Ein Fest für die Oecotrophologie: Universität Gießen und Berufsverband feiern gemeinsam Jubiläum

Die Wiege der Oecotrophologie liegt in Gießen. Vor 60 Jahren startete an der Justus-Liebig-Universität der Vorlesungsbetrieb des Studiengangs Diplom-Oecotrophologie.

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Zehn Jahre später gründeten 22 Studierende sowie Absolventinnen und Absolventen an diesem Ort den heutigen Berufsverband der Oecotrophologen (VDOe). Dieses 110-jährige Doppeljubiläum wurde Mitte Oktober 2023 gefeiert. „Wir werfen heute einen Blick auf den Ursprung, die Entwicklung und die Herausforderungen der Oecotrophologie“, so eröffneten die Moderatorinnen und Oecotrophologinnen Eva Zovko, Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung, und Jana Dreyer von der Dr. Rainer Wild-Stiftung das Programm.

Der Studiengang Oecotrophologie sei für die Universität Gießen eine Erfolgsgeschichte, hob Dekan Professor Dr. Klaus Eder die Bedeutung des Studiengangs in seinem Grußwort hervor. Rund ein Viertel der Neuimmatrikulationen entfallen seit 15 Jahren auf die beiden Fachrichtungen Ernährungswissenschaften und Oecotrophologie. Damit zähle der Fachbereich zu den Aushängeschildern der Universität.

„In vielen unterschiedlichen Berufszweigen haben sich Oecotrophologen aufgrund ihrer breit gefächerten Kompetenzen bewährt und darauf können wir stolz sein“, resümierte Dr. Silke Lichtenstein in ihrem Grußwort als Vorstandsvorsitzende des VDOe. Die Tätigkeitsfelder sind vielfältig und reichen von der Qualitätssicherung und Produktentwicklung über Ernährungsberatung und -therapie bis hin zu Marketing und Journalismus.

„Das Besondere an der Oecotrophologie ist, dass sie Natur- und Sozialwissenschaften verbindet und einen ganzheitlichen Blick auf Ernährungs- und Versorgungssysteme ermöglicht“, würdigte Dr. Margareta Büning-Fesel, Präsidentin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, in ihrer Laudatio die Stärken der Oecotrophologie. Mit ihrem ganzheitlichen Blick, so Büning-Fesel, seien Oecotrophologinnen und Oecotrophologen besonders gut dafür ausgebildet, an der Lösung aktuell brennender Themen wie dem Klimawandel und der Ernährungstransformation mitzuwirken.

Den Aufbau und die Entwicklung des Diplom-Studiengangs an der Universität Gießen in den ersten dreißig Jahren zeichnete die emeritierte Professorin Dr. Ingrid-Ute Leonhäuser nach. Der Studiengang hatte ursprünglich das Ziel, Hauswirtschaftslehrerinnen für die Berufsbildung in der Agrarverwaltung auszubilden. Die heute vielfältigen Wahlmöglichkeiten für die Studierenden der Ernährungswissenschaften und Oecotrophologie stellte Professorin Dr. Wencke Gwozdz vor: Die Studierenden könnten sich je nach Interesse aus mehr als hundert Modulen ihr eigenes Studienprofil zusammenstellen; von der landwirtschaftlichen Produktion und ihren Umweltauswirkungen über die Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln bis hin zu sozialen und politischen Aspekten der Ernährung. Das ermöglicht eine ganzheitliche Perspektive auf das Ernährungssystem, um die gegenwärtigen gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen.

Was haben wir gelernt, und was packen wir in unseren Rucksack für die Reise in die Zukunft? Prof. Dr. Hannelore Daniel, TU München emeritiert, und Prof. Dr. Stefan Wahlen von der JLU Gießen tauschten sich zu dieser Frage aus. „Oecotrophologie ist noch viel zu wenig Wissenschaft“, so die Kritik von Daniel. Sie plädiert für die Ausbildung von Menschen, die den Werkzeugkasten der Wissenschaft zukünftig selbst benutzen können. Wahlen betont, dass sich ein Wandel von der Multi- zur Interdisziplinarität weiter vollziehen müsse.

Quelle: Ute Gomm, www.bzfe.de