NABU: Kombination aus Hitze und Überdüngung gefährdet marine Artenvielfalt / Wirksame Düngepolitik gefordert.
Die anhaltende Hitzewelle hat gravierende Auswirkungen auf Nord- und Ostsee: Steigende Wassertemperaturen belasten die sensiblen Ökosysteme – insbesondere dort, wo bereits durch Überdüngung hohe Nährstoffbelastungen bestehen. Der NABU warnt vor einem Kipppunkt für marine Lebensräume in deutschen Gewässern und fordert eine Kurskorrektur in der Agrarpolitik.
„Die ohnehin aufgeheizte Lage in Nord- und Ostsee wird durch den übermäßigen Nährstoffeintrag aus der Landwirtschaft weiter verschärft“, warnt Anne Böhnke-Henrichs, stellvertretende Leiterin Meeresschutz beim NABU. „Vor allem der Eintrag von Stickstoff und Phosphor über Flüsse sorgt für übermäßiges Algenwachstum, Sauerstoffmangel und bedroht alles Leben am Meeresgrund – insbesondere bei steigenden Temperaturen.“
Als besonders fatal kritisiert der NABU die ersatzlose Streichung der sogenannten Stoffstrombilanz durch die Bundesregierung. Dieses Instrument hätte maßgeblich dazu beitragen können, den Einsatz und Verlust von Düngemitteln in der Landwirtschaft zu kontrollieren und zu reduzieren. Nun fehlt ein zentrales Steuerungselement im Kampf gegen die Eutrophierung der Meere.
„Wir brauchen dringend eine wirksame Düngepolitik, die sicherstellt, dass nicht weiterhin mehr Nährstoffe auf den Feldern landen, als Pflanzen tatsächlich aufnehmen können“, so Böhnke-Henrichs weiter. „Nur so lassen sich Überdüngung, sauerstoffarme Todeszonen und langfristige Schäden für die biologische Vielfalt in unseren Meeren verhindern.“
Nord- und Ostsee gehören laut EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie bereits jetzt zu den am stärksten belasteten Meeresregionen Europas. Die Klimakrise wirkt dabei als Brandbeschleuniger: Höhere Temperaturen senken den Sauerstoffgehalt im Wasser, beschleunigen biologische Prozesse und verringern die Durchmischung, wodurch sauerstoffreicheres Wasser schlechter in tiefere Schichten gelangt. In Kombination mit Nährstoffüberschüssen befeuert das die Entstehung sogenannter Todeszonen.
Der NABU fordert deshalb von der Bundesregierung eine konsequente Begrenzung des Nährstoffeintrags in Gewässer und eine agrarpolitische Kehrtwende hin zu umweltgerechter Flächenbewirtschaftung. „Nord- und Ostsee stehen unter massivem Stress“, betont Böhnke-Henrichs. „Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag intakte Natur und Umwelt versprochen. Jetzt muss sie liefern.“
Weitere Informationen: Anreicherung von Schad- und Nährstoffen in Nord- und Ostsee