Zunehmend werden Produkte als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht, die Curcumin bzw. Curcuminoide mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten. Oft ist fraglich, unter welche rechtlichen Regelungen diese Produkte fallen.
Die Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen hat geprüft, wie Erzeugnisse, die Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten und als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht werden, einzustufen sind. Das Ergebnis: Es fehlen ausreichende Belege einer pharmakologischen Wirkung für eine Einstufung als Funktionsarzneimittel. Ob es sich um ein neuartiges Lebensmittel handelt und wie die Lebensmittelsicherheit zu bewerten ist, muss von den zuständigen Behörden im Einzelfall geprüft werden.
Curcuminoide sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die aus dem Wurzelstock (Rhizom) verschiedener Curcuma-Arten, z. B. Curcuma longa, gewonnen werden. Hauptbestandteil der Curcuminoide ist Curcumin. Curcuminoiden und insbesondere Curcumin werden auf Grundlage laborexperimenteller Forschungsergebnisse eine Reihe gesundheitsfördernder Wirkungen zugeschrieben. Allerdings weist Curcumin nach oraler Aufnahme eine schlechte systemische Bioverfügbarkeit auf, d. h. der menschliche Körper kann über die Ernährung zugeführtes Curcumin schlecht aufnehmen.
Zunehmend werden Produkte auf den Markt gebracht, die Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten. Zur Erhöhung der Bioverfügbarkeit wird eine Vielzahl von Verfahren angewendet, z. B. die Zugabe von Piperin, Mizellierung von Curcuminoiden oder auch nanotechnologische Verfahren. Mit Hilfe dieser Verfahren soll die Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt sowie die Stabilität gegenüber der Verstoffwechselung im Körper erhöht werden. Tatsächlich gibt es Belege dafür, dass mit verschiedenen dieser Verfahren eine höhere systemische Verfügbarkeit von Curcuminoiden bzw. deren Stoffwechselprodukten erzielt werden kann.
Für die stoffliche Einstufung von Produkten, die Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten, müssen verschiedene regulatorische Aspekte berücksichtigt werden. Als Nahrungsergänzungsmittel müssen solche Produkte den Vorgaben des Lebensmittelrechts entsprechen. Somit dürfen sie keine Eigenschaften eines Arzneimittels aufweisen, müssen zugelassen werden, falls sie neuartig sind, und sie müssen sicher sein. Vor diesem Hintergrund hat die Gemeinsame Expertenkommission in ihrer Stellungnahme den aktuellen wissenschaftlichen und regulatorischen Stand zu Curcumin-haltigen Produkten zusammengefasst. Den zuständigen Behörden der Lebensmittel- und Arzneimittelüberwachung wird eine Empfehlung für das Vorgehen bei der Einstufung entsprechender Produkte zur Verfügung gestellt.
Die Gemeinsame Expertenkommission sieht zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Grundlage für eine Einstufung von Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit als Funktionsarzneimittel. Sowohl für natives Curcumin als auch für Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit konnten bisher die in Laborexperimenten gefunden Hinweise auf eine mögliche therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend durch klinische Studien bestätigt werden. Damit fehlen Belege für eine pharmakologische Wirkung im Sinne der rechtlichen Regelungen. Weiterhin ist eine Einstufung von Produkten, die Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten, als traditionelles pflanzliches Arzneimittel nicht möglich. Diese Produkte entsprechen nicht den Kriterien der Monographie zum Rhizom von Curcuma longa L. des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (Committee on Herbal Products, HMPC).
Auf die Frage, ob es sich um ein neuartiges Lebensmittel handeln könnte, stellt die Gemeinsame Expertenkommission fest, dass keine Curcumin-haltigen Zubereitungen mit verbesserter Bioverfügbarkeit vor dem 15. Mai 1997 innerhalb der Europäischen Union in nennenswertem Umfang verzehrt wurden. Damit ist das erste notwendige Kriterium für die Einstufung als neuartiges Lebensmittel nach der Verordnung (EU) 2015/2283 in jedem Fall erfüllt. Komplexer ist die Beurteilung, ob die ebenfalls notwendige Zuordnung zu einer der in Verordnung (EU) 2015/2283 genannten Kategorien erfolgen kann.
Die Stellungnahme gibt eine Übersicht, welche Kategorien hier in Frage kommen. Die Gemeinsame Expertenkommission ist dabei der Auffassung, dass die Zuordnung aufgrund der Heterogenität der spezifischen Herstellungsverfahren im Einzelfall geprüft werden sollte. Beispielsweise kann nanopartikuläres Curcumin, das der Definition für nanotechnologisch hergestellte Materialien in Verordnung (EU) 2015/2283 entspricht, als neuartiges Lebensmittel eingestuft werden. Bisher wurde für kein entsprechendes Produkt ein Antrag auf Zulassung als neuartiges Lebensmittel gestellt.
Als Ausgangspunkt für die Einstufung als sicheres Lebensmittel greift die Gemeinsame Expertenkommission auf die durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) abgeleitete akzeptable tägliche Aufnahmemenge (acceptable daily intake, ADI) zurück. Dieser ADI-Wert beträgt 3 mg pro kg Körpergewicht am Tag und wurde für den Lebensmittelfarbstoff E 100 abgeleitet, bei dem es sich um einen spezifischen, Curcumin-haltigen Extrakt handelt.
Die Gemeinsame Expertenkommission stellt fest, dass der ADI-Wert für E 100 nicht ohne weiteres auf Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit übertragen werden kann. Die Verbesserung der Bioverfügbarkeit führt zu einer für die Sicherheitsbewertung relevanten Erhöhung der systemischen Exposition mit Curcumin. Da außerdem das Niveau der Bioverfügbarkeit zwischen den verschiedenen Herstellungsverfahren stark schwankt, empfiehlt die Gemeinsame Expertenkommission die Sicherheit Curcumin-haltiger Produkte mit verbesserter Bioverfügbarkeit im Einzelfall zu bewerten. Die Gemeinsame Expertenkommission weist allerdings darauf hin, dass bei der Tagesdosierung von Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit der ADI für E 100 in keinem Fall überschritten werden sollte.
Die Gemeinsame Expertenkommission besteht neben Behördenvertretern aus anerkannten, behördenexternen Wissenschaftlern, die in ihren Entscheidungen unabhängig sind. Die Geschäftsstelle wird gemeinsam vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geleitet.
Quelle: BVL