Zucker gilt als Herzstück der Konditorei. Er verleiht Teigen Struktur, sorgt für eine ansprechende Farbe und natürlich den leckeren Geschmack – und er ist seit Jahrhunderten fester Bestandteil der handwerklichen Tradition.

Allerdings hat sich das Bewusstsein für Ernährung in der Bevölkerung verändert. Viele Menschen achten heute stärker auf ihren Zuckerkonsum, suchen nach Alternativen und hinterfragen, was in ihrem Gebäck steckt. Diese Entwicklung bringt Bewegung in eine Branche, die lange auf Bewährtes setzte.
Laut Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker in Deutschland 2023 bei rund 30 Kilogramm. Noch vor wenigen Jahren waren es über 33 Kilogramm. Dieser Rückgang zeigt, dass die Verbraucher:innen und Verbraucher mittlerweile bewusster genießen.
Auch in der Konditorei wächst das Interesse an Rezepturen, die weniger Zucker enthalten, ohne dafür an Qualität einbüßen zu müssen.
Die Balance zwischen Technik und Geschmack
Zucker zu ersetzen bedeutet nicht nur, den Süßgeschmack anzupassen. Es beeinflusst auch Textur, Feuchtigkeit und Haltbarkeit eines Produkts. Wird der herkömmliche Zucker entfernt, hat das also Auswirkungen auf die gesamte Struktur des Gebäcks.
Konditor:innen greifen mittlerweile immer häufiger auf Alternativen wie Erythrit, Xylit oder Isomalt zurück. Diese Zuckeralkohole liefern weniger Kalorien und wirken sich kaum auf den Blutzuckerspiegel aus. Allerdings erfordern sie das richtige Fingerspitzengefühl, denn sie schmelzen anders, verhalten sich beim Karamellisieren anders und erzeugen zudem häufig eine leichte Kühle auf der Zunge.
Stevia wiederum stammt aus der Pflanze Stevia rebaudiana und verfügt über eine enorme Süßkraft. Ein Gramm kann damit bis zu 300 Gramm Zucker ersetzen. In Cremes oder feinen Böden ist diese Alternative jedoch eher schwierig einsetzbar, weil die Bitterstoffe schnell dominieren und es außerdem an Volumen fehlt. Konditor:innen arbeiten daher häufig mit einer Mischung aus Stevia und anderen Zutaten, um den typischen Schmelz und Geschmack zu erhalten.
Verbraucher:innen, die zum Beispiel eine Tortenbestellung online ausführen möchten, profitieren heute davon, dass viele Anbieter ihre Produkte inzwischen transparent nach Zuckergehalt und Süßungsart kennzeichnen. Daran zeigt sich, dass sich die Branche flexibel an die veränderten Erwartungen ihrer Kund:innen anpasst.
Gesundheit und Genuss in Einklang?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, freie Zucker auf höchstens zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr zu begrenzen. Wer also 2.000 Kilokalorien am Tag aufnimmt, sollte damit nicht mehr als rund 50 Gramm Zucker essen. Der Grund: Ein dauerhaft hoher Zuckerkonsum begünstigt Übergewicht, Karies und Stoffwechselerkrankungen.
Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe werden außerdem regelmäßig durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bewertet. Nach aktuellem Stand gelten sie bei einem normalen Konsum als sicher. Trotzdem bleibt die Skepsis groß. Viele Verbraucher:innen empfinden die „künstliche“ Süße als weniger vertrauenswürdig und bevorzugen daher natürliche Alternativen wie Honig oder Dattelsirup – auch wenn diese kaum kalorienärmer sind.
Entscheidend ist grundsätzlich die Balance, nicht der totale Verzicht. Studien zu dem Thema kommen zu dem Ergebnis, dass rund zwei Drittel der Befragten sogar bereit wären, für zuckerreduzierte Backwaren mehr zu bezahlen − aber nur, sofern Geschmack und Qualität stimmen. Diese Entwicklung bestärkt den Trend hin zu einer bewussten, aber genussorientierten Ernährung.
Die Zukunft der süßen Kunst
Der Markt für Back- und Konditoreiprodukte zeigt sich dynamisch. Die Hersteller testen immer wieder neue Rezepturen, die weniger Zucker enthalten, aber dennoch sensorisch überzeugen.
Ballaststoffe und pflanzliche Extrakte übernehmen dabei zunehmend die technischen Funktionen, die Zucker bislang erfüllte. Auch pflanzliche Süßungsmittel wie Agavendicksaft, Reissirup oder Kokosblütenzucker gewinnen an Bedeutung. Diese bringen zusätzlich individuelle Aromen und punkten mit einer nachhaltigen Herkunft.
Das Handwerk steht heute vor der Aufgabe, zwischen Tradition und Innovation zu vermitteln. Wer mit natürlichen Süßungsformen experimentiert, erweitert sein Repertoire und spricht ein anderes Publikum an. Dies erfordert jedoch Wissen, Geduld und Neugier – Tugenden, die den Beruf seit jeher prägen.