Wenn der Nikolaus kommt: Vorsicht bei Erdnussallergie!

Wenn der Nikolaus kommt, freuen sich alle Kinder auf Leckereien.

Schokolade, frische Mandarinen, knackige Nüsse. Doch für Kinder mit einer Erdnussallergie kann der Nikolausteller gefährlich sein – ihnen droht ein allergischer Schock.

Die Freude über den Nikolausstiefel ist groß – bei Kindern mit Erdnussallergie gilt das nur dann, wenn die Inhalte frei von Erdnüssen sind. © Adobe Stock / Irina Schmidt

Selbst wenn sie die Erdnüsse nicht essen, können schon Symptome auftreten [1]. Das Verzehren der Erdnüsse kann zudem schwerere Folgen haben, bis hin zu Atemnot und Kreislaufkollaps [2]. Dieser muss sofort als Notfall behandelt werden und kann lebensbedrohlich sein, warnt die Initiative „Leben mit Erdnussallergie“ [3]. Lehrer:innen, Erzieher:innen und Eltern sollten sich daher auf den Nikolaustag vorbereiten: fragen, ob ein Kind der Gruppe allergisch gegen Erdnüsse ist, Nasch-Alternativen bieten und andere Eltern informieren.

Eltern, Erzieher:innen in Kitas und Lehrkräfte sollten zu Nikolaus besonders auf Kinder mit einer Erdnussallergie achten: Erdnussallergene können überaus aggressiv sein und zu teils heftigen Symptomen führen. Diese können von Kribbeln im Rachen über geschwollene Lippen und Augenlider, Quaddeln und Hautausschlag bis zu Erbrechen und Durchfall reichen [4]. Schlimmstenfalls kann es zu Atemnot und Kreislaufkollaps kommen, dem sogenannten anaphylaktischen Schock. Wegen der möglichen Komplikationen kann das Leben mit einer Erdnussallergie im Alltag sehr belastend sein und auch psychische Folgen haben. Kinder können zum Beispiel nicht unbefangen Süßigkeiten essen und sich deshalb ausgegrenzt oder isoliert fühlen.

In einer Studie mit Erdnussallergiker:innen gaben fast alle Teilnehmer:innen – 91 Prozent – an, Angst davor zu haben, dass sie mit Erdnüssen im Essen konfrontiert werden, wenn sie ausgehen oder eingeladen werden. Fast die Hälfte, 45 Prozent, empfindet diese Angst auch, wenn es bei sozialen Anlässen gar kein Essen gibt [5]. Von Aktivitäten in Kindergarten, Schule oder Universität fühlten sich 25 Prozent ausgegrenzt, 10 Prozent bei der Arbeit, 24 Prozent von Gruppenaktivitäten oder gemeinsamen Urlauben. Ganze 65 Prozent fühlten sich wegen ihrer Erdnussallergie isoliert, davon 23 Prozent häufig oder sehr häufig. Fast die Hälfte gab an, schon einmal gemobbt worden zu sein, von diesen bezeichneten 10 Prozent die Auswirkungen des Mobbings als schwer [6]. Auch die Angst vor einem gefährlichen allergischen Schock verunsichert Kinder wie Erwachsene [7].

Erdnüsse sind oft versteckt

Wer eine festgestellte Allergie gegen Erdnüsse hat, muss nicht nur die Hülsenfrüchte selbst, sondern alle Produkte, die Erdnüsse oder Erdnussmehl enthalten, komplett meiden. Schon Mengen von wenigen Mikrogramm, also Spuren oder Staub von Erdnüssen, können schwere Symptome hervorrufen [2]. Doch Erdnüsse sind überall: Sie stecken in Schokoriegeln und Fertigsuppen; Erdnusspaste verfeinert Brotaufstriche und Soßen; Snacks, Flips oder Maisgebäck werden mit Erdnussmehl paniert. In der Advents- und Weihnachtszeit finden sie sich besonders oft in Gebäck.

