Bericht aus dem Europäischen Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel 2019.
Mehr als 4.000 Meldungen wurden 2019 über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) ausgetauscht – so viele wie nie zuvor. Der Nachweis von Salmonellen war dabei der häufigste Grund für Meldungen im Schnellwarnsystem, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin mitteilte. Auch Nahrungsergänzungsmittel wurden oft aufgrund von verbotenen Inhaltsstoffen oder einer überhöhten Wirkstoffdosierung, wie im Fall von Produkten mit Rotschimmelreis, beanstandet. Ebenfalls mithilfe des Schnellwarnsystems konnten im vergangenen Jahr bittere Aprikosenkerne mit einer stark gesundheitsschädlichen Menge an Blausäure vom Markt entfernt werden.
Das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) schützt die Verbraucher seit über 40 Jahren. Über das RASFF informieren sich die Staaten der Europäischen Union und assoziierte Länder gegenseitig über potentiell gesundheitsgefährdende Lebensmittel, Futtermittel und Lebensmittelkontaktmaterialien wie Verpackungen, Geschirr oder Besteck. Die entsprechenden Produkte können so schnellstmöglich vom Markt genommen werden. 2019 wurden 4.012 Meldungen über das Behördennetzwerk ausgetauscht. Das waren rund 10 % mehr als im Jahr zuvor.
Salmonellen Hauptgrund für Meldungen
2019 hatten 1.029 aller RASFF-Meldungen einen Bezug zu Deutschland, d. h. das dazugehörige Produkt wurde entweder in Deutschland hergestellt oder nach Deutschland geliefert. Wie bereits im Jahr zuvor stellten „Obst und Gemüse“ (12 %) sowie „Nüsse, Nusserzeugnisse und Samen“ (11 %) die am häufigsten gemeldeten Produktkategorien mit Bezug zu Deutschland dar. Mit insgesamt 94 Meldungen (9 %) folgt an dritter Stelle die Kategorie „Kräuter und Gewürze“. Gegenüber dem Vorjahr stieg in dieser Produktkategorie die Zahl der Meldungen um rund 170 %.
Dieser starke Anstieg beruht vor allem auf einer hohen Anzahl von Grenzzurückweisungen von schwarzem Pfeffer aus Brasilien aufgrund des Nachweises von Salmonellen. Schwarzer Pfeffer aus Brasilien unterliegt seit Januar 2019 speziellen Vorschriften bei der Einfuhr in die Europäische Union und muss seither häufiger auf Salmonellen kontrolliert werden. An den EU-Außengrenzen (Häfen, Flughäfen, Straßen) abgewiesene Lieferungen werden im RASFF als Grenzzurückweisungen gemeldet, um zu verhindern, dass dieselben Lieferungen über eine andere Grenzstelle in die EU importiert werden.
Mit mehr als jeder fünften Meldung stellten positive Salmonellenbefunde in Lebensmitteln oder Futtermitteln im vergangenen Jahr den Hauptgrund für RASFF-Meldungen dar. Auch in Bezug auf Deutschland war in 33 % der Fälle das Vorhandensein von unerwünschten Mikroorganismen wie Salmonellen, Listerien oder Escherichia coli der häufigste Grund für eine Meldung. An zweiter Stelle folgte wie im Vorjahr der Nachweis von Schimmelpilzgiften. Hier waren es vor allem Aflatoxine, die in Feigen und Nüssen aus Ägypten und der Türkei nachgewiesen wurden.
Die Türkei ist nach Deutschland auch das in den RASFF-Meldungen mit Deutschlandbezug am häufigsten genannte Herkunftsland (11 %), gefolgt von Polen (8 %) und den Niederlanden (7 %). Die Meldungen zu Lebensmitteln und Futtermitteln aus China haben im vergangenen Jahr hingegen abgenommen.
Blausäure in bitteren Aprikosenkernen
Manchmal sind auch toxisch wirkende Konzentrationen natürlicher Inhaltsstoffe der Grund für Meldungen im Schnellwarnsystem – etwa im Fall bitterer Aprikosenkerne. Obwohl wissenschaftlich fundierte Beweise für eine heilende oder vorbeugende Wirkung fehlen, werden diese von unseriösen Onlinehändlern oft als gesundheitsfördernder Snack oder gar als Heilmittel gegen Krebs angepriesen. Dabei enthalten Aprikosenkerne hohe Mengen des natürlichen Inhaltstoffs Amygdalin, der bereits beim Kauen und während der Verdauung zu toxischer Blausäure umgesetzt wird und so zu schweren Vergiftungen mit Atemlähmungen bis hin zum Tod führen kann.
