Expertise, Transparenz und Objektivität für klimagesunde Ernährungsempfehlungen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) hat den öffentlichen Kommentierungsprozess für die Überarbeitung der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen (food-based dietary guidelines, FBDG) gestartet. Er läuft bis zum 23. April 2023. Die methodische Vorgehensweise für die Ableitung stellt die DGE in einem breiten Beteiligungsprozess zur Diskussion. Die Fachgesellschaft setzt dabei auf sachverständige Kommentare von Expert*innen, die transparent berücksichtigt werden: „Wir gehen hier einen neuen Kommunikationsweg bei der Erarbeitung der für Deutschland gültigen lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen wie dem DGE-Ernährungskreis oder den 10 Regeln der DGE für eine vollwertige Ernährung“, sagt DGE-Präsident Prof. Dr. Bernhard Watzl „Denn uns ist wichtig, dass beispielsweise die Praxis ihre Sichtweise einbringen kann – das muss aber klar nachvollziehbar sein.“ Damit orientiert sich die Fachgesellschaft an internationalen Standards zu öffentlichen Konsultationen wie beispielsweise der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Zukünftig werden zusätzlich zu Ernährungs- und Gesundheitsaspekten auch ökologische Nachhaltigkeitskriterien wie Treibhausgas-Emissionen berücksichtigt. „Das ist bei den komplexen Herausforderungen an das Ernährungssystem insbesondere in Bezug auf Umweltauswirkungen von großer Bedeutung“, hebt Watzl hervor. Dr. Johanna Conrad, Leiterin des DGE-Referates Wissenschaft ergänzt: „Durch eine andere Systematik können Aspekte der verschiedenen Zieldimensionen Gesundheit, Umwelt und Soziales gleichzeitig und objektiv vereinbart werden. Denn die Ableitung erfolgt nun mittels eines mathematischen Optierungsmodells statt wie bisher vorrangig durch Expert*inneneinschätzung auf Basis einer adäquaten Nährstoffzufuhr und systematischer Reviews zu Lebensmittel-Gesundheitsrelationen.“ Das ist für die Ableitung von Ernährungsempfehlungen in Deutschland neu. „Unsere Disziplin bekommt auch deshalb einen anderen Stellenwert für die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen wie dem Klimawandel“, erläutert Conrad.
Der Schwerpunkt der neu entwickelten Methodik der FBDG liegt zwar auch auf der Optimierung des Verzehrs von Lebensmittelgruppen, die mit der Entstehung ernährungsmitbedingter Krankheiten verbunden sind. Gleichzeitig sollen aber mit den zukünftigen aktualisierten Ernährungsempfehlungen Umwelt- und Klimaeffekte mitberücksichtigt werden. Perspektivisch können Ernährungsempfehlungen auf diese Weise sowohl auf individueller als auch auf Bevölkerungsebene abgeleitet werden.
Im Rahmen der Konsultation eingebrachte und entstandene Inhalte konsolidiert die DGE-Arbeitsgruppe „Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen“ und bezieht diese in den weiteren Prozess zur Erarbeitung der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen ein. Alle Kommentare samt Interessenserklärungen inklusive zugehörigem Tätigkeitsbereich und Unternehmen bzw. Organisation macht die DGE einschließlich einer Stellungnahme öffentlich. Um ein Höchstmaß an Integrität und Transparenz zu gewährleisten, müssen Expert*innen, die sich an diesem Prozess beteiligen, alle Umstände offenlegen, die zu einem potenziellen Interessenskonflikt führen könnten. Mit dem innovativen Prozess zu den FBDG setzt die DGE Aspekte aus dem Papier „Perspektiven für die Ernährungsforschung 2022“ um. Die Weiterentwicklung von Ernährungsempfehlungen und der Einsatz neuer Technologien und Data Science-Ansätze sind zwei von sieben drängenden Themenfeldern für eine zukunftsorientierte und interdisziplinäre Ernährungsforschung, die so ihren Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten kann. Die DGE erstellt die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Weitere Informationen: www.dge.de/fbdg
Quelle: DGE