Geröstet entfalten Erdnüsse einen stark nussigen Geschmack, sind aber billiger als Mandeln oder Haselnüsse. Das macht sie bei Herstellern zu einer beliebten Zutat – und so kann es vorkommen, dass die Bescherung böse endet: Zu Nikolaus und an Weihnachten ist die Gefahr groß, dass Kinder mit Erdnussallergie schwere allergische Symptome bis hin zum Schock bekommen, weil sie mit Erdnüssen konfrontiert wurden. Studien haben gezeigt, dass 60 Prozent der Kinder mit Erdnussallergie trotz aller Vorsichtsmaßnahmen innerhalb von fünf Jahren ungewollt Erdnüsse essen, Erdnussstaub einatmen oder anders mit Erdnussallergenen in Kontakt kommen. Dies geschieht über andere Kinder oder weil etwas gegessen wurde, in dem ohne Wissen der Betroffenen Erdnüsse steckten [8].

Bewusstsein für Erdnussallergie steigern

Wichtig ist es daher, dass Lehrkräfte und Erzieher:innen grundsätzlich über die möglichen Folgen der Erdnussallergie Bescheid wissen: Sie ist die häufigste Ursache für schwere Allergienotfälle und tödlichen Schock bei Nahrungsmittelallergien [2]. Zudem kommt die Allergie gegen Erdnüsse bei Kindern öfter vor als alle anderen Allergien gegen Lebensmittel, von hundert Kindern sind ein bis zwei betroffen [9]. Erwachsene sollten also vor Festen, Geburtstagen oder dem Nikolausbesuch fragen, ob ein Kind der Gruppe gegen Erdnüsse allergisch ist. Wenn ja, ist Erdnussbutter beim Schulfrühstück keine gute Idee und auf dem Nikolausteller sind Erdnüsse in jeder Form tabu, ob pur oder in Süßigkeiten versteckt. Die Tradition, dass der Nikolaus leckere Nüsse zum Knacken bringt, muss deshalb nicht aufgegeben werden: Kinder mit Erdnussallergie sind nicht automatisch allergisch gegen Mandeln, Hasel- und Walnüsse. Diese können also ins Nikolaussäckchen, vorher aber unbedingt nachfragen.

Hinweise auf der Verpackung: teils ungenügend

Zwar müssen Erdnüsse wegen der starken Allergiegefahr als Zutat von Herstellern auf der Packung gekennzeichnet und sogar besonders hervorgehoben werden. Das reicht aber oft nicht aus: Versehentlich können Erdnüsse und Erdnusspulver in Schokolade oder Kekse geraten, die eigentlich dort nicht hineingehören, sondern für ein anderes Produkt verwendet wurden. Grund: In einem Betrieb ist es oftmals schwer möglich, Maschinen oder Schläuche ganz von Erdnussresten zu reinigen. Laut Gesetz müssen Erdnüsse aber nur auf der Packung verzeichnet werden, wenn sie eine Zutat gemäß Rezept sind. Die Angabe „Kann Spuren von Erdnüssen enthalten“, weil in demselben Werk andere Produkte mit Erdnüssen verarbeitet wurden, ist freiwillig [10]. Für Betroffene bedeutet das einige Unsicherheit, sie sollen genau auf die Packungen schauen und notfalls bei einzelnen Herstellern nachfragen, empfiehlt der Deutsche Allergie- und Asthmabund [11].

Gibt es eine Therapie gegen Erdnussallergie?

Die Pille, die eine Erdnussallergie wieder verschwinden lässt, gibt es nicht: Erdnussallergie ist nicht heilbar. Die meisten Betroffenen sind schon als Kind allergisch, die Allergie wächst sich später nur bei einem Fünftel der Patient:innen aus. So leiden rund 80 Prozent aller Menschen, die als Kinder gegen Erdnüsse allergisch waren, auch als Erwachsene darunter [12]. Wie bei vielen Allergien kann aber Gewöhnung die Symptome lindern. Dann wird der Stoff, gegen den der Körper sich wehrt, in winzigen Mengen gegeben. Diese Behandlung, im Fachjargon „Desensibilisierung“ genannt, ist von anderen Allergiearten bekannt: Bei Heuschnupfen spritzen Dermatolog:innen zum Beispiel eine minimale Dosis an Gräserpollen in die Haut, bei einer Allergie gegen Hausstaubmilben enthält die Spritze allergieauslösende Eiweiße der Milben. Mit der Zeit soll das überaktive Immunsystem die Reize tolerieren und weniger stark reagieren. Das Prinzip gilt auch für die Erdnussallergie: Verschiedene Forschergruppen arbeiten an Mitteln, die das allergene Eiweiß der Erdnuss enthalten und zum Beispiel als Tablette oder über die Haut verabreicht werden können [13]. Ein erstes orales Medikament wurde mittlerweile zugelassen.

