Nicht jedes Kakaoprodukt darf Schokolade heißen

Kakao
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„Kakao. Sonst nada“: So bewirbt die Alfred Ritter GmbH & Co. KG ihr neuestes Produkt, das aussieht wie Schokolade.

Die Zutaten stammen alle aus der Kakaopflanze: Dass das Produkt trotzdem nicht Schokolade heißen darf, hat das Unternehmen in einer Pressemitteilung bemängelt – und damit einen PR-Coup gelandet. Doch was steckt eigentlich dahinter?

Nur mit Zucker ist ein Kakaoprodukt auch „Schokolade“

Laut Kakaoverordnung ist Schokolade ein Produkt aus Kakaoerzeugnissen und Zuckerarten, das mindestens 35 Prozent Kakaotrockenmasse enthält. Auch der Mindestanteil an Kakaobutter und fettfreier Kakaomasse ist festgelegt, nicht jedoch der Zuckeranteil. Diese Zusammensetzung und Mindestgehalte sollen die typischen Eigenschaften von Schokolade garantieren: den süßen Geschmack sowie die typische, zart schmelzende Konsistenz.

Welche Zuckerarten in Schokolade zulässig sind, ist in der Verordnung nicht explizit aufgeführt. Laut der Kakaoverordnung sind auch andere Zuckerarten zulässig als die in der Zuckerartenverordnung aufgeführten Erzeugnisse. Beispiele hierfür wären Laktose oder Maltose. Davon zu unterscheiden sind süßende Zutaten wie Honig oder Fruchtsüße. Sie bestehen nicht aus einer Zuckerart, sondern aus verschiedenen Zuckern, anderen Nährstoffe, geschmacksgebenden Inhaltsstoffen und Wasser. Diese sind in der Kakao-Verordnung für Schokolade nicht erwähnt und daher nicht erlaubt.

Kakaofruchtsaft als neuartiges Lebensmittel zugelassen

Das neue Produkt von Ritter Sport enthält neben üblichen Zutaten wie Kakaomasse, Kakaobutter und fettfreiem Kakao aus der Kakaobohne zusätzlich Saft aus Kakaofruchtfleisch. Im Gegensatz zur Kakaobohne ist die Kakaofrucht in der EU bislang kein übliches Lebensmittel und gilt deshalb als „neuartig“. In zwei Formen sind Kakaofruchterzeugnisse inzwischen zugelassen:

  1. Fruchtfleisch, Saft und konzentrierter Saft aus der Kakaofrucht. Diese Zutat kann zum Süßen dienen, ist aber kein Zucker. Fruchtfleischsaft der Kakaofrucht ist für den süßen Geschmack der neuen Ritter-Sport-Tafel verantwortlich, die 25 Prozent Zucker enthält.
  2. „Zucker aus dem Fruchtfleisch der Kakaopflanze“. Das kann Saccharose (herkömmlicher Zucker), Fruchtzucker oder Traubenzucker sein. Diese Zuckerarten sind unserer Rechtsauffassung nach auch für „Schokolade“ geeignet.
    Davon zu unterscheiden sind die typischen Zutaten „Kakao“ und „Kakaobutter“ in Schokolade. Sie stammen nicht aus der Frucht des Kakaobaums, sondern aus deren Samen, den Kakaobohnen.

Neue Erzeugnisse: 100 % Kakao und süßende Zutaten

Ritter Sport ist nicht der erste Hersteller, der Tafeln aus 100 Prozent Kakao anbietet. Andere Schokoladenanbieter bezeichnen ihre 100-Prozent-Kakao-Produkte beispielsweise als „Bio Edel Bitter 100% Cacao“ oder schlicht als „Kakaoerzeugnis“. Da diese Produkte aber keinen Zucker enthalten, sondern ausschließlich Kakaobestandteile aus dem Samen der Kakaofrucht, schmecken diese Tafeln nicht süß, sondern leicht bitter.

Andere Anbieter experimentieren mit Kakaoprodukten, die mit Dattelsüße oder Kokosblütenzucker gesüßt sind. Auch diese Produkte dürfen nicht als Schokolade bezeichnet werden.

Einschätzung der Verbraucherzentrale

Rechtsvorschriften sind aus unserer Sicht sehr wichtig, denn sie garantieren Verbrauchern eine Mindestqualität und schützen vor Irreführung. Doch der Lebensmittelmarkt entwickelt sich ständig weiter, und nicht immer können die Rechtsvorschriften mit Produktinnovationen Schritt halten. Daher ist es wichtig, sie regelmäßig anzupassen.

Süßende Lebensmittel wie Fruchtsüßen werden bereits seit längerem im Handel angeboten und in Lebensmitteln eingesetzt. Diese Zutaten sollten auch in der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Zucker-Alternativen wie Honig oder Dattelpulver können aber gegebenenfalls den Geschmack und die Konsistenz – und damit die Qualität – von Schokolade verändern. Dies müsste der Gesetzgeber bei Anpassungen der Verordnung im Auge behalten.

Die Kakao-Verordnung steht Produktinnovationen aber auch derzeit nicht im Wege – wie der Fall der Ritter-Sport-Tafel zeigt. Es geht bei den Diskussionen um die Verordnung nicht um Verkaufsverbote, sondern um die korrekte Kennzeichnung der neuen Produkte.

Quelle: vzbv