Rukwied: Getreide- und Rapsernte unter dem Durchschnitt.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) rechnet in diesem Jahr mit einer Getreideernte von 42,4 Millionen Tonnen. Damit bleibt die Getreideernte rund zwei Millionen Tonnen bzw. knapp fünf Prozent hinter dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 in Höhe von 44,4 Millionen Tonnen zurück. Die Winterrapsernte beziffert der DBV auf 3,3 Millionen Tonnen. Dies geht aus der abschließenden Erntebilanz des Deutschen Bauernverbandes hervor, welche auf Daten aus den Landesbauernverbänden basiert. „Die diesjährige Getreideernte fällt insgesamt zum wiederholten Male unterdurchschnittlich aus, mit extremen regionalen Unterschieden. Das Jahr 2020 war vielerorts das dritte, durch Wetterextreme geprägte Jahr, was einige Betriebe in ihrer Existenz gefährdet. Wir brauchen deshalb dringend eine Stärkung der einzelbetrieblichen Risikovorsorge durch staatlich unterstützte Mehrgefahrenversicherungen und die Einführung einer steuerlichen Gewinnrücklage“, fordert der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied.
„Die Erträge fallen je nach Niederschlagsverteilung und Bodengüte selbst kleinräumig sehr unterschiedlich aus. Je nach Region müssen die Betriebe aufgrund von massiver Trockenheit, Nachtfrösten im Mai oder massenhaftem Auftreten von Mäusen erneut deutliche Ernteeinbußen verkraften. Auch die tierhaltenden Betriebe leiden wegen der Trockenheit wieder einmal an einem zu geringen Grundfutteraufkommen“, erläutert Präsident Rukwied. So hat die Hitze und Trockenheit im August zwar einen zügigen Fortgang der Getreide- und Rapsernte ermöglicht, die im Herbst zu erntenden Kulturen wie Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben, die sich noch in der Ertragsbildung befinden, leiden dagegen zunehmend unter dem Wassermangel. „Auch für die bevorstehende Rapsaussaat werden dringend Niederschläge benötigt, damit die Saat überhaupt keimen kann.“
Der Durchschnittsertrag über alle Getreidearten entspricht mit sieben Tonnen pro Hektar dem Mittel der Jahre 2015 bis 2019. Allerdings fällt die Getreideanbaufläche mit knapp 6,1 Millionen Hektar knapp 240.000 Hektar bzw. vier Prozent kleiner aus als im langjährigen Durchschnitt.
Für die einzelnen Kulturen legt der DBV die folgende Bilanz vor:
Winterweizen ist die bedeutendste Getreideart im deutschen Ackerbau. Allerdings fällt der Rückgang der Anbaufläche zur diesjährigen Ernte besonders drastisch aus. Nach der vorläufigen Bodennutzungshaupterhebung des Statistischen Bundesamtes wurde Winterweizen zur Ernte 2020 auf einer Fläche von weniger als 2,8 Millionen Hektar angebaut. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang von fast 300.000 Hektar. Im Bundesdurchschnitt wurde ein Ertrag von 7,6 Tonnen pro Hektar erzielt, womit der Vorjahresertrag in Höhe von 7,5 Tonnen pro Hektar um 2,5 Prozent übertroffen wird. Auf Basis der aktualisierten Anbaufläche ergibt sich eine Erntemenge von 21,1 Millionen Tonnen (Vorjahr: 22,8 Millionen Tonnen).
Der Anbau von Wintergerste erfolgte auf einer Fläche von 1,3 Millionen Hektar. Damit fällt die Anbaufläche ebenfalls kleiner aus als im Vorjahr (knapp 1,4 Millionen Hektar). Der Ertrag liegt im Bundesdurchschnitt bei 6,7 Tonnen pro Hektar (Vorjahr: 7,2 Tonnen pro Hektar), woran sich deutlich zeigt, dass die Ertragsbildung der Wintergerste durch die Trockenheit im März und April sowie durch die Nachtfröste im Mai, welche regional sogar zu Totalausfällen bei der Wintergerste und daher zur vorzeitigen Ernte als Ganzpflanzensilage führten, beeinträchtigt wurde. Da das Statistische Bundesamt auch bei der Wintergerste von einer nochmals geringeren Anbaufläche ausgeht, beträgt die Erntemenge 8,8 Millionen Tonnen (Vorjahr: 9,8 Millionen Tonnen).
