Heiße Versprechen im Teeregal.
- Projekt Lebensmittelklarheit untersucht 34 Teeprodukte mit Gesundheitswerbung.
- Ergebnis: Knapp jeder achte untersuchte Tee wirbt aus Sicht der Verbraucherzentrale verbotenerweise krankheitsbezogen.
- Verbraucherzentrale fordert, Regelungslücken für gesundheitsbezogene Angaben in Bezug auf Pflanzenstoffe zu schließen.

Tee ist längst mehr als ein Heißgetränk – im Handel finden sich immer wieder Produkte, die mit Versprechen wie „Immunschutz“, „Hormonbalance“ oder „Durchschlafen“ werben. Der aktuelle Marktcheck des Verbraucherportals Lebensmittelklarheit.de zeigt: Herkömmliche Tees in den Marktregalen werben zum Teil gesundheitsbezogen, unter Umständen sogar krankheitsbezogen. Gesundheitsbezogene Aussagen müssen zugelassen sein, krankheitsbezogene Werbung ist bei einem Tee, der nicht als Arzneitee verkauft wird, verboten. Die Verbraucherzentrale fordert: Die Lebensmittelüberwachung muss Verstöße konsequent beanstanden. Noch ungeregelte gesundheitsbezogene Angaben für Pflanzenauszüge müssen abschließend bewertet werden.
„Wenn ein Kräutertee im Supermarkt mit dem Namen ‚Immunschutz‘ verkauft wird, erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher eine nachgewiesene Wirkung der Kräuter auf das Immunsystem. Doch häufig steckt hinter solchen Namen ein Marketingtrick: Um mit der gesundheitlichen Wirkung werben zu dürfen, setzen Hersteller dem Tee beispielsweise Vitamin C zu – gerade genug, damit der Tee den verkaufsfördernden Claim tragen kann“, sagt Stephanie Wetzel, Projektkoordinatorin Lebensmittelklarheit beim Verbraucherzentrale Bundesverband. „Der Claim bezieht sich dann nur auf das zugesetzte Vitamin, die Kräuter und Früchte sind schmückendes Beiwerk“, so Wetzel weiter.
Vitamine statt Kräuterwirkung
Das Projekt Lebensmittelklarheit identifizierte im Rahmen eines Marktchecks insgesamt 34 Teeprodukte im Sortiment großer Märkte, die auf ihrer Schauseite eine gesundheitsbezogene Aussage enthielten. Davon wurden den meisten Tees (21 von 34) Vitamine, Mineralstoffe oder Melatonin zugesetzt, um mit einem zugelassenen Claim werben zu dürfen. In einem Fall wurde dieser aus Sicht der Verbraucherzentrale sogar ungerechtfertigterweise genutzt, da es sich um ein Kinderprodukt handelt, für das der verwendete Claim gar nicht zugelassen war. Neben einzelnen zugesetzten Stoffen, zum Beispiel Vitamin B6, sind immer auch Kräuter oder Früchte auf der Schauseite der Verpackung abgebildet. Produktnamen und Abbildungen können Verbraucher:innen den Eindruck vermitteln, dass die Tees insgesamt die beworbene Wirkung haben. Zum Beispiel zeigt ein Tee mit dem Namen „Immun Tee“ auf der Vorderseite Ingwer und Zitrone – tatsächlich basiert der Claim zum Immunsystem allein auf den zugesetzten Stoffen Vitamin C und Zink. Ähnlich bei einem „Einschlaf Tee mit Melatonin“: Die Kräuter Hopfen, Lavendel und Melisse sind prominent abgebildet, die auf der Schauseite beworbene Wirkung („Zur Verkürzung der Einschlafzeit“) beruht jedoch ausschließlich auf dem zugesetzten Melatonin.
Verbotener Krankheitsbezug
Besonders kritisch wird es, wenn Tees, die als Lebensmittel im üblichen Handel verkauft werden, durch einen Krankheitsbezug den Charakter von Arzneimitteln vorspiegeln. Bei knapp jedem achten der untersuchten Tees (4 von 34) war das aus Sicht der Verbraucherzentrale der Fall. Die Produkte können den Eindruck vermitteln, sie würden bei konkreten gesundheitlichen Beschwerden wie etwa Halsschmerzen oder Harnwegsinfekten helfen. Solche Aussagen sind bei Lebensmitteln nicht erlaubt.
„Tees mit Namen wie ‚Wieder gut!® Frosch im Hals‘ oder ‚Wechseljahretee‘ spielen gezielt mit medizinischen Assoziationen und können damit nach der Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale die Grenze zur krankheitsbezogenen Werbung überschreiten. Gesundheit verkauft sich eben gut“, sagt Wetzel.
Rechtliche Grauzone bei Botanicals
Gut ein Viertel der untersuchten Tees (9 von 34) versprechen nach Einschätzung der Verbraucherzentrale ein gesteigertes körperliches Wohlbefinden allein durch den Einsatz natürlicher Kräuter, Gewürze oder Früchte. Solche Behauptungen sind nur dann zulässig, wenn die Aussage für genau diese Teemischung oder für einzelne beworbene Zutaten zugelassen ist. Ungünstig wirkt sich hier aus, dass die Rechtslage zu gesundheitsbezogenen Aussagen für viele Botanicals – Pflanzen und ihre Inhaltsstoffe, darunter Löwenzahn, Brennnessel oder Ingwer – seit Jahren ungeklärt ist. Anbieter, die vor 2008 einen Antrag auf Zulassung einer bestimmten Aussage, wie „Hilft einen normalen Cholesterinspiegel zu halten“ bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gestellt haben, dürfen aktuell damit werben. Obwohl die Aussage noch „On-Hold“ steht, also dieser Claim nicht abschließend von der EFSA bewertet wurde. „Diese Regelungslücke kann auch für Tees ausgenutzt werden. Das ist für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht länger hinnehmbar“, sagt Wetzel.
Forderung nach klaren Regeln für gesundheitsbezogene Angaben
Die Verbraucherzentrale fordert: Die amtliche Lebensmittelüberwachung muss Tees mit Gesundheitswerbung stärker kontrollieren. Die EFSA muss die zahlreichen seit 2008 „On-Hold“-stehenden Werbeaussagen zu einer Reihe von Botanicals endlich abschließend bewerten. Gleichzeitig müssen die Anbieter ehrlich kommunizieren und rechtliche Grenzen beachten.
Methodik
Im Rahmen eines Marktchecks hat das Projekt Lebensmittelklarheit zwischen dem 16. Juli und dem 25. August 2025 das Teeangebot in ausgewählten Einkaufsstätten untersucht. Berücksichtigt wurden hierbei jeweils die beiden beliebtesten Discounter, Supermärkte, Verbrauchermärkte, Bio-Supermärkte sowie Drogerien. Die Erhebung erfolgte dabei in jeweils möglichst großen Filialen in den beiden bevölkerungsreichsten Städten Deutschlands (Berlin und Hamburg). Insgesamt wurden 34 Teeprodukte identifiziert, die auf der Schauseite ihrer Verpackung eine gesundheitsbezogene Aussage enthielten. Produkte mit werbenden Aussagen nur zu Wellness- oder Beautythemen wurden nicht berücksichtigt.
Download: Bericht Tee mit Gesundheitswerbung – heiße Versprechen (PDF, 3,65 MB)
