Über den Wolken … schmeckt Tomatensaft besonders lecker – warum eigentlich?

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Tomatensaft genießt in luftiger Höhe eine unerwartete Beliebtheit. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop taucht tief in das Phänomen ein und bietet faszinierende Erklärungen.

Mit KI erstellt

Warum trinken Menschen gerade im Flugzeug so oft Tomatensaft?

Mit dieser Frage haben sich schon viele Flugpassagiere beschäftigt, wenn Sie „über den Wolken“ einen Tomatensaft bestellt haben – und sich wundern, warum sie den eigentlich nur „hier oben in der Luft“ trinken. Machen wir es kurz: Es gibt keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Nun, obgleich keine klare Fakten vorliegen, so werden doch mehrere Theorien und Beobachtungen diskutiert, die – miteinander kombiniert – die Beliebtheit von Tomatensaft im Flugzeug erklären könnten:

  1. Geschmacksveränderung in der Höhe: Grundlagenstudien haben gezeigt, dass sich unser Geschmackssinn in der trockenen Kabinenluft und dem niedrigeren Luftdruck im Flugzeug verändern könnte. Süße und salzige Aromen würden tendenziell als weniger intensiv wahrgenommen, während saure und umami-reiche Geschmäcker (wie die von Tomaten) deutlicher hervortreten können. Dadurch schmeckt Tomatensaft im Flugzeug möglicherweise intensiver und befriedigender als am Boden. Das große Aber: Geschmack ist absolut individuell und subjektiv. Und wie sagt man so schön: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Ob die Effekte ausreichen, den „Flugzeug-Effekt“ zu erklären, das ist mehr als zweifelhaft.
  2. Assoziation und Gewohnheit: Für manche Menschen ist das Trinken von Tomatensaft im Flugzeug eine etablierte Gewohnheit. Vielleicht haben sie es einmal probiert und als angenehm empfunden oder es ist ihnen durch andere Passagiere oder Fluggesellschaften als typisches Getränk in Erinnerung geblieben.
  3. „Herzhaftigkeit“ als Kontrast: Viele Flugzeugmahlzeiten sind eher mild oder süßlich. Der herzhafte, leicht säuerliche Geschmack von Tomatensaft kann hier einen angenehmen Kontrast bieten und das Geschmackserlebnis insgesamt verbessern.
  4. Psychologischer Effekt: Das Gefühl, sich etwas „Besonderes“ oder „anderes“ zu gönnen, kann ebenfalls eine Rolle spielen. Da Tomatensaft nicht das alltäglichste Getränk ist, wird es im Flugzeug vielleicht eher als eine kleine „Auszeit“ wahrgenommen. Als weitere psychologische Beweggründe kommt der klassische Nachahmereffekt in Frage, getreu dem dem Motto: „Was der hat, will ich auch.“

Wieso ist Tomatensaft auf dem „Boden der Tatsachen“ weniger beliebt als in der Luft? 

Das liegt ganz einfach daran, dass alle vorgenannten Gründe nur im Flugzeug zu einem Mehrverzehr führen. Unten auf der Erde ist Tomatensaft ein allgemein eher uninteressantes Getränk – es löscht weder genussvoll den Durst noch berauscht es angenehm oder wirkt anregend und aktivierend. Für all diese „Trinkziele“ gibt es andere, bessere und wohlschmeckendere Getränke.

Gibt es wissenschaftliche Beweise, dass Tomatensaft gegen Thrombosen und andere Erkrankungen hilft?

Nein- Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise, die belegen, dass Tomatensaft speziell gegen Thrombosen oder andere spezifische Erkrankungen hilft – weder im Flugzeug, noch in der Bahn noch im Sitzen trinkend am Küchentisch.

Wann und was sollte man im Flugzeug trinken?

Ob im Flugzeug oder auf der Erde gilt für Gesunde: Trinken Sie, wenn Sie Durst haben. Die wichtigste Empfehlung für Getränke im Flugzeug ist ganz einfach: ausreichend Wasser. Die trockene Kabinenluft kann schneller zu Dehydration führen, was Müdigkeit, Kopfschmerzen und ein erhöhtes Risiko für Thrombosen begünstigen kann. Hören Sie daher besonders gut auf Ihren Körper und seine Durstsignale. Im Zweifel, wenn Sie nicht genau merken, ob sie Durst spüren, trinken Sie einfach ein Glas Wasser – ob mit ohne oder Kohlensäure, das ist egal. Wer lieber Saft, Schorle oder andere Getränke mag – trinken Sie einfach, was Ihnen am besten schmeckt.

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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte

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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug, 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.

Kontakt: Uwe Knop auf LI