Mineralwasser-Skandal um Nestlé: EU-Prüfbericht kritisiert französische Behörden scharf

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foodwatch: „Nestlé-Skandal hätte genauso gut in Deutschland passieren können“

In einem Prüfbericht zum Mineralwasser-Skandal um den Lebensmittelkonzern Nestlé hat die Europäische Kommission die französischen Behörden scharf kritisiert. Das amtliche Kontrollsystem sei „nicht geeignet, um potenzielle Gesundheitsrisiken zu erkennen und zu beheben“, heißt es in dem Bericht. Die Kommission bestätigte zudem jüngste Medienberichte, wonach Nestlé jahrzehntelang verunreinigtes Wasser mit illegalen Methoden gefiltert und trotzdem als „natürliches Mineralwasser“ verkauft hat. Dieser Betrug könnte sich ohne Weiteres fortsetzen, weil das Kontrollsystem in Frankreich nicht darauf ausgelegt sei, betrügerische Praktiken in der Lebensmittelbranche aufzudecken oder im Vorfeld zu verhindern.

„Es ist noch schlimmer, als wir vermutet haben. Der Bericht entlarvt gefährliche Schwachstellen in unserem Lebensmittelkontrollsystem“, sagte Ingrid Kragl von foodwatch Frankreich.

Doch auch in Deutschland warnte foodwatch vor gefährlichen Lücken im System: Nach wie vor fehle es an Personal in den Behörden, und die Struktur der auf kommunaler Ebene organisierten Lebensmittelüberwachung sei problematisch: Die auf rund 400 Landkreise verteilten Behörden seien anfällig für Interessenkonflikte und würden nicht ausreichend und schnell genug miteinander kooperieren, so foodwatch. Vor allem aber seien auch die Behörden in Deutschland nach wie vor nicht dazu verpflichtet, immer alle Informationen über Kontrollen und Kontrollergebnisse von sich aktiv zu veröffentlichen, kritisierte die Organisation. Verbraucher:innen würden daher auch in Deutschland viel zu oft nur spät, unzureichend oder gar nicht von Verstößen erfahren. Im Fall Nestlé hatte die französische Lebensmittelbehörde zwar intern die französische Regierung schon vor Monaten vor möglichen Gesundheitsrisiken gewarnt – doch öffentlich wurde der Fall erst durch Medienrecherchen.

„Wir sollten uns nicht einbilden, dass Intransparenz und lückenhafte Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung ein rein französisches Problem sind: Der Nestlé-Skandal hätte wohl genauso gut auch in Deutschland passieren können“, sagte Andreas Winkler von foodwatch Deutschland.

Die EU-Kommission hat ihren Prüfbericht am gestrigen Mittwoch veröffentlicht, nachdem foodwatch gefordert hatte, den Umgang der französischen Behörden mit dem Skandal um illegal behandeltes Wasser in Flaschen, das in mehreren Ländern verkauft wurde, zu untersuchen. Die internationale Verbraucherorganisation hatte im Februar zudem Klage gegen Nestlé und den Mineralwasserhersteller Sources Alma in Frankreich eingereicht.

Der EU-Bericht weist auf „schwerwiegende Mängel bei der Umsetzung des Systems der amtlichen Kontrollen“ in Frankreich hin: mangelnde Kontrollen, unzureichende Zusammenarbeit der Behörden und fehlende wirksame Maßnahmen gegen Unternehmen. Zudem bleiben dem Bericht zufolge Zweifel, was die gesundheitliche Unbedenklichkeit betrifft: „Trotz der zahlreichen amtlichen Analysen waren die zuständigen Behörden nicht in der Lage, die Quellen der Kontamination, die Gründe für die Anwendung illegaler Behandlungen oder die Dauer dieser Behandlungen zu ermitteln. Dies deutet darauf hin, dass das amtliche Kontrollsystem nicht geeignet ist, mögliche Gesundheitsrisiken zu erkennen und zu beseitigen“.

Medienrecherchen hatten in den vergangenen Wochen enthüllt, dass Mineralwasserquellen in Frankreich mit Fäkalien, Escherichia Coli-Bakterien, PFAS und Pestiziden verunreinigt waren. Unternehmen wie Nestlé hatten das Wasser auf verbotene Weise gefiltert und weiter als „natürliches Mineralwasser“ verkauft – ein klarer Fall von Lebensmittelbetrug.

Nach der entsprechenden EU-Richtlinie muss „natürliches Mineralwasser“ bestimmten Kriterien entsprechen: Es ist von ursprünglicher Reinheit und stammt aus unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen. Bei der Herstellung und Verarbeitung von natürlichem Mineralwasser sind nur wenige Behandlungsverfahren erlaubt, nicht jedoch die von Nestlé angewendeten Methoden.

Quellen und zusätzliche Informationen:

Quelle: foodwatch