Ein Trend in der Babyernährung heißt: Baby led weaning, eine vom Baby geführte Entwöhnung von der Muttermilch.
Dem Baby werden Lebensmittel in mundgerechten Stücken angeboten und es wird dabei weiterhin gestillt bis es am Familientisch mitessen kann. Doch was ist dran an der neuen Beikost? Ist sie gut für Babys? Hat der klassische Babybrei ausgedient?
Der Ernährungsfahrplan – die klassische Beikost
Seit Jahrzehnten prägt das klassische Beikostschema in den ersten 12 Monaten die Ernährung von Babys. Der Ernährungsfahrplan für das erste Lebensjahr des Forschungsdepartments für Kinderernährung liefert hier einen guten Überblick. Dabei bekommt ein Baby frühestens ab dem 5. Lebensmonat nach und nach den Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei, den Milch-Getreide-Brei und den Obst-Getreide-Brei bis es gegen Ende des ersten Lebensjahres an den Familienmahlzeiten teilhaben kann.
Die Breie des Ernährungsfahrplanes sind ernährungsphysiologisch aufeinander abgestimmt, was die Nährstoffversorgung des Babys mit allen notwendigen Nährstoffen für seine immense Entwicklung im ersten Lebensjahr sichert. Dieses Essschema gibt den Eltern Sicherheit, dass sich ihr Baby gut entwickeln und satt werden kann.
Fingerfood statt Brei
Neben dieser klassischen Beikostform wird das Baby led weaning, das von der britischen Hebamme G. Rapley entwickelt wurde, immer beliebter. Anstelle der Breie werden dem Baby ungefähr 8 bis 10 cm lange Stücke gekochter, aber auch bissfester Lebensmittel wie Gemüse, Fleisch, Obst, Brot und Käse angeboten. Es entscheidet selbst, wieviel und was es davon isst. Das Baby kann die Lebensmittel auf diese Weise mit allen Sinnen erfahren. Die Eltern begleiten das Essen dabei ausschließlich, füttern also nicht. Sie sollten sich für die Mahlzeiten mit den Kindern Zeit nehmen und das Baby niemals unbeaufsichtigt essen lassen. Das nachträgliche Aufräumen nimmt zusätzlich Zeit in Anspruch.
Die beim Baby led weaning gegessene Menge reicht dem Baby zum Sattwerden bis etwa zum neunten Monat nicht aus. Muttermilch oder Säuglingsmilch bleibt daher bis zur Vollendung des 1. Lebensjahres die Hauptnahrungsquelle für das Baby.
Die späte Beikosteinführung beim Baby led weaning, die in der Regel mit 7 Monaten oder sogar später beginnt, ist für die Kinder von Nachteil. Denn damit steigt das Risiko für eine unzureichende Energie- und Nährstoffversorgung.
Nährstoffe für Mama und Kind
Kritische Nährstoffe bei ausschließlicher Beikost mit Fingerfood sind die Mineralstoffe Kalzium und Eisen, die teilweise aus Fleisch sowie Milch und Milchprodukten aufgenommen werden, deren Hauptquelle jedoch die Muttermilch oder Säuglingsmilch bleibt. Gleiches gilt auch für Fettsäuren.
Darum ist das Stillen bzw. das Füttern der Säuglingsmilch bis mindestens zum Ende des ersten Lebensjahres so wichtig. Dessen sollten sich Eltern bewusst sein, vor allem die Mütter von Stillkindern. Um das Kind mit ausreichend Muttermilch und Nährstoffen zu versorgen, ist eine ausgewogene Ernährung für stillende Mutter wichtig.
Die Mischung macht’s
Baby-led-weaning-Kinder sind es früh gewöhnt, am Familientisch mitzuessen und in die Familienmahlzeiten integriert zu sein. Sie bekommen frühzeitig ein vielfältiges Angebot an Lebensmitteln, was die Akzeptanz für neue Lebensmittel erleichtert. Bei mit Brei gefütterten Kindern dauert der Übergang zum Familienessen manchmal etwas länger. Der große Aufwand beim Baby led weaning ist für viele Familien im alltäglichen Leben schwer realisierbar. Die Kombination von Breigabe und einem Angebot an Fingerfood praktizieren viele Familien, da es gut und praktisch umsetzbar ist und das Baby mit allem versorgt, was es für ein gesundes Aufwachsen benötigt.
Und egal ob ein Kind Brei oder Stückchen bekommt: Essen nach Bedarf und auf Sättigungssignale, wie das Wegdrehen des Kopfes oder Beenden des Essens, zu achten, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Dies stärkt die Selbstregulation beim Baby und prägt für das ganze Leben.
Die Aufgabe der Eltern ist es, ein ausgewogenes und vielfältiges Essensangebot in einer entspannten Essatmosphäre zu gewährleisten und dabei das Kind verantwortungs- und liebevoll zu begleiten.
Autorin: Andrea Knörle-Schiegg
Quelle: Landeszentrum für Ernährung an der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) www.landeszentrum-bw.de