Neues Patent erteilt: Die Rückkehr von Monsantos „Super-Brokkoli“

Keine Patente auf Saatgut! bereitet Proteste zum 50. Jahrestag des EPA vor.

Am 13. September 2023 hat das Europäische Patentamt (EPA) ein Patent auf konventionell gezüchtete Brokkolisorten mit einem erhöhten Gehalt an gesundheitlich wertvollen Bitterstoffen (Glucosinulaten) für die Firma Seminis (Bayer/ Monsanto) erteilt (EP2708115). Die Pflanzen stammen aus einer Züchtung mit wildem Brokkoli, der natürlicherweise einen hohen Gehalt an Glucosinulaten aufweist und auf Sizilien vorkommt. Diese Pflanzen wurden mit kommerziell gehandelten Brokkolisorten gekreuzt, die einen geringeren Gehalt an diesen Inhaltsstoffen haben. Das Ergebnis sind Brokkolisorten mit einem höheren Gehalt an Glucosinulaten, die aber weder neu noch erfinderisch sind.

„Dieses Patent ist nur eine Wiederholung eines Patentes, das bereits 2002 auf Brokkoli mit einem erhöhten Gehalt an Glucosinulaten erteilt wurde und ebenfalls aus Kreuzungen mit wildem Brokkoli aus Sizilien stammt (EP 1069819). Es gibt nur geringfügige Unterschiede zwischen diesen Patenten, letztlich wurde dieses neue Patent auf Pflanzensorten mit den gleichen Eigenschaften erteilt”, sagt Johanna Eckhardt von Keine Patente auf Saatgut!.

Schon das erste Patent wurde von Monsanto dazu genutzt, die Produktion eines „Super-Brokkoli“ zu behaupten, der in Supermärkten zu höheren Preisen gehandelt wurde. Es war dieses Patent, das eine jahrelange erhitzte Diskussion und harsche Kritik in Bezug auf die Patentierung konventionell gezüchteter Pflanzen auslöste. In Reaktion beschlossen die (damals 38) Vertragsstaaten des EPA, dass in Zukunft keine derartigen Patente mehr erteilt werden dürfen.

„Dieses zweite Patent auf einen „Super-Brokkoli“ ist ein Schlag ins Gesicht der Regierungen der Vertragsstaaten des EPA, die der Patentierung von konventionell gezüchteten Patenten ein Ende setzen wollten. Die Erteilung des Patentes zeigt, wie die großen Konzerne, das EPA und die mit ihnen verbundene ‚Patent-Industrie‘ versuchen, demokratische Entscheidungen zu umgehen, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen”, sagt Dagmar Urban vom Verein ARCHE NOAH.

Das jetzt erteilte Patent ist nicht die einzige strittige Entscheidung, die das EPA in den letzten Monaten getroffen hat: Im Jahr 2023 wurden bereits ein Dutzend weitere Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen erteilt, die Paprika, Melonen, Tomaten, Weizen, Spinat, Gurken, Zuckerrüben und Stevia betreffen. Unter den Patentinhabern sind BASF (Nunhems), KWS und Rijk Zwaan. Zudem wurde am 12. September ein Einspruch gegen ein BASF-Patent auf buschige Melonen zurückgewiesen, die ursprünglich nur per Zufall entdeckt worden waren.

“Das EPA versucht den Rechtsbruch hinter komplizierten rechtlichen Begründungen zu verstecken. Aber diese ‚Entschuldigungen‘ und ‚speziellen Regeln‘ können nicht akzeptiert werden. Im Ergebnis betreffen diese Patente konventionell gezüchtete Pflanzensorten. Derartige Patente sind nach dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ), das inzwischen seit 50 Jahren die Rechtsgrundlage des EPA ist, verboten. Dieses Verbot schützt die Interessen der Öffentlichkeit, der Pflanzenzüchtung, der Landwirtschaft, der Lebensmittelproduktion und der Verbraucher*innen. Deswegen müssen diese Patente jetzt gestoppt werden”, sagt Christoph Then von Keine Patente auf Saatgut!.

Das EPÜ wurde 1972 verabschiedet, das EPA startete seine Tätigkeit 1973. Nach Artikel 53b) des EPÜ sind Patente auf Pflanzensorten und die konventionelle Pflanzenzucht verboten. Keine Patente auf Saatgut!  bereitet nun Proteste anlässlich des 50 Geburtstags des EPA vor, der am 5. Oktober 2023 gefeiert werden soll. Zu diesem Anlass werden Teilnehmer*innen von allen (jetzt 39) Vertragsstaaten des EPA erwartet. Es wird auch erwartet, dass der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz eine Rede halten wird.

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