Der Handelsverband Deutschland (HDE) bewertet die gestern im Rahmen des Agrarpakets von den Regierungsfraktionen beschlossene Novelle des Agrarorganisationen-und-Lieferkettengesetzes (AgrarOLkG), mit dem die Verträge in der Lebensmittellieferkette reguliert werden, kritisch und ruft die Regierungsfraktionen auf, den Entwurf noch einmal zu überdenken.
„Das AgrarOLkG ist die falsche Stellschraube, wenn es darum gehen soll, die Ertragslage der landwirtschaftlichen Erzeuger zu verbessern“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Daran werde auch die jetzt geplante Überarbeitung nichts ändern. „Die Koalitionsfraktionen haben die Chance vertan, die Beziehungen in der Lieferkette zu deregulieren und damit effizientere Vertragsgestaltungen zu ermöglichen, die am Ende auch für günstige Verbraucherpreise und Produktvielfalt im Regal der Supermärkte sorgen,“ so Genth weiter.
Insbesondere in der Kritik des Handelsverbandes: Anstatt die Regelungen des AgrarOLkG streng an den EU-Vorgaben auszurichten, sollen nach der Novelle die Eingriffe in die Vertragsgestaltungsfreiheit in Deutschland zusätzlich verschärft werden. Demnach soll auch eine Umgehung der bereits geltenden Verbotstatbestände unzulässig sein, selbst wenn diese auf ausdrücklichen Wunsch des unter dem Schutz des Gesetzes stehenden Lieferanten erfolgt. Genth: „Ganze Geschäftsmodelle bisher erfolgreich und effizient arbeitender Lieferanten aus dem mittelständischen Bereich werden von den Regierungsfraktionen bei Umsetzung dieser Pläne in Frage gestellt. Das stärkt am Ende die großen Industriekonzerne, die Konzentration im Bereich der Lebensmittelindustrie wird weiter verschärft.“ Die Regelung sei wegen ihrer Unbestimmtheit auch in der Praxis nur schwer zu handhaben. Richtigerweise hätten die Koalitionsfraktionen aber immerhin von einer ursprünglich geplanten und noch weitergehenden Generalverbotsklausel, die an unterschiedliche und völlig unbestimmte Rechtsbegriffe anknüpfen sollte, Abstand genommen.
Positiv bewertet der HDE die Tatsache, dass in Zukunft international agierende Konzerne mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 15 Milliarden Euro entgegen der geltenden Rechtslage nicht mehr in den Schutzbereich des Gesetzes fallen sollen. „Auf eine Regulierung der Lieferbeziehungen des Handels mit der internationalen Großindustrie zu verzichten, ist ein Schritt in Richtung des Schutzes der mittelständischen Lieferanten“, so Genth. Richtigerweise hätte der Anwendungsbereich aber entsprechend der europäischen Richtlinie auf Lieferanten mit einem Umsatz von bis zu 350 Millionen Euro beschränkt werden müssen.
„Wir appellieren an den Gesetzgeber, bei der Novelle eine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Vorgaben zu gewährleisten“, so Genth. Die EU habe Großunternehmen bewusst nicht in den Anwendungsbereich der Regelungen einbezogen und sich auf konkrete Klauselverbote beschränkt, weil die Gefahr von Effizienzverlusten erkannt wurde. Genth: „Die Koalitionsparteien sollten den Entwurf nochmals überprüfen und korrigieren, um Wettbewerbsbeschränkungen, die am Ende über höhere Preise zu Lasten der Verbraucher gehen, zu vermeiden.“
Quelle: HDE