Blutzuckermessung von Gesunden als „Lifestyle“? Völlig evidenzfrei, aber mit Risiko!

Veröffentlichung honorarfrei bei Link zu: food-monitor.de

Selbstoptimierungsfalle: Wie sinnvoll ist das Tracking des eigenen Blutzuckers wirklich? Die Debatte um Blutzuckermessungen bei Gesunden und Diabetikern erhitzt die Gemüter. Doch wann und für wen sind sie wirklich sinnvoll?

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Wer sollte seinen Blutzucker messen?

Besonders für Menschen mit Typ-1-Diabetes sind kontinuierliche Blutzuckermesssysteme ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, weil sie den Blutzuckerverlauf in Echtzeit überwachen und Schwankungen frühzeitig erkennen. Kontinuierliche Blutzuckermesssysteme (CGM) gehören heute fest zur modernen Diabetesbehandlung – vor allem bei Typ-1-Diabetes. Ein kleiner Sensor unter der Haut misst dabei in kurzen Abständen den Zuckergehalt in der Gewebsflüssigkeit und sendet die Werte drahtlos an ein Lesegerät oder direkt auf ein Smartphone. Manche Systeme arbeiten sogar mit einer Insulinpumpe zusammen, die – je nach Messwert – automatisch die Insulinzufuhr anpasst. Menschen mit Typ-1-Diabetes profitieren enorm von CGM-Systemen: Sie erkennen zu hohe oder zu niedrige Blutzuckerwerte frühzeitig, helfen bei der Insulinanpassung und können gefährliche Unter- oder Überzuckerungen verhindern.

ist das „Blutzuckermonitoring“ auch für gesunde Menschen sinnvoll?

Weil die Geräte auch ohne Rezept erhältlich sind, tragen immer häufiger auch Menschen ohne Diabetes einen Sensor als Gesundheits-Tracking-Tool. Sie wollen den Blutzucker im Blick behalten und sich so ernähren, dass möglichst wenige Schwankungen nach oder zwischen Mahlzeiten entstehen. „Natürliche Schwankungen sind allerdings Teil eines gesunden Stoffwechsels und müssen nicht überwacht oder verhindert werden“, betont Dr. Kálmán Bódis, stellvertretender Leiter des Klinischen Studienzentrums am DDZ und Oberarzt an der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Das aktuelle Fazit des DDZ ist klar: „Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass eine ständige Überwachung ein gesundheitlicher Vorteil für gesunde Personen sein könnte!“

Selbst bei identischen Mahlzeiten könne die Blutzuckerkurven zweier gesunder Personen sehr unterschiedlich aussehen. „Das liegt unter anderem an der Genetik, dem Darmmikrobiom, der Tageszeit sowie dem Bewegung- und Stresslevel und ist kein Hinweis auf eine Krankheit“, erklärt Bódis und weist auf mögliche Fehlinterpretationen hin: „Völlig normale Werte können plötzlich als problematisch erscheinen. Das führt schnell zu unnötigen Einschränkungen, strengen Diäten oder einer übermäßigen Fixierung auf Essen und Zahlen“, erklärt der Diabetologe.

Ist der eigene Blutzuckerspiegel der zentrale Wert beim Abnehmen`?

Auch hier ein klares „Nein“. Denn ein einziger Blutwert im Fokus, das ist viel zu kurz gedacht! Genauso wenig wie für gesunde i.A. existieren auch keine wissenschaftlichen Belege, dass der Fokus auf einen einzigen Blutwert (Blutzucker) zu einer langfristigen Gewichtsreduktion führt. Und die zusätzliche Empfehlung, dass gesunde Menschen ihren Blutzuckerspiegel selbst messen sollen, ist schlicht unsinnig. Es bringt einerseits nichts, denn alle Menschen reagieren „postprandial“ (also in Sachen Stoffwechselreaktion nach dem Essen) unterschiedlich auf Lebensmittel – es gibt keine „Standard-Blutzuckernahrung“. Die Blutzuckerkurve ist daher nie eine pauschale Konstante, sondern stets eine absolut individuelle Reaktion. So konnten bereits 2016 israelische Forscher belegen, dass die gleichen Nahrungsmittel den Blutzuckerspiegel von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich stark beeinflussen. Isst der eine Mensch eine Orange, können sich völlig andere Werte ergeben als bei einem anderen Studienteilnehmer.

Hinzu kommt: Das dauerhafte Glukose-Selbsttracking ist nicht nur nutzlos, es birgt auch gewisse Risiken wie die zwanghafte Selbstkontrolle diverser „Vitalparameter“ – das können Pulsmessungen, Blutdruck oder eben der Blutzuckerspiegel sein. Wer „anfällig“ für solche Selftracking-Messungen ist, den können diese Selbstoptimierungszwänge in psychischen Druck oder gar Essstörungen treiben. Last but not least fehlen auch hier wissenschaftliche Daten, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Tracking-Apps und deren korrespondierender Ernährungsempfehlungen zu belegen.

Diäten gibt es wie Sand am Meer, doch welche Ernährungsform ist die richtige zum Abnehmen? 

Da gibt es keine konkrete – denn die eine optimale Ernährungsform zum Abnehmen existiert nicht. Es gibt schlicht nicht das eine Abnehm-Konzept, das für alle gilt. Übergewicht ist immer ein hochkomplexes Problem und man muss scheuklappenfrei und mit ehrlicher Selbstreflexion nach dem Ursachencocktail suchen – und dieser ist immer individuell, denn unsere Gene, unser Mikrobiom (früher „Darmflora“), die Lebensweise und unser Stoffwechsel unterscheiden sich sehr stark. So lauten auch die aktuellen Ernährungsempfehlungen der Ärzte-Leitlinie „Adipositas“ zum Abnehmen: Die Wahl des Ernährungsstils sollte nur der Abnehmwillige selbst anhand seiner Essgewohnheiten, Wünsche und Vorlieben individuell treffen.

Übergewichtige Menschen sollten also auf ihre persönliche Situation maßgeschneidert-abgestimmte, individualisierte Ernährungsempfehlungen erhalten. Denn es gibt heute viele, wissenschaftlich gut untersuchte Möglichkeiten, Essenergie einzusparen – sodass jeder Mensch eine für ihn passende Ernährungsweise finden sollte, die es ihm leichter macht, sein Gewicht im Griff zu behalten.

Es gibt nur einen richtigen Weg – und der ist immer individuell! Dabei ist es essenziell, dass man seinen ganz eigenen Weg geht, der perfekt zur eigenen Persönlichkeit passt, denn nur dieser absolut individuelle Weg führt auch dauerhaft zum neuen Wunschgewicht. Wie dieser Weg aussieht, das zeigt der „Fünf-Phasen-Plan zum Wunschgewicht“ , entwickelt auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage – und mit dem praxisnahen Prinzip RAKETE für jeden im Alltag ganz einfach umzusetzen,

 

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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte.

Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ und „ERFOLGREICH ABNEHMEN“ (2. Auflage 2025)). Seit mehr als 15 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.

Kontakt: Uwe Knop auf LI