, als Salbe oder innerlich als Tee angewendet werden. Bei Winterblues hat sich Johanniskraut bewährt. Es wird unter anderem bei depressiven Verstimmungen, Stress und Schlafstörungen eingesetzt. Johanniskraut kann ebenfalls innerlich als Tee oder äußerlich in Form eines Öls eingesetzt werden.
Öle und Salben für Haut und Muskeln
„Da ätherische Öle fettlöslich sind, kann man frische Kräuter gut in Speiseölen konservieren und diese zum Würzen oder für medizinische Zwecke nutzen“, erklärt Lutz Popp. Dazu werden Pflanzenteile in weithalsige, helle Flaschen gegeben und mit Öl bedeckt. Hierfür eignen sich etwa Thymian, Estragon, Majoran, Salbei, Rosmarin und eben Johanniskraut. Die Flasche zwei bis vier Wochen in die Sonne stellen, ab und zu schütteln und nur mit Gaze abdecken, damit der Inhalt nicht schimmelt. Das Ergebnis sind wohlschmeckende mediterrane Würzöle einerseits und medizinische Mittel wie Rotöl aus Johanniskraut. Hierzu werden etwa zwei Handvoll Blüten und (wenig) Blätter mit einem Liter Olivenöl gemischt, die Mischung sollte ungefähr drei Wochen ziehen, bis sie sich rot verfärbt hat. Rotöl kann äußerlich bei Verbrennungen, Prellungen, rheumatischen Beschwerden, Gicht, Ischias oder Nervenschmerzen genutzt werden.
Die Ringelblume ist mit ihren leuchtenden Blüten nicht nur ein echter Blickfang, eine Salbe aus Ringelblumen wirkt antibakteriell und fördert die Wundheilung der Haut. Dazu werden zwei Handvoll frische Blütenblätter in etwa 500 Gramm zerlassenes Fett – zum Beispiel Kokosöl – gegeben und etwa zwei bis drei Stunden bei 60 Grad erwärmt. Alle zehn Minuten umrühren, das Öl absieben und in kleine Gläser füllen. Tipp: Ein Zweig Rosmarin oder Lavendel verleihen der Salbe einen angenehmen Duft.