Die Ernährungsfrage: ausgewogen oder ideologisch?

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Statement von Detlef Brendel: Der neue Minister im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) übernimmt eine schwierige Aufgabe.

Alois Rainer steht politisch für eine weitere der vielen angekündigten Zeitenwenden. Nach Jahren der versuchten Volkserziehung durch den Grünen Cem Özdemir, dessen Vorstellungen von veganer Ernährung bis zu Werbeverboten noch nicht einmal den Weg ins Kabinett gefunden haben, soll jetzt ein Pragmatiker die Politik für Ernährung und Landwirtschaft prägen. Statt Ideologie stehen Fakten, Vernunft und auch eine freiheitliche Selbstbestimmung der Verbraucher auf dem Menüplan.

Die Initiativen seines gescheiterten Vorgängers machten oft den Eindruck von NGO-Kampagnen. Ideologen und Aktivisten waren zufrieden, während sich die Bürger nur noch über neue Konzepte für die Ernährung wundern konnten. Sie fühlten sich gesteuert und entmündigt. Es schmeckte ihnen nicht. Nach Jahren der ideologisch geprägten Debatte hat Rainer auf die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung hingewiesen. Auch die Speisepläne von Kindergärten und Schulen nimmt der Agrarminister in den Blick und warnt vor rein vegetarischen Gerichten. Eine ausbalancierte Ernährung sei wichtig, so Rainer. Auch in Kindergärten und Schulen sollten Obst, Gemüse und genauso Fleisch und vegetarische Gerichte auf den Speiseplänen stehen. Qualitativ hochwertige Ernährung sei das wichtige Anliegen, betont er in einem Interview.

Die Reaktionen zeigen, wie groß die Herausforderung ist, wieder zu einer faktenbasierten und durch Vernunft geprägten Diskussion zu kommen. Reflexartig werden NGO-Parolen angestimmt. Christian Beckmann, Vorsitzender der Landeselternkonferenz In Nordrhein-Westfalen, sieht gleich Verrat am veganen Würstchen. „Eine Kehrtwende in dem Sinne, dass auf jeden Fall ein Fleischgericht auf den Speiseplan soll, zeigt eher, aus welcher Richtung Herr Rainer kommt.“ Er unterstellt dem gelernten Metzgermeister Rainer Parteilichkeit. Die zurückliegende Indoktrination hat bei dem Elternvorsitzenden offenbar gewirkt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht in ihren Empfehlungen für die Mittagsverpflegung in den Kitas einmal pro Woche Fleisch, Wurst und Eier vor. Täglich stehen Getreideprodukte, Gemüse und Salat sowie mindestens zweimal pro Woche Obst auf dem Plan der DGE. Einmal in der Woche wird Fisch empfohlen. Wer bei dieser Ausgewogenheit ein Fleischgericht pro Woche für eine politische Zumutung hält, sollte einmal seine ideologischen Geschmacksnerven überprüfen lassen. Rainer plädiert für gesunde Mischkost. Zudem ist es grundsätzlich den Schul- und Kitaträgern überlassen, in Abstimmung mit den Eltern das Essen zu gestalten. Vielseitigkeit, Frische und Geschmack sollten Kriterien sein. Es wird Zeit, die Ära der ideologischen Ernährung zu beenden. Der Mehrzahl der Verbraucher dürfte das Prinzip einer ausbalancierten Mischkost, in der alle Nahrungsmittel ihre Berechtigung haben, schmecken. Die Irrationalität der Diskussion muss ein Ende haben. Man stelle sich vor, der Minister würde zugeben, gelegentlich einmal ein Stück Schokolade für die Nerven zu essen. Die braucht er für eine Zeitenwende.