Steckt hinter Palmöl mehr als abgeholzte Regenwälder?

Forschungsteam untersucht Verständnis für nachhaltiges Palmöl unter Konsumierenden

Palmöl ist das weltweit am meisten produzierte und konsumierte Pflanzenöl und es ist weithin bekannt, dass die Produktion der Umwelt schaden kann. Aber haben die Menschen den vollen Überblick? Beim Ersatz von Palmöl durch Rapsöl würde der Flächenbedarf um das Vier- bis Fünffache steigen. Nachhaltig produziertes Palmöl kann daher die bessere Option sein. In einer von der Universität Göttingen geleiteten Studie untersuchten Forschende das Verständnis und die Einstellung der Öffentlichkeit in Deutschland zu Palmöl und der damit verbundenen Landnutzung. Sie zeigen, dass es den Menschen schwerfällt, die Folgen ihres Kaufverhaltens zu erkennen, auch wenn sie zusätzliche Informationen erhalten. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Sustainable Production and Consumption erschienen.

Die Folgen einer veränderten Palmölproduktion beurteilten die Forschenden durch eine tiefgründige Literaturrecherche zu den Konsequenzen indirekter Landnutzungsänderungen. Dabei handelt es sich um Auswirkungen auf die Umwelt infolge von Landnutzungsänderungen, die sich aus der erhöhten Nachfrage nach bestimmten Nutzpflanzen oder Biokraftstoffen ergeben. Zudem befragten sie mehr als 1200 Personen unter anderem zur Bedeutung von Palmöl in der Lebensmittelindustrie, deren Meinung zur Angabe „frei von Palmöl“ im Vergleich zu einem Zertifizierungssiegel für nachhaltiges Palmöl, den Folgen der Landnutzungsänderung und der Verwendung anderer Pflanzenöle. Anschließend testeten sie, wie zusätzliche Informationen die Ansichten der Befragten beeinflussten. Dazu präsentierten sie in zwei Gruppen jeweils eine Infografik – eine zum Vergleich von Palmöl, Sojaöl, Sonnenblumenöl und Rapsöl in Aspekten wie Erträge und ökologische Auswirkungen, die andere zur Landnutzungsänderung.

Wie die Ergebnisse zeigen, können Produktinformationen und Etiketten die Menschen verwirren und fehlleiten. Die Infografiken wirkten sich auf die Antworten aus, aber der Effekt war gering. Die Befragten fühlten sich von der Angabe „frei von Palmöl“ angezogen. Sie vertrauten ihr mehr als dem Zertifizierungssiegel und hielten den Verzicht auf Palmöl aus gesundheitlicher und ökologischer Sicht für besser – auch wenn nachhaltiges Palmöl für die Umwelt besser sein kann als ein ersatzweise eingesetztes Pflanzenöl. Auch nach Erhalt der zusätzlichen Informationen blieben viele Personen den potenziellen Vorteilen von nachhaltigem Palmöl im Vergleich zu anderen Pflanzenölen skeptisch gegenüber.

Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, wie Konsumierende ermutigt werden können, sich mit komplexen und oft kontroversen Entscheidungen beim Kauf von Lebensmitteln zu befassen. „Die Menschen haben nur wenig Zeit, um die sozialen, ökologischen oder gesundheitlichen Eigenschaften von Produkten abzuwägen“, sagt Erstautorin Sophie-Dorothe Lieke vom Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung der Universität Göttingen. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass viele mit den Informationen überfordert sind und sich eine klare und zuverlässige Orientierung wünschen. Dabei könnte ein Umwelt-Label helfen, das die Unterschiede der Produktionssysteme aufgreift und dazu beiträgt, dass die Menschen fundierter über die Auswirkungen ihrer Einkäufe auf die Umwelt entscheiden können.“

Die Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Originalveröffentlichung: Sophie-Dorothe Lieke et al. Can consumers understand that there is more to palm oil than deforestation? Sustainable Production and Consumption (2023). DOI: 10.1016/j.spc.2023.05.037

Kontakt:

Sophie-Dorothe Lieke, Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
RTG 2654 Sustainable Food Systems
Heinrich-Düker-Weg 12, 37073 Göttingen
E-Mail: sophiedorothe.lieke@uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/647172.html

Prof. Dr. Achim Spiller, Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte
Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen
Telefon: 0151 42482716
E-Mail: a.spiller@agr.uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/en/11280.html

Quelle: Uni Göttingen