Die Anbaufläche von Winterroggen fällt mit 634.000 Hektar erneut überdurchschnittlich aus (2015 bis 2019: 577.000 Hektar). Allerdings ist davon auszugehen, dass die Roggenfläche nicht vollständig zur Körnergewinnung genutzt wurde, sondern aufgrund der absehbaren Futterknappheit vorab als Ganzpflanzensilage gehäckselt wurde. Folglich ist die Erntemenge von 3,5 Millionen Tonnen Winterroggen eher eine rechnerische Größe als eine dem Markt zur Verfügung stehende Erntemenge. Die Roggenerträge liegen mit 5,5 Tonnen pro Hektar sieben Prozent oberhalb des mehrjährigen Durchschnitts von 5,1 Tonnen pro Hektar.
Sommergerste wurde auf einer Fläche von 367.000 Hektar angebaut, d. h. der Anbau wurde gegenüber dem Vorjahr um 10.000 Hektar ausgedehnt. Die Erträge erreichen im Bundesmittel wie in der letztjährigen Ernte 5,1 Tonnen pro Hektar. Folglich liegt die Erntemenge bei 1,9 Millionen Tonnen (Vorjahr: 1,8 Millionen Tonnen). Da Sommergerste bei Erreichen der geforderten Qualitätsparameter wie Proteingehalt und Vollgerstenanteil als Braugerste Verwendung findet, zeigen sich an den Erzeugerpreisen für Braugerste die Folgen der Corona-Pandemie. Die vorrübergehende Schließung der Gastronomie und die Absage von Großveranstaltungen haben den Bierabsatz verringert und somit auch die Nachfrage nach Braugerste. Daher liegen die Erzeugerpreise für Braugerste mit aktuell 163 Euro pro Tonne rund 20 Euro pro Tonne unterhalb des Vorjahrespreises.
Die wichtigste Ölpflanze im deutschen Anbau ist Winterraps. Zur Ernte 2020 wurde Raps auf einer Fläche von 954.000 Hektar angebaut. Gegenüber der Vorjahresfläche von 853.000 Hektar entspricht dies einer Flächenausweitung von 12 Prozent. Das Fünf-Jahresmittel von 1,2 Millionen Hektar wird jedoch deutlich verfehlt. Die Rapserträge liegen mit 3,5 Tonnen pro Hektar leicht über dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 in Höhe von 3,4 Tonnen pro Hektar. Allerdings erhöhen fehlende Bekämpfungsmöglichkeiten wichtiger Rapsschädlinge das Ertragsrisiko und haben den gleitenden mehrjährigen Durchschnittertrag kontinuierlich sinken lassen. Die Rapsernte fällt mit 3,3 Millionen Tonnen zwar deutlich besser aus als im Vorjahr (2,8 Millionen Tonnen), bleibt aber wegen der verhältnismäßig geringen Anbaufläche 20 Prozent hinter dem mehrjährigen Durchschnitt von 4,1 Millionen Tonnen zurück.
Durch die geringen Erntemengen in Verbindung mit wenig zufriedenstellenden Preisen sind viele landwirtschaftliche Betriebe in einer wirtschaftlich angespannten Situation. Mit dem steigenden Angebot aus der Ernte sind die Erzeugerpreise für Brotweizen im Bundesdurchschnitt auf 162 Euro pro Tonne (Juni 2020: 173 Euro pro Tonne) zurückgegangen. Auch wenn die EU-27 mit 282 Millionen Tonnen (2019: 294 Millionen Tonnen) deutlich weniger Getreide und vor allem deutlich weniger Weichweizen (2020: 117 Millionen Tonnen, 2019: 131 Millionen Tonnen) einfahren wird, stehen die Erzeugerpreise durch die zu erwartende komfortable Versorgung des Weltmarktes und die starke Konkurrenz an den Exportmärkten unter Druck.
Schließlich haben die Europäische Union und das Vereinigte Königreich in den ersten sechs Wochen des laufenden Wirtschaftsjahres nur 978.000 Tonnen Weichweizen exportiert. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, in dem 2,5 Millionen Tonnen Weichweizen ausgeführt wurden, ist dies ein Rückgang um 61 Prozent.
Grafiken Erntebilanz + Positionspapier Mehrgefahrenversicherung
Quelle: Baunerverband