Erntebericht 2023

Bundesminister Cem Özdemir hat am 28. August den Erntebericht 2023 in Berlin vorgestellt. Damit gab er das erste vorläufige Ergebnis der diesjährigen Raps- und Getreideernte bekannt. Özdemir betonte, dass die Folgen der Klimakrise Ernten zum Lotteriespiel machen.

Extremwetter als Normalzustand – Klimaschutz und Klimaanpassung sichern Ernten

Landwirtschaft ist „Draußenwirtschaft“. Sie ist im höchsten Maße abhängig von Klima und Wetter. Letzteres fuhr 2023 vielerorts in Deutschland Achterbahn: Auf ein recht kaltes und nasses Frühjahr folgten ein trockener Frühsommer und zu viele Niederschläge während der Erntezeit. Regional wüteten Unwetter mit Starkregen, Sturm oder Hagel.

Die Wissenschaft weist darauf hin, dass infolge der globalen Erhitzung extreme Wetterlagen häufiger werden und es zu regionalen Verschiebungen kommt. Unwägbarkeiten und Schwankungen – und damit verbunden mehr Extremwetterereignisse – sind das „neue Normal“. Die Landwirtschaft und mit ihr Politik, Wissenschaft und Gesellschaft stehen vor der Aufgabe, sich an diese neuen Herausforderungen anzupassen sowie den Ursachen der Klimakrise entschieden entgegenzutreten, um künftige Ernten zu sichern.

Ernte bei Getreide und Raps insgesamt voraussichtlich leicht unter dem Durchschnitt von 2022

Auch die Anbausaison 2023 war vom Wetter mit seinen regionalen Besonderheiten geprägt. Vor allem der Süden und Osten Deutschlands erlebte im Frühsommer eine starke Trockenheit. Im Mai setzte auch nordöstlich der Elbe in der ersten Monatshälfte die Austrocknung der obersten 30 Zentimeter des Bodens ein – dadurch gerieten die Sommerungen wie Sommerweizen, Sommergerste und Hafer, aber auch die in diesem Jahr spät ausgesäten Zuckerrüben und Maispflanzen unter Trockenstress.

Ab Mitte Juni war es dagegen im Norden und Westen in einigen Regionen sehr nass – mit Extremwetter wie Starkregen, Orkanen und Hagel. Wer dann im Nordwesten unterwegs war, erlebte, wie die Kornfeuchte zum Taktgeber der Ernte wurde. Denn der regnerische Juli und die nasse erste Augusthälfte zwangen die Mähdrescher zum Warten. Mitte August musste es dann schnell gehen, um das Korn möglichst trocken und in entsprechender Menge und Qualität einfahren zu können.

Das blieb nicht ohne Folgen für die Ernte. In einigen Regionen ließ der späte Niederschlag die Höfe inmitten der Erntesaison sprichwörtlich „im Regen stehen“ – das Korn keimte zum Teil am Halm, teilweise war eine Ernte gar nicht mehr möglich. Die Berichte weisen aus diesem Grund auf geringere Qualitäten bei einem Teil des Backweizens hin. Das führt auch für die Landwirtinnen und Landwirte zu Ertrags- und Einkommenseinbußen. Anderenorts gelang die Anpassung an die Wetterkapriolen besser. So ernten die Landwirtinnen und Landwirte derzeit ausreichend Getreide und Ölsaaten, um unsere Versorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Trotzdem liegt die Ernte bei Getreide und Raps insgesamt voraussichtlich leicht unter dem Durchschnitt zum vorherigen Jahr. Und auch die regional deutlich schwankenden Ergebnisse wirken sich auf das Gesamtergebnis aus.

Klimaanpassungsstrategien werden immer wichtiger

Die Ernte zeigt nachdrücklich die Aufgabe, vor der wir stehen: Klimaschutz und Klimaanpassung weiter voranzutreiben, um die Ernten von morgen zu sichern. Ein stellenweise nasser und kühler Sommer kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erde heißer wird, Wetterextreme zunehmen und damit die Landbewirtschaftung erschwert wird. Landwirtschaft ist Mitverursacher der Klimakrise (knapp 8 Prozent der gesamten klimaschädlichen Emissionen in Deutschland gehen auf sie zurück). Ganz ohne Emissionen ist die Produktion von Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen nicht möglich. Ziel ist aber, den Ausstoß zu reduzieren, wo immer es möglich ist. Landwirtschaft ist damit auch bedeutender Teil der Lösung. Sie kann unter anderem durch ressourcen- und bodenschonende Wirtschaftsweise erheblich dazu beitragen, das Klima zu schützen. Auch die Wiedervernässung von Moorböden ist aktiver Klimaschutz, hier kann wichtiger Kohlenstoff gebunden werden.

Wir müssen die Landwirtschaft gemeinsam klimafest machen, damit wir auch in 20, 30 oder 50 Jahren sichere Ernten einfahren.

