Eltern aufgepasst: Diese Kinderprodukte sind reine Geldverschwendung! Die Verbraucherzentrale Brandenburg warnt vor unnötigen Kinderlebensmitteln. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop erklärt die Hintergründe.

Welche wichtigen Tipps zu Kinderlebensmitteln gibt gerade Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB)?
Die Verbraucherzentrale rät aktuell besonders Eltern dazu, Werbebotschaften immer kritisch zu prüfen, denn: Es gibt jede Menge Kinderlebensmittel, „die die Welt nicht braucht“ Durch gezielte Marketingstrategien greifen Hersteller von Kinderlebensmitteln das Bedürfnis von Eltern auf, bei der Ernährung ihres Kindes alles richtig machen zu wollen. Unerwähnt bleibt jedoch, dass diese Produkte meist teurer, süßer oder schlicht unnötig sind. Die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) zeigt anhand verschiedener Produkte, was wirklich hinter den wohlklingenden Werbebotschaften steckt.
Ein Beispiel ist der „Kinder-Ketchup“, der nicht gesünder ist, sondern mehr Zucker bei höherem Preis liefert. „Gesüßt mit Agavendicksaft statt Zusatz von Kristallzucker“, so bewirbt ein Anbieter seinen Kinder-Ketchup. Doch ein Blick in die Nährwerttabelle zeigt: Der Kinder-Ketchup enthält mit 17 Gramm pro 100 Milliliter mehr Zucker als das Pendant für Erwachsene (13 Gramm pro 100 Milliliter) desselben Anbieters. „Bei der Werbung ‚gesüßt mit Agavendicksaft‘ handelt es sich lediglich um die Angabe der verwendeten Zuckerart. Allerdings sagt dies nichts darüber aus, wie viel Zucker das Produkt enthält“, erklärt Carola Clausnitzer, Ernährungsexpertin bei der VZB. Zucker bleibt Zucker. Außerdem kostet der Kinder-Ketchup dieses Anbieters sogar mehr als dessen Standard-Produkt.
Welche andere Produktgruppe verdeutlicht die „Cashcow Kinderlebensmittel“ noch sehr gut?
Das ist „Babywasser“ – einfach nur überflüssig und teuer. Mit der Botschaft „Durstlöscher für Säuglinge sowie für die Zubereitung von Babynahrung“ heben Hersteller von Babywasser die Besonderheit ihres Produkts hervor und schaffen damit eine teure Alternative zu ohnehin einwandfreiem Leitungswasser. Denn Babywasser kostet rund 170-mal mehr als Trinkwasser aus dem Hahn. „Das Geld können sich Eltern sparen und abgekochtes Wasser aus der Leitung ohne Bedenken für die Säuglingsernährung nutzen“, sagt die Ernährungsexpertin. In Deutschland wird das Trinkwasser streng kontrolliert und ist in bester Qualität so gut wie überall vorhanden.
Welche Tipps gegen übertriebene Werbung und unnütze Produkte gibt die VZB?
Nicht nur Eltern sollten Werbeversprechen stets kritisch hinterfragen. Bei verpackten Lebensmitteln lohnt sich dafür ein Blick auf die Zutatenliste und die Nährwerttabelle. Hier erfahren Verbraucher, wie ein Produkt tatsächlich zusammengesetzt ist. Ein Vergleich mit ähnlichen Produkten sowie das Einholen von unabhängigen Informationen kann zudem helfen, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen. Weitere unnötige Produkte mit vollmundigen Werbeversprechen, Fotos sowie detaillierte Expertenbewertungen finden interessierte Verbraucher bei der VZB.:
Brauchen Kinder irgendwelche „speziellen Kinderlebensmittel“ für eine ausgewogene Ernährung?
Sobald Kinder Zähne haben und kauen können, brauchen Sie keine speziellen ‚Kinderlebensmittel‘ mehr. Sie können und sollten all das essen, was wir Erwachsene auch essen – und zwar nur die Lebensmittel und Mahlzeiten, auf die sich freuen, weil sie sie gerne essen, weil sie ihnen schmecken und weil sie die Kinder richtig zufrieden satt machen. Kinderlebensmittel sind eine Erfindung der Marketingabteilungen von Lebensmittelherstellern.
Marketing spielt bei der Gestaltung und Vermarktung vermeintlicher Kinderlebensmittel die zentrale Rolle. Denn es geht dabei weniger um das Lebensmittel an sich, sondern um die Verpackung, die Geschichte, die putzigen Namen und besonders darum, ein Bedürfnis zu wecken. Und das geht am besten über die emotionale Bindung und/oder über Zusatzgeschenke in Form von Spielzeug oder Ähnlichem. Im Kind soll einerseits das Gefühl des „Haben-Wollens“ ausgelöst werden, weil es sich mit der Aufmachung, Präsentation, den Werbefiguren und -sprüchen emotional verbunden fühlt – und andererseits durch den „Wunschbooster Spielzeug“ dieser Wille noch weiter verstärkt wird. Diese „Doppel-Quengel-Phänomen“ kennen sicher alle Eltern.
Was sind gesündere Alternativen zu „Kinderlebensmitteln“, die im Supermarkt erhältlich sind?
Grundsätzlich ist eine Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel aus wissenschaftlicher Sicht weder möglich noch empfehlenswert. Daher lehnen auch die sieben großen ernährungswissenschaftlichen Fachorganisationen im deutschen Sprachraum DACH diese kategorische „Einteilung in gesund und ungesund“ unisono ab. Eltern sollten Kinder daher ruhig alles anbieten, auch mal ein Kinderlebensmittel. Die Basis einer gesunden Kinderernährung bilden jedoch frische Lebensmittel von hoher Qualität – und zwar innerhalb eines vielfältigen, abwechslungsreichen und ausgewogenen Speiseplans, der Mahlzeiten enthält, die den Kindern schmecken und die sie gerne essen.
Wie sollte man Kinder generell gesund ernähren?
Die Grundprinzipien richtiger Ernährung von Kindern sind schnell und einfach erklärt: Merken Sie sich dazu einfach die 3V: Vorleben, Vielfalt, Verfügbarkeit. Eltern sollten Vorleben, dass Essen etwas sehr Schönes ist. Darüber hinaus bieten Mama, Papa, Oma und Opa idealerweise immer Vielfalt zum Essen an – das heißt, im Haushalt ist immer abwechslungsreiches, gutes, frisches Essen verfügbar.
Auch sollte man Kinder immer Neues probieren lassen und sich freimachen vom schlechten Gewissen. Geben Sie Ihren Kindern, worauf sie Lust haben, was ihnen gut schmeckt und was sie gut vertragen. Seien Sie entspannt, wenn es ums Essen geht. Wenn Sie darüber hinaus noch diese fünf „Eckpfeiler“ richtiger Ernährung von Kindern beherzigen, dann basiert das Essverhalten Ihres Kindes auf einem soliden Fundament und es entwickelt ein natürlich-gesundes Essverhalten.
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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte.
Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ und „ERFOLGREICH ABNEHMEN“ (2. Auflage 2025)). Seit mehr als 15 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.
Kontakt: Uwe Knop auf LI
