Zwiebeln und Knoblauch – warum weinen und stinken wir? Nach dem Genuss frischen Knoblauchs reicht man lange danach, nicht aber nach Zwiebeln – dafür tränen hier dia Augen. Warum ist das so – und was tun?
Das kennt sicher jeder: Nach dem Genuss frischen Knoblauchs riecht man auch am nächsten Tag noch so stark, dass andere die Nase rümpfen – aber nicht nachdem man frische Zwiebeln gegessen hat, obwohl die Ausgangssubstanz in beiden Gemüsen gleich ist. „Dafür“ tränen einem die Augen beim Zwiebelschneiden, Wir gehen der Sache auf die Spur:
Die Hauptursache für den langanhaltenden Knoblauchgeruch, der oft noch am nächsten Tag wahrnehmbar ist, liegt in der speziellen chemischen Zusammensetzung und den Abbauprodukten, die im Körper entstehen. Obwohl sowohl Knoblauch als auch Zwiebeln Schwefelverbindungen und aus Alliinase-Enzymen enthalten, sind die resultierenden flüchtigen Substanzen und ihre Verstoffwechselung im Körper unterschiedlich.
Die Rolle von Alliin und Allicin
- Knoblauch: In einer unversehrten Knoblauchzehe liegt der geruchlose Stoff Alliin vor. Wird der Knoblauch geschnitten, gepresst oder gekaut, wird das Enzym Alliinase freigesetzt. Alliinase wandelt Alliin in die instabile, aber stark riechende Verbindung Allicin um. Allicin ist der Hauptverursacher des intensiven Knoblauchgeruchs. Was jedoch den Geruch am nächsten Tag erklärt, ist der weitere Abbau von Allicin. Allicin ist nicht sehr stabil und zerfällt im Körper in eine Vielzahl von flüchtigen, schwefelhaltigen Verbindungen, wie z.B. Diallyldisulfid, Diallyltrisulfid und insbesondere Allylmethylsulfid (AMS).
- Zwiebeln: Zwiebeln enthalten ebenfalls Alliinase, aber ihre Ausgangssubstanz ist anders. Sie haben eine andere chemische Vorstufe, Isoalliin. Beim Zerkleinern entsteht daraus nicht Allicin, sondern Propanthial-S-Oxid, eine Verbindung, die hauptsächlich für das Tränen beim Zwiebelschneiden verantwortlich ist. Diese und andere Schwefelverbindungen, die in Zwiebeln entstehen, werden vom Körper anders verstoffwechselt und sind nicht so beständig wie die Knoblauch-Abbauprodukte.
Der Weg durch den Körper und die Langzeitwirkung
Der entscheidende Unterschied liegt im Allylmethylsulfid (AMS), das beim Abbau von Knoblauch-Allicin im Körper entsteht.
- Aufnahme: Nach dem Verzehr von Knoblauch wird Allicin im Magen-Darm-Trakt aufgenommen und ins Blut abgegeben.
- Verteilung: Da AMS eine sehr stabile Verbindung ist, kann der Körper sie nicht leicht abbauen. Sie zirkuliert im Blutkreislauf und wird über verschiedene Wege wieder ausgeschieden.
- Ausscheidung: Die Ausscheidung erfolgt nicht nur über den Atem (Mundgeruch), sondern auch über die Poren der Haut und die Lunge. Genau das ist der Grund, warum der Geruch so hartnäckig ist und selbst am nächsten Tag noch über Schweiß und Atem wahrgenommen werden kann. Der Geruch kommt also nicht mehr nur aus dem Mund, sondern aus dem ganzen Körper.
Bei Zwiebeln fehlen diese speziellen, langlebigen Schwefelverbindungen. Die flüchtigen Stoffe, die den Zwiebelgeruch ausmachen, werden vom Körper schneller abgebaut oder über den Atem ausgeschieden, ohne sich nachhaltig im Blutkreislauf festzusetzen und über die Haut ausgedünstet zu werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Ausgangsstoffe und die Enzyme in Knoblauch und Zwiebeln sind zwar ähnlich, aber die chemischen Kettenreaktionen, die beim Zerkleinern und Verdauen ablaufen, führen zu fundamentalen Unterschieden in den resultierenden Schwefelverbindungen. Knoblauch produziert das langlebige Allylmethylsulfid (AMS), das über den Blutkreislauf im ganzen Körper verteilt und langsam über Lunge und Haut abgegeben wird, was den typischen, hartnäckigen „Knoblauchgeruch“ erklärt.
Was kann man gegen Knoblauchgeruch machen, was hilft wirklich?
Und wie vermeide ich das Augentränen beim Zwiebelschneiden?
Da sind sehr leidige, aber wohlbekannte Probleme! Die chemische Natur der Knolle und der Zwiebel machen es uns nicht leicht. Aber es gibt tatsächlich wirksame Methoden.