Bundesminister Cem Özdemir

Zugleich werden Klimaanpassungsstrategien immer wichtiger. Anpassungsmaßnahmen müssen aufgrund der sehr unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten sehr differenziert ausfallen. Wichtige Maßnahmen sind erweiterte Fruchtfolgen mit mehr Leguminosen, um das Ertragsrisiko zu diversifizieren, oder ein verbessertes Wassermanagement durch zum Beispiel Humusaufbau und Agroforstsysteme. Aber auch der ökologische Landbau als eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsform ist für eine klimagerechte Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung.

BMEL gestaltet Anpassungsprozess in vielfacher Weise

Viele Landwirtinnen und Landwirte passen sich mit ihrem Anbausystem bereits an das veränderte Klima und seine Folgen an. Ihnen verdanken wir das solide Ernteergebnis. Damit die Ernten aber auch weiterhin sicher sind, ist es nicht zuletzt Aufgabe unserer Politik, Landwirtinnen und Landwirte dabei zu unterstützen, zu einer klimaangepassten Produktion zu kommen. Dabei spielen Forschung, Ausbildung und Wissenstransfer eine ebenso wichtige Rolle wie eine Förderung, die darauf abzielt, Klima- und Umweltleistungen der Höfe ausreichend zu honorieren.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gestaltet diesen Anpassungsprozess in vielfacher Weise:

  • Die Bundesregierung hat im März 2023 eine nationale Wasserstrategie beschlossen. Den Boden gesund zu halten, so dass er Wasser aufnehmen und speichern kann, ist hier ebenso wichtig, wie die Wasserinfrastruktur, die Daseinsvorsorge in ausreichend guter Qualität und die Regeln für den Gebrauch des wertvollen Gutes.
  • Die Einrichtung und Beibehaltung von Agroforstsystemen kann seit diesem Jahr erstmals über die Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) und die Ökoregelungen gefördert werden.
  • Die züchterische Anpassung von Kulturpflanzen und Kulturpflanzensorten ist ein wertvoller Baustein der Klimaanpassung – das BMEL unterstützt deshalb über 200 Teilprojekte im Bereich der Pflanzenzüchtungsforschung.
  • Die Bundesregierung arbeitet zugleich daran, die von der Klimakrise betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe stärker zu befähigen, die eigene Betroffenheit zu analysieren und über notwendige Anpassungsmaßnahmen zu entscheiden. Zu diesem Zweck werden im Rahmen der Innovationsförderung und der Ackerbaustrategie, über Modell- und Demonstrationsvorhaben und über das Bundesprogramm ökologischer Landbau (BöL) entsprechende Maßnahmen und Forschungs- und Wissenstransferprojekte gefördert.
  • Auch im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 sind eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die zum Beispiel zu einer Emissionsminderung in der Landwirtschaft führen sollen. Auch das drängende Thema der schwankenden Qualität von Backweizen (und der so vermehrten Nutzung als Futterweizen) wird im Klimaschutzprogramm aufgegriffen. Derzeit erarbeitet das BMEL gemeinsam mit der gesamten Wertschöpfungskette erweiterte Qualitätskriterien für Backweizen.
  • Die Bundesregierung hat das Ziel, bis zum Jahr 2030 die ökologisch bewirtschafteten Flächen in Deutschland auf 30 Prozent auszudehnen. Um dieses Ziel zu erreichen, erarbeitet die Bundesregierung die Bio-Strategie 2030.
  • Klimaschutz und Klimaanpassung müssen sich auszahlen. Dabei ist die EU-Agrarpolitik (GAP) ein Schlüsselinstrument: Das BMEL arbeitet deshalb an Vorschlägen für eine Weiterentwicklung der GAP nach 2027. Das Konzept soll insbesondere darlegen, wie die bisherige Basisprämie durch die Honorierung von Klima- und Umweltleistungen angemessen und einkommenswirksam ersetzt werden kann.

Für eine klimaangepasste Landbewirtschaftung muss an vielen unterschiedlichen Stellschrauben zugleich gedreht werden. Nur eine klimafeste Landwirtschaft ist langfristig widerstandsfähig. Unser Ziel muss sein, ausreichende Ernten auch in 10, 20 oder 50 Jahren zu sichern.

Ausgewählte Ergebnisse der vorläufigen Erntebilanz im Überblick

Datengrundlage des Ernteberichts

Grundlage des Ernteberichts sind im Hinblick auf Getreide und Raps die festgestellten Erträge der bisher ausgewerteten Probeflächen aus der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE), die Teil der deutschen Agrarstatistik ist. Für diese Ertragsfeststellung werden jedes Jahr bis zu 10.000 repräsentativ ausgewählte Felder aus allen Teilen des Bundesgebiets herangezogen. Der Erntebericht enthält zudem eine Einschätzung zu den Ernteaussichten bei anderen für die deutsche Landwirtschaft wichtigen pflanzlichen Produkten. Mehr Informationen zur Datengrundlage finden Sie in unseren Fragen und Antworten.

Quelle: BMEL