Etwa 9,2 Stunden pro Tag verbringen wir im Sitzen, Tendenz steigend. Der menschliche Körper ist aber nicht für Inaktivität gemacht.

Warum langes Sitzen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes erhöht und wie Sie mit einfachen Tricks mehr Bewegung in Ihren Alltag bringen.
Noch zu Beginn der 2000er-Jahre war es nicht unüblich, dass in so manch einem deutschen Büro geraucht wurde. Gleichwohl das Wissen um die gesundheitlichen Risiken lange bekannt war, ließ der gesetzlich verankerte Nichtraucherschutz noch auf sich warten. Das ist heute anders. Vor diesem Hintergrund entfaltet der vom amerikanischen Professor Dr. James A. Levine popularisierte Spruch „Sitzen ist das neue Rauchen“ seine volle Wirkung. „Wir wissen, dass uns Bewegung guttut und dennoch sitzen wir von Jahr zu Jahr mehr“, sagt Katharina Steinbach, Sportwissenschaftlerin der BARMER. Und tatsächlich, laut einer repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2023 stieg die Zahl der Stunden, die die Deutschen im Sitzen verbringen von 8,7 im Jahr 2021 auf 9,2 Stunden im Jahr 2023. Mit 11,5 Stunden saßen dabei Menschen im Home Office am meisten pro Tag.
Was im Sitzen mit dem Körper passiert
„Sitzen ist für den menschlichen Organismus eine Art Ausnahmezustand“, erklärt die Sportwissenschaftlerin. Und sofern es keinen bewegenden Ausgleich im Alltag gibt, kann das ständige Sitzen gefährlich werden. Wer sitzt, schaltet seinen Körper auf Sparflamme. Der Kalorienverbrauch sinkt und die Muskeln erschlaffen, besonders jene im Rücken und den Beinen. Ganz zu schweigen von der schlechten Haltung und der ungleichen Belastung der Bandscheiben. Verspannungen und Rückenschmerzen sind das Ergebnis. Zudem steigen die Blutfettwerte, was zu erhöhten Cholersterin- und Triglyzeridwerten führen kann, beides Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Bereits nach etwa 20 bis 30 Minuten Inaktivität beginnt der Blutzuckerspiegel zu steigen, die Insulinempfindlichkeit sinkt, das Risiko für Typ-2-Diabetes steigt“, weiß die Sportwissenschaftlerin. Ebenso mindert langes Sitzen die Durchblutung. „Die Beinvenen leisten Schwerstarbeit, wenn wir ständig sitzen. Langfristig kann das zu Thrombosen, Krampfadern und sogar Herzproblemen führen“, warnt Steinbach.
Der erste Schritt macht den Unterschied
Bei all den möglichen negativen Nebenwirkungen des Sitzens soll dennoch erwähnt sein, dass nicht das Sitzen per se das Problem ist, sondern wie ausdauernd und in welcher Haltung es vollzogen wird. Denn die gute Nachricht: „Wer regelmäßig aufsteht, kleine Bewegungen einbaut und Haltung im wahrsten Sinne des Wortes zeigt, kann seine Gesundheit nachhaltig schützen. Der erste Schritt ist oft nur ein kleiner, aber er macht den entscheidenden Unterschied“, sagt Katharina Steinbach.
Wie Sie Bewegung in den Alltag integrieren
„Vor, nach und am besten schon während der Arbeit im Sitzen gilt es den Körper in Bewegung zu bringen“, sagt Katharina Steinbach und gibt folgende Tipps:
Stehen Sie regelmäßig auf: Spätestens alle 45 Minuten. Stellen Sie sich einen Wecker oder nutzen Sie Apps, die Sie daran erinnern.
Nutzen Sie Steh- oder höhenverstellbare Schreibtische, so können Sie E-Mails auch mal im Stehen schreiben.
Gehen Sie beim Telefonieren oder in Meetings umher.
Tauschen Sie den Fahrstuhl gegen die Treppe oder steigen Sie eine Station früher aus dem Bus oder der Bahn aus.
Stretching oder Mobilisationsübungen zwischendurch helfen gegen Verspannungen.
Katharina Steinbach rät: „Wer täglich bewusst 15 bis 30 Minuten Bewegung einbaut, senkt nicht nur das Krankheitsrisiko, er fühlt sich wacher, konzentrierter und ausgeglichener.“