Was hilft wirklich gegen Knoblauchgeruch?
Der Schlüssel liegt darin, die verantwortlichen Schwefelverbindungen zu neutralisieren, bevor sie über den Blutkreislauf im ganzen Körper verteilt werden. Einfach nur die Zähne zu putzen, reicht daher oft nicht aus, da der Geruch auch über die Poren der Haut und die Lunge abgegeben wird.
Wirksame Methoden, die auf chemischen Reaktionen basieren:
- Rohe Äpfel, Salat oder Petersilie: Diese Lebensmittel enthalten Enzyme (Polyphenoloxidase und ähnliche), die die Schwefelverbindungen des Knoblauchs binden und neutralisieren können. Das Kauen von rohem Apfel oder frischer Petersilie während oder direkt nach dem Knoblauchverzehr kann die Geruchsbildung stark reduzieren.
- Milch: Fettreiche Milch kann die flüchtigen Schwefelverbindungen binden. Am besten trinken Sie ein Glas Milch, während Sie das Knoblauchgericht essen. Studien haben gezeigt, dass dies die Konzentration der geruchsverursachenden Stoffe im Atem deutlich senken kann.
- Zitronensaft: Die Säure in Zitronen hilft, die basischen Schwefelverbindungen zu neutralisieren. Ein Glas Zitronenwasser nach dem Essen kann den Mundgeruch mildern.
- Grüner Tee: Die im grünen Tee enthaltenen Polyphenole wirken ebenfalls neutralisierend auf die Schwefelverbindungen. Ein guter Tipp ist, grünen Tee zum Essen oder als Digestif zu trinken.
- Kaffee: Das Kauen von gerösteten Kaffeebohnen oder das Trinken von starkem Kaffee kann den Geruch überlagern und die Abbauprodukte in gewissem Maße binden.
Wichtig: Diese Methoden wirken am besten, wenn Sie sie unmittelbar nach dem Knoblauchkonsum anwenden, um die Stoffe abzufangen, bevor sie ins Blut gelangen.Aber: Nichts wirkt gesichert! Am besten testen.
So vermeiden Sie Augentränen beim Zwiebelschneiden
Das Problem sind die freiwerdenden Gase, die die Schleimhäute reizen. Das Ziel ist, die Gase gar nicht erst in die Augen gelangen zu lassen oder ihre Entstehung zu minimieren.
Konventionelle und unkonventionelle Methoden, die oft funktionieren:
- Sehr scharfes Messer: Dies ist der wichtigste und effektivste Tipp. Ein scharfes Messer schneidet die Zwiebelzellen sauber, anstatt sie zu zerdrücken. Dadurch werden deutlich weniger Enzyme und Gase freigesetzt.
- Kühlen Sie die Zwiebel: Legen Sie die Zwiebel für etwa 10-15 Minuten in den Kühlschrank oder kurz in das Gefrierfach. Die Kälte verlangsamt die chemische Reaktion, sodass die Gase langsamer freigesetzt werden.
- Arbeiten Sie unter Wasser: Schneiden Sie die Zwiebel in einer mit Wasser gefüllten Schüssel. Das Wasser löst die freigesetzten Gase sofort auf und verhindert, dass sie aufsteigen können.
- Lassen Sie Zugluft durch: Schneiden Sie die Zwiebel in der Nähe einer eingeschalteten Dunstabzugshaube oder eines offenen Fensters. Die Luftbewegung lenkt die Gase von Ihren Augen weg.
- Der „Kerzen-Trick“: Zünden Sie eine Kerze neben Ihrem Schneidebrett an. Die Flamme verbrennt die aufsteigenden Reizgase, bevor sie Ihre Augen erreichen. Eine wirklich amüsante und überraschend wirksame Methode!
- „Unkonventionelle“ Schutzausrüstung: Setzen Sie eine Schwimm- oder Taucherbrille auf. Das mag albern aussehen, ist aber extrem effektiv, da es eine physische Barriere zwischen Ihren Augen und den Gasen bildet.
Jede dieser Methoden hat ihre Befürworter. Die Kombination aus einem sehr scharfen Messer und einer der anderen Taktiken (z. B. Kühlung oder Zugluft) ist oft der beste Weg, um ohne Tränen zu schneiden.
PS: Pupsen müssen Sie nach dem Konsum von Knoblauch und Zwiebeln gleichermaßen – die Schwefelstoffe lassen anschließend nochmal ordentlich grüßen!
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Dieser Beitrag erschien im Original zuerst auf FOCUS online-Experte
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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (aktuell „ENDLICH RICHTIG ESSEN“ (Aug, 2024)). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.
Kontakt: Uwe Knop auf LI

