Clean Eating – gesunder Weg oder kranker Hype?

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Der Trend rund um Clean Eating verspricht eine gesündere Lebensweise durch ‚reines‘ Essen. Doch was steckt wirklich dahinter?

Mit KI erstellt

Ernährungswissenschaftler Uwe Knop beleuchtet das Thema kritisch.

Was genau versteht man unter dem Begriff ‚Clean Eating‘?

Clean Eating ist einer der vielen „Neuzeit-Besser-Esser-Hypes übersättigter Gesellschaften“ – und bedeutet übersetzt „sauberes Essen“, Dieses „reine Essen“ spiegelt einen Ernährungstrend wider, der sich auf den Verzehr von unverarbeiteten, natürlichen Lebensmitteln konzentriert. Das Ziel ist es, industriell verarbeitete Produkte mit vielen Zusatzstoffen, zugesetztem Zucker künstlichen Aromen oder Konservierungsstoffen so weit wie möglich zu vermeiden. Die Idee dahinter: Je mehr „saubere Lebensmittel“ ich esse, desto „reiner und gesünder“ ist auch mein Körper.

Was ist das Gute an „Clean Eating“?

Clean Eating ist ein Trend, der diejenigen anspricht, die Wert auf gesunde und bewusste Ernährung legen. Das ist insofern positiv zu sehen, weil sich diese Menschen intensiver mit ihrem Essen, der Herkunft, Verarbeitung und besonders den Inhaltsstoffen beschäftigen. Ernährung bekommt mehr Aufmerksamkeit, Relevanz und die Clean Eater achten mehr auf eine kritische Selbstreflektion ihrer Ernährung. Ernährung wird wieder mehr zu dem, was es ist: Die schönste Hauptsache der Welt – genussvolle Essen zur Lebenserhaltung ist das Wichtigste im Leben, denn ohne Essen sterben wir. Daher sollte jeder darauf achten. was man sich tagtäglich im wahren Sinne einverleibt – denn daraus bildet sich unser Leib immer wieder neu. Beim Clean Earing stehen selbst gekochte Mahlzeiten aus unverarbeiteten, natürlichen, frischen Zutaten sowie Vielfalt und Achtsamkeit im Fokus. Wer bei diesem Essen dazu noch auf die eigenen Bedürfnisse und Signale des Körpers achtet, der is(s)t auf einem guten Weg zur intuitiven Ernährung. die am besten zur eigen Persönlichkeit passt. Denn darum geht es: Welche Ernährung ist die beste für mich, die sowohl meine Intuition als auch meinen Wertekompass, meine Ethik zufriedenstellt? Diesen einzigartigen „individuellen kulinarischen Weg“ sollte jeder für sich kennen – und gehen.

Gibt es wissenschaftliche Belege für die gesundheitlichen Vorteile von ‚Clean Eating‘?

Nein. Die Vielfalt an heutiger Ernährungsformen ist nicht nur verwirrend, sondern für alle populären „Besser-Esser-Hypes“ wie Low-Carb, Intervallfasten, Keto, Paleo, Vegan, Clean Eating gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg, dass sie gesünder oder schlanker machen. Das sind alles nicht mehr als verkaufsfördernde Märchen.

Für wen kann „sauberes Essen dreckiges Seelengift“ sein, wer sollte besser die Finger davon lassen?

Da gibt es eine ganze Reihe. Im Fokus stehen hier Personen, die in ihr Essen enorm viel „Gesundheitspotenzial“ hineinprojizieren. Das kann soweit gehen, dass man irgendwann dem Zwang verfällt, sich nur noch mit mit „reinen gesunden Lebensmitteln“ ernähren zu müssen – weil man sonst glaubt mit den „unreinen Lebensmitteln“ vergifte und verdrecke man seinen Körper. Dieser obsessive Zwang, nur noch“gesunde Lebensmittel“ zu essen nennt sich „Orthorexie“ – diese psychologische Erkrankung gehört zu den Essstörungen – wie auch Anorexie oder Bulimie. Liegt bereits eine Essstörung vor, kann Clean Eating diese Störung enorm pushen. Die strengen Regeln und der Fokus auf Reinheit können dabei zu einem Kontrollverlust und einem gestörten Verhältnis zum Essen führen. Wenn Clean Eating sogar zu einer sozialen Isolation führt, weil man sich nur noch mit bestimmten Lebensmitteln beschäftigt oder soziale Einladungen ablehnt, ist das ein deutliches Warnsignal. Auch die moralische Aufladung kann dieser „Klientel“ Probleme machen: Clean Eating wird dann mit Moralvorstellungen verknüpft, bei denen „sauberes“ Essen als rein und gesund und „unsauberes“ Essen als unrein und ungesund bewertet wird. Dies kann zu Schuldgefühlen führen, wenn man von den eigenen Regeln abweicht und „ungesunde“ Lebensmittel gegessen hat – dabei gibt es weder gesunde noch ungesunde Lebensmittel.

Wieso lassen sich Lebensmittel nicht in „gesund und ungesund“ einteilen? 

Das ist einfach erklärt: Erstens gibt es keine wissenschaftlichen Beweise, die eine solche schwarz-weiß-Kategorisierung ermöglichen. Und zweitens ist die gesamte Ernährung, und das über viele Jahrzehnte, auch nur einer der zahlreichen Einflussfaktoren der komplexen individuellen Matrix des Gesamtlebensstils eines jeden Menschen. Wir wissen daher noch nicht einmal, was überhaupt „gesunde Ernährung“ sein soll -. denn auch dazu liegen keine belastbaren Daten vor (Kausalevidenz“). Daher ist der „Tunnelblick“ auf gesunde Lebensmittel sehr naiv und viel zu kurz gedacht, Konsequenterweise erachten auch die sieben großen ernährungswissenschaftlichen Fachorganisationen im deutschen Sprachraum DACH die „Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel“ als nicht sinnvoll – und das unabhängig voneinander.

Hier können Sie die Zusammenstellung der einstimmigen “ Sieben Statements“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE), der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), dem deutschen Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) sowie der beiden Berufsverbände in Deutschland und Österreich, dem Verband der Oecotrophologen (VDOE) und dem Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs (VEÖ) nachlesen.

 

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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte

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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug- 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.

Kontakt: presse@echte-esser.de