Experten des Bundestags zerlegen Werbeverbote

Experten des Bundestags zerlegen Werbeverbote.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, die mit ihren Gutachten den Abgeordneten sachliche Informationen liefern sollen, haben mit zwei Dokumentationen die Pläne des Ministers Özdemir, Werbeverbote zu installieren, gründlich zerlegt. Özdemir glaubt in treuer Eintracht mit Ideologen der NGO-Szene, dass Werbung dick macht. Wenn Kinder bis 13 Jahren die Werbung für unliebsame Nahrungsmittel nicht mehr sehen würden, so seine Überlegung, würden die Kinder diese auch nicht mehr essen wollen und automatisch schlank werden.

Im Gegensatz zu dieser schlichten Behauptung existiert eine Vielzahl von Faktoren für Übergewicht und Adipositas. In der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste werden genetische, sozio-ökonomische und medizinische Faktoren ebenso genannt wie Bewegungsmangel oder Rahmenbedingungen bei der Nahrungsaufnahme. Diese Komplexität, so die Bundestags-Experten, wird durch Werbeverbote nicht aufgelöst. Selbst in Ländern, in denen derartige Verbote existieren, kann wissenschaftlich fundiert kein entsprechender Effekt nachgewiesen werden.

Ideologisch begründete Meinungen sind etwas anderes als wissenschaftliche Fakten. Die Wissenschaftlichen Dienste weisen darauf mit einer klaren Feststellung hin. „Im Rahmen von Versuchen oder auf der Grundlage statistischer Daten ermittelte korrelative Zusammenhänge lassen in der Regel nicht ohne weiteres Rückschlüsse über einen vorliegenden kausalen Zusammenhang zu.“

Sachlich gibt es nach Experten-Einschätzung keine Rechtfertigung für die Pläne des Ernährungsministers. In einer weiteren Dokumentation wird zudem die Verfassungsmäßigkeit der Werbeverbote auf den Prüfstand gestellt. So existieren Zweifel, ob der Bund überhaupt in einer solchen Frage über die notwendige Gesetzgebungskompetenz verfügt. Bei einem Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes wäre ein Gesetz formell verfassungswidrig. Nicht zuletzt könnte es vor Gericht an der Angemessenheit scheitern.

Dabei geht es um die Abwägung zwischen einem angeblichen Gesundheitsschutz für Kinder mit den Grundrechten im Hinblick auf die Berufsfreiheit der Unternehmen und die Informationsfreiheit der Verbraucher. Da zwischen 70 und 80 Prozent aller Lebensmittel von den Werbebeschränkungen erfasst sein könnten, sind auch erhebliche Auswirkungen im Hinblick auf Arbeitsplätze zu erwarten. Die beiden Dokumentationen der Wissenschaftlichen Dienste signalisieren dem Minister eindeutig, dass sein Gesetz vor dem Verfassungsgericht landen und dort scheitern könnte.