Quellen

1. Deutscher Allergie- und Asthmabund Deutscher Allergie- und Asthmabund DAAB. https://www.daab.de/ernaehrung/nahrungsmittel-allergien/ausloeser/uebersicht/erdnuesse/. Letzter Abruf: 11.11.2022. sowie https://www.daab.de/blog/2021/06/erdnussallergie-reaktionen-durch-luft-und-hautkontakt/ ergänzt am 17.11.2022.

2. BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung, https://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/erdnuesse-5221.html. Letzter Abruf: 11.11.2022.

3. https://www.leben-mit-erdnussallergie.de/, s. a. Referenz: Pumphrey. Lessons for management of anaphylaxis from a study of fatal reactions. Clin Htmlent Glyphamp Asciiamp Exp Allergy 2000;30(8):1144–50.

4. ECARF – Gemeinnützige europäische Stiftung für Allergieforschung https://www.ecarf.org/info-portal/allergien/erdnussallergie/. Letzter Abruf: 11.11.2022.

5. Schnadt, S., Zeitler, S., Ryan, R. et al. Studie Allergy to Peanuts imPacting Emotions And Life (APPEAL). Monatsschr Kinderheilkd (2020).

6. APPEAL-Studie 1, Teil B – DunnGalvin A, Blumchen K, Timmermans F, et al. APPEAL‐1: A multiple country European survey assessing the psychosocial impact of peanut allergy. Allergy 2020;75 (11):2899–2908.

7. APPEAL-Studie 2, DunnGalvin A, Gallop K, Acaster S, et al. APPEAL‐2: A pan‐European qualitative study to explore the burden of peanut‐allergic children, teenagers and their caregivers. Clin Exp Allergy 2020;50(11):1238–48.

8. Leek TK, Liu AH, Stefanski K, et al. The natural history of peanut allergy in young children and its association with serum peanut-specific IgE. J Pediatr. 2000 Dec;137(6):749-55.

9. Nwaru BI, et al. Prevalence of common food allergies in Europe: a systematic review and meta-analysis. Allergy 2014; 69(8):992-1007.

10. Verbraucherzentrale, aus https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/
lebensmittel/ernaehrung-fuer-senioren/hilfe-lebensmittelallergie-48887
. Letzter Abruf: 11.11.2022.

11. DAAB – Deutscher Allergie- und Asthmabund https://www.daab.de/ernaehrung/nahrungsmittel-allergien/ausloeser/uebersicht/erdnuesse/. Letzter Abruf: 11.11.2022.

12. Cannon HE. The economic impact of peanut allergies. Am J Manag Care. 2018 Oct;24(19 Suppl):S428-S433. PMID: 30427646.

13. ECARF – Gemeinnützige europäische Stiftung für Allergieforschung, https://www.ecarf.org/impfung-gegen-erdnuss-allergie/. Letzter Abruf 17.11.2022

Leben mit Erdnussallergie ist eine Initiative der Aimmune Therapeutics Germany GmbH, München. Gemeinsam mit Betroffenen, Patientenorganisationen, Wissenschaftler:innen und Ärzt:innen setzt sie sich für die Bedürfnisse von Erdnussallergiker:innen und gegen die Stigmatisierung durch ihre Krankheit ein. Das Ziel ist der offene Dialog und ein gegenseitiges Verständnis von Betroffenen und Nichtbetroffenen. www.leben-mit-erdnussallergie.de.

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Quelle: Aimmune Therapeutics