Neue genomische Techniken: Zähes Ringen um die Reform der Gentechnik-Gesetze auf der Zielgeraden

Veröffentlichung honorarfrei bei Link zu: food-monitor.de

Schon seit 2023 liegt der Vorschlag der EU-Kommission für die überfällige Reform der Gentechnik-Gesetze auf dem Tisch.

Kernpunkt sind Erleichterungen beim Umgang mit Pflanzen, die mit neuen genomischen Verfahren wie der Gen-Schere CRISPR/Cas gezüchtet wurden. Die Wissenschaft begrüßte den Vorschlag nahezu einhellig, doch die Politik tut sich schwer. Zwar hat das EU-Parlament im Kern bereits zugestimmt, doch im Rat blockierten einige Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, lange jeden Kompromiss. Erst im vierten Anlauf gelang der Durchbruch. Im Mai 2025 hat endlich der Trilog-Prozess begonnen, in dem Rat, Parlament und Kommission sich auf einen endgültigen Gesetzestext verständigen müssen. Ein Ergebnis ist noch immer nicht in Sicht.

Vor sieben Jahren, im Juli 2018, verkündete der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein denkwürdiges Urteil: Auch genom-editierte Pflanzen, so entschieden die Richter, fallen ohne Abstriche unter die geltenden Gentechnik-Gesetze – selbst Pflanzen, in die keine neuen Gene eingeführt und die auch zufällig „in der Natur“ oder durch traditionelle Züchtung hätten entstehen können. Das Urteil bedeutete ein De-facto-Verbot für genom-editierte Pflanzen.

Spätestens da war eine Reform der wissenschaftlich überholten Gentechnik-Gesetze überfällig geworden. Sie stammen noch aus den frühen 1990er-Jahren, als so präzise Verfahren wie etwa die Gen-Schere CRISPR/Cas unvorstellbar schienen. Dennoch bestimmen sie weiterhin, was heute in der modernen Pflanzenzüchtung erlaubt ist. Nach langem Zögern setzte die EU-Kommission einen langwierigen Beratungsprozess mit vielen Gutachten, Diskussionen und Dialogformaten in Gang. Er mündete in einen Vorschlag der Kommission für eine neue Verordnung, den sie im Juli 2023 offiziell beschloss.

Der Vorschlag der Kommission: Die Kernpunkte

Nach dem Vorschlag der Kommission soll es für Pflanzen, die mit neuen genomischen Techniken (NGT) – so die inzwischen offizielle Bezeichnung – gezüchtet wurden, nicht mehr so aufwändige, oft endlos lange Zulassungsverfahren geben wie bei der Gentechnik. Freilandversuche – die für erste realistische Tests nach der Entwicklung im Labor und Gewächshaus so wichtig sind – müssen nur noch angemeldet, nicht mehr genehmigt werden. Und: Anders als bei herkömmlichen gentechnisch veränderten Pflanzen können einzelne EU-Mitgliedstaaten weder den Anbau dieser editierten Pflanzen bei sich verbieten noch Freilandversuche untersagen.

NGT1-Pflanzen – was gehört dazu? Die weitestgehenden Vereinfachungen sollen für NGT-Pflanzen der Kategorie 1 gelten. Das sind Pflanzen, die mit Hilfe von gezielter Mutagenese – etwa CRISPR/Cas oder TALEN – erzeugt wurden und die ausschließlich Genmaterial enthalten, das sich im züchterisch genutzten Genpool der jeweiligen Art befindet. Auch cisgene Pflanzen gehören damit künftig in diese Kategorie, etwa die in Wageningen (NL) entwickelten Kartoffeln, in die mehrere Resistenz-Gene aus Wildkartoffeln eingeführt wurden, die gegen die Kraut- und Knollenfäule wirksam sind. Diese Kartoffeln könnten dazu beitragen, dass 80 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel gespritzt werden müssen.

Welche Kriterien mit neuen Verfahren gezüchtete Pflanzen im einzelnen erfüllen müssen, um als NGT1 zu gelten, hat die Kommission in einem Annex zu den bestehenden Gentechnik-Gesetzen festgelegt (siehe Infobox unten). So dürfen gegenüber der Ausgangspflanze höchstens 20 Basenpaare modifiziert worden sein. Alle NGT1-Pflanzen könnten auch herkömmlich gezüchtet werden oder durch zufällige Mutation unter natürlichen Bedingungen entstanden sein.

Anders als bisher sollen NGT1-Pflanzen von den meisten für GVO geltenden Auflagen befreit bleiben, so sieht es der Vorschlag der EU-Kommission vor.

Vollständiger Beitrag