Schokoosterhasen hoppeln heran – genussvoll zubeißen oder nicht?

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Schokolade steht oft im Kreuzfeuer der Ernährungsdebatten – besonders an den „Schokofesten“ wie Ostern.

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Ernährungswissenschaftler Uwe Knop beleuchtet, was hinter den Mythen steckt und wie es um die Gesundheitseffekte bestellt ist.

Was sagt der aktuelle Stand der Wissenschaft: Ist Schokolade gesund oder nicht?

Wenn die Ernährungswissenschaftler sich anhand der Studienlage festlegen müssten, dann gilt: Schokolade ist eher gesund als ungesund! Aber: Sicher wissen wir es nicht. Wir wissen nur, dass es zahlreiche Beobachtungsstudien gibt, die gezeigt haben: Wahrscheinlich, vielleicht, vermutlich könnte Schokoladenkonsum gesundheitsfördernde Effekte ausüben. Wer also auf Korrelationen vertraut, der kann Schokolade auf jeden Fall weiterhin mit einem guten Gesundheitsgewissen genießen – denn einen Nachweis für schädliche Effekte gibt es nicht, noch nicht einmal konsistente Korrelationen.

Dessen ungeachtet gilt das allgemeine ökotrophologische Universalcredo: „Nichts Genaues weiß man nicht.“ Es gibt keine Beweise für gesunde Ernährung – das war so, das ist so und es wird wahrscheinlich auch immer so bleiben. Die Ernährungsforschung ist ein „bemitleidenswerter“ Forschungszweig, weil sie – wie in allen Schokoladenstudien – nur Korrelationen (statistische Zusammenhänge) aber keine Kausalevidenz (Beweise) liefern kann. Und das ist nur der Kern zahlreicher Limitierungen. So ist insbesondere noch das wachsweiche Datenfundament zu nennenDie Mengen an verzehrten Lebensmitteln, also die Studiengrundlagendaten, basieren stets auf den unüberprüfbaren Eigenangaben der Probanden. Viele weitere Einschränkungen der Ernährungsforschung können Sie hier nachlesen.

Macht Schokolade essen denn glücklich? 

Rein wissenschaftlich ist auch diese Frage offen und ungeklärt. Es existiert kein einziger belastbarer Beleg (Kausalevidenz) für die gesicherte „Glücklichmacherwirkung“ von Schokolade. Aber andererseits gilt: Rein emotional betrachtet ist da im Einzelfall sicher was dran. Denn wer aus Frust oder Kummer gewohnheitsmäßig Schokolade isst um seine schlechten Emotionen im wahren Sinne runterzuschlucken, der fühlt sich in diesem Chocoholics-Moment deutlich besser auf der „kulinarischen Wolke 7“ – denn Schokolade ist ein hochkalorisches und daher leckeres „Trostfutter“, das dem Körper viel schnell verfügbare Energie mit wenig Bissen liefert (und das mag er sehr gerne). Dabei kommt es natürlich darauf an, welche Sorten einem am besten schmecken. Denn je „passgenauer“ die Lebensmittel die individuellen körperlichen (oder beim emotional eating auch seelischen) Bedürfnisse befriedigen, desto größer ist der spürbare Wohlfühleffekt, den unser körpereigenes Belohnungszentrum im Gehirn erzeugt (das „limbische System“). Aber das hat nichts mit speziellen Sorten zu tun.

Wem beispielsweise sehr dunkle Schokolade, die ja gerne als „übergesund“ propagiert wird, nicht schmeckt, der wird auch keinerlei positive Wirkung auf seine Stimmung spüren – dafür sicher eine negative, denn alles, was einem nicht schmeckt, erzeugt ein unangenehmes Gefühl, und das nicht nur im Mund, sondern generell.

Also können wir an Ostern reuelos Schokoosterhasen verspeisen? 

Wer sich auf die Studienlage rein zur Gesundheit bezieht, der kann frohlocken; „Ja, lasset die zartschmelzenden Hasen in die heißhungrigen Münder hoppeln!“ Dabei sollte natürlich der biologische Hunger und die gute Verträglichkeit die entscheide Rolle spielen. Denn Schokolade kann ohne Zweifel ein fester „integraler“ Bestandteil eines individuellen Ernährungskonzepts sein. Dabei sollte man diese drei einfachen Regeln beherzigen, die jeder kennen sollte. Damit wird gesund essen eine leichte Übung.

Und was ist mit der gehypten einzigartigen Dubai-Schokolade?

Dieses Produkt ist völlig überteuert und sein Geld nicht – weder in punkto Zutaten und Inhaltsstoffe noch aus ernährungsphysiologischer Sicht. Dubai-Schokolade macht nur eines einzigartig: Der enorme Kosmos an „Multi-Channel-Marketing“, der diese Schokolade umhüllt. Die Schokoladenkreation an sich ist so banal einzigartig wie viele anderen „Special-Editions“ auch. Aber: Zu den zahlreichen Elementen des so genannten „Multi-Channel-Marketing“ gehören: Intensives Influencer-Marketing mit Luxus-Image (Dubai), künstliche Verknappung samt edler Inszenierung eines vermeintlichen Luxuslebensmittels sowie zahlreiche Medienberichte, die für massive zusätzliche Reichweite und eine enorme Steigerung des Bekanntheitsgrads sorgen.

Für alle Produktmanager sind Hype und Erfolg der Dubai-Schokolade wie ein „Marketing-Traum aus 1001 Nacht“ – nahezu unglaublich, danach lechzt jeder Marketeer! Aber sicher wird dieser Höhenflug nur kurzlebig sein. In Kürze sehen wir Dubai-Schokolade wahrscheinlich für 1.99 € in allen Discounter-Regalen – und der Zauber ist verflogen.

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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte

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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug, 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.

Kontakt: Uwe Knop auf LI