Italiens Gesetz zum Verbot von kultiviertem Fleisch könnte nicht durchsetzbar sein

Italien hat ein Gesetz zum Verbot von kultiviertem Fleisch erlassen, bevor sich die EU-Kommission oder die Mitgliedstaaten dazu äußern konnten, ob der Gesetzentwurf gegen Vorschriften zum europäischen Binnenmarkt verstößt.

Laut Europäischer Kommission kann dieser Bruch von Verfahrensvorschriften dazu führen, dass das beschlossene Gesetz nicht durchgesetzt werden kann.
Das Good Food Institute Europe appelliert an die italienische Regierung, sich nun einer faktenbasierten Debatte zu öffnen.

Die Europäische Kommission hat bestätigt, dass Italien gegen eine wichtige Verfahrensvorschrift verstoßen hat, indem es sein Gesetz zum Verbot von kultiviertem Fleisch beschlossen hat, bevor die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission Gelegenheit hatten, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Die Kommission hat das sogenannte TRIS-Verfahren im Hinblick auf das Gesetz eingestellt.

Mit dem Gesetz will Italien die Erzeugung und Vermarktung von kultiviertem Fleisch verbieten und zudem die Verwendung von Begriffen wie Salami oder Steak für pflanzenbasierte Produkte untersagen. Dabei sieht das Gesetz Geldstrafen von bis zu 60.000 Euro für jeden Verstoß vor.

Das TRIS-Verfahren ist eine EU-Transparenzrichtlinie. Sie soll sicherstellen, dass im EU-Binnenmarkt keine neuen regulatorischen Hindernisse aufgebaut werden. Das TRIS- Verfahren sieht vor, dass Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission zu Gesetzentwürfen Stellung nehmen können, die von einzelnen Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht werden und den europäischen Binnenmarkt behindern können, bevor dieser Entwurf von dem jeweiligen nationalen Parlament verabschiedet werden kann.

Die italienische Regierung hat das Gesetz jedoch verabschiedet, bevor die Kommission oder andere Mitgliedstaaten die Auswirkungen des Vorhabens bewerten konnten, obwohl innerhalb der Union Einwände erhoben wurden. Da das italienische Gesetz erst nach seiner Verabschiedung im italienischen Parlament in das TRIS-Verfahren eingebracht wurde, sah sich die Kommission gezwungen, das Verfahren mit dem Hinweis einzustellen, dass gegen das Verfahren verstoßen wurde und dass nationale Gerichte das Gesetz für nicht vollstreckbar erklären könnten.

Durch dieses Vorgehen riskiert die italienische Regierung, dass ihr Gesetz zum Verbot von kultiviertem Fleisch und zur Verwendung von vertrauten Bezeichnungen für pflanzliche Alternativen gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht durchsetzbar ist.

Die italienische Regierung hat die Ankündigung der Kommission zunächst falsch interpretiert und behauptet, diese habe die Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Binnenmarkt bestätigt. Johanna Bernsel, Sprecherin der EU-Kommission für den Binnenmarkt, stellte jedoch nun bei einem Pressebriefing klar: „Die Einstellung des TRIS-Verfahrens erfolgt, weil das Gesetz unter Verletzung der aufschiebenden Bedingungen der TRIS-Verordnung verabschiedet wurde”.

Allerdings gehen die Bedenken über die Rechtmäßigkeit des Gesetzes über reine Verfahrensfragen hinaus, da das Gesetz gegen das EU-Vorsorgeprinzip und die italienische Verfassung verstoßen könnte.

Ivo Rzegotta, Senior Public Affairs Manager beim Good Food Institute Europe:
„Die italienische Regierung wollte kultiviertes Fleisch so schnell wie irgend möglich verbieten. Aber wie die Kommission nun festgestellt hat, ist das Ergebnis dieses Vorgehens, dass das Gesetz nun nicht durchsetzbar sein könnte: Wenn ein Unternehmen die EU-Zulassung erhalten sollte und mit dem Verkauf von kultiviertem Fleisch in Italien beginnt, könnten alle Bemühungen, dies zu stoppen, vor Gericht abgewiesen werden. Die italienische Regierung sollte diese neue Entwicklung für einen Kurswechsel nutzen: Dies ist eine Gelegenheit, um sich einer ausgewogenen und faktenbasierten Diskussion zu öffnen, in der auch Wissenschaftler und Experten eine Stimme bekommen, die bislang in der italienischen Debatte nicht zu Wort gekommen sind.”

Quelle: GFI