Fett hatte es nie leicht. Mal wurde es zum Dickmacher erklärt, dann zum Gesundheitsrisiko, später zum neuen Superfood stilisiert.

Und irgendwann wusste niemand mehr, ob nun Avocado die Welt rettet oder Butter plötzlich wieder „authentisch“ sein soll. Das Ergebnis: eine Verwirrung, die bis heute anhält, obwohl das Thema im Grunde erstaunlich klar ist.
Fett ist weder Feind noch Freifahrtschein. Es ist ein Baustoff. Ein Energieträger. Eine Substanz, ohne die Hormone, Nervenzellen, Vitaminaufnahme und sogar unser Immunsystem nicht funktionieren. Der Streit beginnt erst bei der Frage, welche Fette im Körper erwünscht sind – und welche sich dort benehmen wie schlechte Gäste auf einer Hausparty.
Die einfache Regel, die fast alle Verwirrung löst
Fette lassen sich auf drei grundlegende Gruppen reduzieren:
- Gesunde Fette (einfach und mehrfach ungesättigt)
- In Maßen ok, aber nicht ideal (gesättigte Fette)
- Gesundheitlich schädlich (Transfette)
Diese Dreiteilung ist im Alltag leichter umzusetzen als jedes komplizierte Ernährungssystem. Und sie erklärt, warum manche Lebensmittel quasi „medizinisch“ wirken, während andere langfristig stillen Schaden anrichten.
Die gesunden Fette: Der Teil, den unser Körper wirklich braucht
Gesunde Fette sind aktiv unterstützend. Sie helfen, Entzündungen zu senken, die Gefäße zu schützen, Hormone zu stabilisieren und das Gehirn zu versorgen. Sie finden sich vor allem in pflanzlichen, unverarbeiteten Quellen.
1. Einfach ungesättigte Fette: Die mediterrane Basis
- Olivenö – Ein klarer Gewinner ist natives Olivenöl extra– und ein Grund, warum die mediterrane Ernährung seit Jahrzehnten in Studien auftaucht. Es enthält überwiegend einfach ungesättigte Fettsäuren, reichlich Polyphenole und gilt seit Langem als Herzschutzmittel aus der Küche: entzündungshemmend, stoffwechselunterstützend, langlebig und frei von industrieller Manipulation.
- Avocado – Es enthält überwiegend einfach ungesättigte Fettsäuren – ähnlich wie Olivenöl –, dazu Kalium, Vitamine und Ballaststoffe. Das macht sie nicht nur sättigend, sondern auch gefäßfreundlich. Ihr Ruf als „Hipster-Frucht“ überdeckt oft, dass sie schlicht eines der konstantesten Herzschutz-Lebensmittel der modernen Ernährung ist.
- Mandeln, Haselnüsse, Cashews – hochwertiges Fett, pflanzliches Eiweiß, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe in einem einzigen Rohprodukt. Mandeln unterstützen den Blutzucker, Haselnüsse liefern Antioxidantien, Cashews punkten mit Magnesium – gemeinsam bilden sie ein Fettprofil, das sich entzündungshemmend und stabilisierend auf den Stoffwechsel auswirkt.
- Sesam, Tahini – Sesam gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt, und das nicht ohne Grund. Die winzigen Körner stecken voller ungesättigter Fettsäuren, dazu Calcium, Eisen und Lignane – Pflanzenstoffe, die antioxidativ wirken und hormonelle Prozesse modulieren können. Tahini, die cremige Sesampaste, verstärkt diese Wirkung noch, weil sie konzentrierter ist.
2. Mehrfach ungesättigte Fette: Die Bausteine für Gehirn und Zellen
- Walnüsse
- Leinsamen, Chiasamen
- Hanfsamen
- Fisch wie Lachs, Makrele, Hering
Diese Fette liefern Omega-3 und Omega-6. Entscheidend ist das Verhältnis: Omega-3 wirkt entzündungshemmend, Omega-6 eher entzündungsfördernd – aber nur, wenn man zu viel davon konsumiert. In unserer westlichen Ernährung liegt genau darin das Problem: zu viel Omega-6 (Sonnenblumenöl, Frittierfette), zu wenig Omega-3 (Walnüsse, Leinsaat, Fisch).
Die ungesunden Fette: Was wirklich schädlich ist
Hier beginnt der Teil, der für den Körper mehr Arbeit als Nutzen verursacht.
1. Gesättigte Fette – nicht verboten, aber begrenzungswürdig
Sie kommen hauptsächlich aus tierischen Lebensmitteln:
- Butter
- Käse
- Wurst und fettes Fleisch
- Sahne
- Kokosfett (pflanzlich, aber gesättigt)
Warum nur in Maßen?
Gesättigte Fette erhöhen nachweislich LDL-Cholesterin und können Gefäße belasten. Sie sind nicht per se „schlecht“, aber die durchschnittliche Ernährung liefert zu viel davon – oft in Kombination mit Salz und Zucker.
Eine Faustregel: Sie dürfen vorkommen, aber nicht dominieren.
2. Transfette – die wirklichen Problemverursacher
Transfette entstehen entweder industriell oder beim Überhitzen von Pflanzenölen. Zu finden in:
- Frittierfetten
- Fast Food
- Fertigkuchen
- haltbaren Keksen
- „gehärteten“ Pflanzenfetten
- industriellen Snacks, die gefühlt ewig haltbar sind
Warum gefährlich?
Transfette erhöhen LDL, senken HDL, fördern Entzündungen, destabilisieren den Stoffwechsel und steigern das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stärker als jede andere Fettgruppe. Sie gehören – ernährungstechnisch – in dieselbe Kategorie wie Rauchen und Schlafentzug: Faktoren, die der Körper nicht stillschweigend kompensiert.
Wie man im Alltag bessere Entscheidungen trifft – ohne Ernährungsregeln zu hassen
Im Grunde beginnt alles dort, wo wir am wenigsten hinschauen – bei den kleinen, stummen Routinen. Bei dem Öl, das wir greifen, ohne es bewusst auszuwählen. Bei Produkten, die aus Gewohnheit in den Einkaufskorb wandern. Entscheidungen müssen dabei gar nicht groß sein – oft genügt ein minimaler Wechsel der Perspektive, ein genauerer Blick aufs Etikett oder der Gedanke, dass manche Küchengewohnheiten vielleicht eher Bequemlichkeit als Überzeugung sind. Es geht nicht um Regeln, schon gar nicht um Verzicht, sondern um diese stillen Verschiebungen, die den Alltag verändern, ohne ihn zu belasten.
