Die Debatte um Milch und ihre Auswirkungen auf unsere Gesundheit nimmt kein Ende.
Ernährungswissenschaftler Uwe Knop beleuchtet die neuesten Studienergebnisse und was diese für Verbraucher bedeuten.
Was haben die neuen „Milch-Studien“ gezeigt?
Zum einen haben sich die Milchtrinker gefreut, denn eine große neue Studie hat zu vielen Medienberichten mit folgender Headline geführt: „Ein Glas Milch täglich senkt das Risiko für Darmkrebs“. Kurz darauf jedoch wurde auf dem Neurologenkongress gewarnt; „Milchkonsum erhöht Risiko für Multiple Sklerose“. Jetzt fragen sich alle Milchfreunde natürlich zu Recht, ob sie weniger Darmkrebstumore bilden, „dafür“ aber häufiger an Multipler Sklerose erkranken.
Ist Milch trinken denn nun gesund oder ungesund?
Genau diese Frage kann niemand beantworten. Dazu sind auch die neuen Studien nicht in der Lage. Diese Art der Forschung gleicht dem Lesen einer Glaskugel – und die Berichterstattung darüber verunsichert die Menschen. So spiegeln die aktuellen Publikationen und besonders die Bericht3erstattung darüber erneut das immerwährende „Desinformationssystem“ der Ernährungsforschung perfekt wider.
Warum spiegeln diese Studie das „Desinformationssystem“ der Ernährungsforschung perfekt wider?
Weil es immer nur um die wissenschaftlich ganz schwachen Ergebnisse aus sogenannten „Beobachtungsstudien“ geht – oder besser um die Überinterpretation dieser Daten in der medialen Berichterstattung, die stets eine gewisse Beweiskraft suggerieren, die es aber .nicht gibt. Daher ist diese Art der Ernährungswissenschaft nicht mehr als ein „bemitleidenswerter“ Forschungszweig, weil sie – wie in der aktuellen Milchstudien – nur Korrelationen (statistische Zusammenhänge) aber keine Kausalevidenz (Beweise) liefern kann. Und das ist nur der Kern zahlreicher Limitierungen. So ist insbesondere noch das wachsweiche Datenfundament zu nennen: Die Mengen an verzehrten Lebensmitteln, also die Studiengrundlagendaten, basieren stets auf den unüberprüfbaren Eigenangaben der Probanden. Viele weitere Einschränkungen der Ernährungsforschung können Sie hier nachlesen.
Also weiß niemand, was „gesunde“ Ernährung oder ungesunde Lebensmittel sind?
Korrekt – so krass es klingt, so wahr ist es. Bereits 2019 haben die sieben großen ernährungswissenschaftlichen Fachorganisationen im deutschen Sprachraum DACH die „Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel“ unabhängig voneinander und unisono abgelehnt. Lassen Sie sich gerne einmal überraschen von der Zusammenstellung der überaus einstimmigen Statements der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE), der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), dem deutschen Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) sowie der beiden Berufsverbände in Deutschland und Österreich, dem Verband der Oecotrophologen (VDOE) und dem Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs (VEÖ). Sie finden alle Statements in diesem Artikel im Infokasten ganz unten.
Wieviel Milch darf ich noch trinken?
Das kann Ihnen niemand sagen. Alle offiziellen Empfehlungen dazu sind nicht mehr als grobe Schätzwerte frei von wissenschaftlicher Evidenz. Aber einer weiß, wieviel Milch sie trinken sollten: Ihr eigener Körper. Wenn Sie Milch gerne trinken, weil sie Ihnen schmeckt und Sie sie gut vertragen, also bestens verdauen können, dann wunderbar. Wenn Sie sich hingegen nichts aus Milch machen oder sie nicht mögen, dann verpassen Sie auch nichts. Kein Mensch braucht Milch. Vertrauen Sie beim Essen und Trinken daher auf Ihre Intuition – und am besten aktivieren Sie gleich Ihren persönlichen Wertekompass, Ihre Ethik, für die optimale Ernährungsform, die perfekt zu Ihnen passt. Dazu benötigen Sie nur drei einfache Tipps.
Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte
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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug- 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.
Kontakt: presse@echte-esser.de