Die EU hat daher vor drei Jahren einen Höchstgehalt für Blausäure in Aprikosenkernen, die an Endverbraucher verkauft werden, festgelegt. Dennoch werden weiterhin bittere Aprikosenkerne mit deutlich über den Höchstgehalt liegenden Blausäuregehalten in den Verkehr gebracht. Allein im letzten Jahr wurden elf solcher Fälle über das RASFF gemeldet.
Besonders brisant ist hierbei, dass einige Händler die für den menschlichen Verzehr nicht geeigneten Aprikosenkerne im Onlinehandel als Saatgut deklarieren und damit versuchen, die lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu umgehen. In einem konkreten Fall wurde dabei eine bis zu 90-fache Überschreitung des zulässigen Blausäurehöchstgehaltes festgestellt. Das entsprechende Onlineangebot musste folglich entfernt und eine Produktwarnung veröffentlicht werden.
Rotschimmelreis in Nahrungsergänzungsmitteln
Seit Jahren steigt die Anzahl der über das Europäische Schnellwarnsystem geteilten Meldungen zu Nahrungsergänzungsmitteln, die rechtlich gesehen zur Gruppe der Lebensmittel gehören. Allein 2019 nahm die Anzahl der Meldungen um 33 % gegenüber dem Vorjahr zu. Der wichtigste Beanstandungsgrund in dieser Produktgruppe war das Vorhandensein von nicht zugelassenen Substanzen, z. B. von Arzneistoffen. Auch die Überschreitung von gesetzlichen Höchstgehalten führte oft zu einer Beanstandung.
Eine Problematik, die im vergangenen Jahr wiederholt über das RASFF kommuniziert wurde, ist die überhöhte Aufnahme des cholesterinsenkenden Stoffes Monacolin K aus Nahrungsergänzungsmitteln. Monacolin K kommt natürlicherweise in Rotschimmelreis vor und ist in Aufbau und Wirkung identisch mit dem Wirkstoff Lovastatin, welcher in rezeptpflichtigen Arzneimitteln und somit ausschließlich unter ärztlicher Kontrolle Verwendung findet. Mögliche Nebenwirkungen, die für Lovastatin bekannt sind, können ebenfalls durch Monacolin K hervorgerufen werden.
Nahrungsergänzungsmittel enthalten oft stark variierende Dosierungen dieses Stoffes, sodass es für den Verbraucher kaum möglich ist, eine definierte Monacolinmenge aufzunehmen, die als gesundheitlich unbedenklich gilt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt daher aufgrund erheblicher gesundheitlicher Sicherheitsbedenken, Nahrungsergänzungsmittel mit Rotschimmelreis nicht zu verzehren.
Das BVL als nationale Kontaktstelle
Als nationale RASFF-Kontaktstelle erhält das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) alle Meldungen des Schnellwarnsystems. Ist ein gesundheitsgefährdendes Produkt nach Deutschland gelangt, so prüft das BVL die Meldung und leitet sie an die zuständigen Überwachungsbehörden in den Bundesländern weiter.
Vor Ort treten die Behörden an die betroffenen Unternehmen heran. Alle erforderlichen Maßnahmen – z. B. ein öffentlicher Rückruf – werden eingeleitet, damit das Produkt schnellstmöglich vom Markt genommen und somit die Verbraucher geschützt werden können.
Stellt sich währenddessen heraus, dass noch weitere Staaten mit dem Produkt beliefert wurden, so wird dies ebenfalls über das RASFF kommuniziert. Zusätzlich zu der eigentlichen Meldung werden auch weiterführende Informationen zu Vertriebswegen und Analyseergebnissen über das Netzwerk geteilt.
Neben der Europäischen Kommission, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) sind inzwischen 32 Staaten Mitglieder des RASFF-Netzwerks, darunter sämtliche EU-Mitgliedstaaten sowie Großbritannien, Norwegen, die Schweiz, Liechtenstein und Island als assoziierte Staaten. Für Deutschland stellt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als nationale Kontaktstelle 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche den Informationsaustausch sicher.
Weiterführende Informationen:
- Grafiken zu den Meldungen im RASFF (mit Bezug zu Deutschland) 2019
- Das RASFF im Video
- Europäische Schnellwarnsysteme
- EU-Kommission zum RASFF
- BfR-Stellungnahme zu Nahrungsergänzungsmitteln mit Rotschimmelreis
Quelle: BVL