Nutri-Score sollte für alle Hersteller von verarbeiteten Lebensmitteln vorgeschrieben sein

Anpassung beim Kennzeichnungs-Algorithmus: Prof. Dr. Erika Graf von der Frankfurt UAS beurteilt das Label aus Verbraucher*innensicht.

nutri-score.jpgVom grünen A bis zum roten E – der Nutri-Score (NuS) soll als Label auf Lebensmittelverpackungen Nährwerte auf einen Blick vergleichbar machen und zu einer gesunden Ernährung beitragen. Seit dem 31.12.2023 gilt nun eine veränderte Berechnungsmethode für die freiwillige Lebensmittelkennzeichnung. So werden Getränke mit künstlichen Süßstoffen und Lebensmittel mit einem vergleichsweise hohen Salzgehalt schlechter eingestuft. Prof. Dr. Erika Graf von der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) begrüßt dies. „Es ist eine gute Sache, dass aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur gesunden Ernährung hier Berücksichtigung finden. Das merzt auf jeden Fall einige Unzulänglichkeiten des Nutri-Scores aus“, so die Professorin für Internationale Betriebswirtschaftslehre. Insgesamt erleichtere der Nutri-Score aber schon jetzt die Auswahl gesünderer Produkte: „Trotz aller Kritik zeigt sich in wissenschaftlichen Studien: Der Nutri-Score hat eine positive Wirkung auf das Einkaufsverhalten und hilft bei der Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas in Europa.“ Als Expertin beschäftigt sich Graf mit verbrauchernahen Fragestellungen der Nachhaltigkeit. Wer 2024 einkauft, profitiert aber nicht unbedingt vom neuen Algorithmus. Bis Ende 2025 gilt eine Übergangsfrist für herstellende Unternehmen.

Eingeführt wurde der Nutri-Score in Deutschland offiziell im Jahr 2020. Er vergleicht ähnliche Lebensmittelprodukte anhand bestimmten Nährwertfaktoren. Die Kennzeichnung ist freiwillig für Lebensmittelunternehmen. „Gegner*innen argumentieren etwa, dass die Methodik irreführend ist, zu stark vereinfacht und teilweise für Verbraucher*innen zu verwirrenden Ergebnissen führt. Wenn Backofen-Pommes und TK-Pizzen die Bestnote A erhalten, könnte man daraus schließen, dass es gesund ist, sich ausschließlich mit diesen Lebensmitteln zu ernähren“, erklärt Graf. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, regt sie eine stärkere Erklärung des Labels an. „Zum Beispiel könnte ein QR-Code auf der Verpackung oder am Regal zu einem Informationsvideo auf der Seite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft führen, in dem die Grundlagen zum Nutri-Score erklärt werden.“

Ungünstig sei die Tatsache, dass die Kennzeichnung für Lebensmittelhersteller freiwillig ist. „Laut einem Marktcheck[1] der Verbraucherzentralen aus dem Jahr 2022 trugen 40 Prozent der untersuchten Lebensmittel den Nutri-Score. Der Grundgedanke der Vergleichbarkeit wird dadurch beeinträchtigt. Der Nutri-Score sollte statt auf freiwilliger Basis einheitlich für alle Hersteller von verarbeiteten Lebensmitteln vorgeschrieben werden.“

Sollte es zur verpflichtenden Einführung kommen, seien Langzeitstudien sinnvoll, um zu überprüfen, inwieweit die Nährwertkennzeichnung die erhofften positiven Effekte auf die Gesundheit habe.

Quelle: Frankfurt University of Applied Sciences