3-Monochlorpropandiol (3-MCPD), 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD) und deren Fettsäureester sowie Glycidyl-Fettsäureester sind hitzebedingte Kontaminanten in Lebensmitteln. Die Substanzen wurden in zahlreichen erhitzten Lebensmitteln, zum Beispiel in bestimmten (fettreichen) Backwaren, Säuglingsnahrung und Speisefetten und-ölen nachgewiesen. Freies 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) bzw. freies 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD) kann entstehen, wenn fett- und gleichzeitig salzhaltige Lebensmittel im Herstellungsprozess hohen Temperaturen ausgesetzt werden. Die estergebundenen Formen, also 2-MCPD-, 3-MCPD- sowie Glycidyl-Fettsäureester entstehen nach heutigem Wissensstand vor allem bei der Raffination pflanzlicher Fette und Öle, also bei Wärmebehandlungen zum Zweck der Reinigung und Veredlung.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat auf Basis aktueller Gehaltsdaten und der verfügbaren Verzehrdaten zu diesen Lebensmitteln die Gesamtexposition (Gesamtaufnahme über diese Lebensmittel) gegenüber diesen Verbindungen für die relevanten Bevölkerungsgruppen abgeschätzt und hinsichtlich ihres gesundheitlichen Risikos bewertet.
Für 3-MCPD und seine Fettsäureester ergibt sich für erwachsene Normal- und Vielverzehrer auf Grundlage der durchgeführten Expositionsschätzung keine Überschreitung des von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleiteten Werts für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (Tolerable Daily Intake; TDI). Ein erhöhtes gesundheitliches Risiko ist für diese Bevölkerungsgruppe daher nicht zu erwarten. Im Gegensatz dazu wurde für Kinder und für Säuglinge eine z. T. deutliche Überschreitung des TDI festgestellt. Ein erhöhtes gesundheitliches Risiko bei langfristigem Verzehr ist daher für diese Bevölkerungsgruppen möglich.
Für 2-MCPD und seine Fettsäureester ist eine Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken aufgrund derzeit noch fehlender toxikologischer Daten nicht möglich.
Glycidol bzw. seine estergebundene Form wirken genotoxisch-kanzerogen. Für die Risikocharakterisierung wird daher der international etablierte MOE (Margin of Exposure) – Ansatz verwendet. Der MOE wird als Quotient aus einem geeigneten toxikologischen Referenzpunkt und der Exposition gegenüber der Substanz beim Menschen berechnet und zur Priorisierung der Dringlichkeit von Risikomanagementmaßnahmen herangezogen. (1) Als Referenzpunkt wird im konkreten Fall der aus den Daten einer Langzeitstudie mit Versuchstieren ermittelte T25 (die chronische Dosis, bei der bei 25 % der Versuchstiere innerhalb ihrer Lebensspanne Krebs in einem bestimmten Gewebe entsteht) von 10,2 mg/kg KG und Tag herangezogen. In diesem Fall wird ein MOE von 25.000 oder höher mit Blick auf die öffentliche Gesundheit als wenig bedenklich angesehen und stellt somit eine niedrige Priorität für Risikomanagementmaßnahmen dar.
Für Erwachsene ergeben sich in den meisten Verzehrszenarien der durchgeführten Expositionsschätzung Aufnahmemengen an gebundenem Glycidol, die zu MOE-Werten über 25.000 führen.
Ein Szenario für Vielverzehrer von Bratfetten mit hohen Gehalten an gebundenem Glycidol führt allerdings zu Aufnahmemengen, die in einem MOE-Wert von 15 131 resultieren. Für Kinder und Säuglinge ergeben sich in verschiedenen Verzehrszenarien (Normal- sowie Vielverzehrer) z. T. MOE-Werte von ebenfalls deutlich unter 25 000. Bei ausschließlich mit Säuglingsnahrung ernährten Säuglingen, die nur Säuglingsnahrung mit hohen Gehalten an gebundenem Glycidol verzehren, liegt der MOE bspw. mit etwa 2 900 um etwa Faktor 10 niedriger. Ein erhöhtes gesundheitliches Risiko durch die chronische Aufnahme erscheint daher für bestimmte Bevölkerungsgruppen möglich.
Das BfR empfiehlt, die Gehalte an 2-MCPD und 3-MCPD und ihren Fettsäureestern sowie die Gehalte an estergebundenem Glycidol in Lebensmittelgruppen, die verstärkt von Kindern (Donuts/Berliner, Margarinen/Pflanzencremes) und insbesondere von Säuglingen (Säuglingsnahrung) verzehrt werden, weiter zu senken. Dies gilt insbesondere für Säuglingsnahrung, da es für nicht gestillte Säuglinge keine Ernährungsalternative gibt.
1) Sowohl der aus Tierstudien abgeleitete Referenzpunkt als auch die MOE-Werte sind keine gesundheitsbasierten Richtwerte. Der MOE dient vielmehr der Priorisierung von Risikomanagementmaßnahmen. Die Schlussfolgerung, dass eine Gesamtaufnahmemenge bei einem MOE von 25.000 oder höher hinsichtlich möglicher Krebsrisiken „wenig bedenklich“ sei, ist aus toxikologischer Sicht nicht mit „unbedenklich“ gleichzusetzen, da auch bei Aufnahmemengen in diesem Bereich gesundheitliche Risiken nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Daher gilt generell die Empfehlung, die Exposition gegenüber genotoxisch-kanzerogen wirkenden Substanzen so weit zu minimieren, wie dies vernünftigerweise erreichbar ist (ALARA-Prinzip: as low as reasonably achievable).
Quelle: BfR