Forschungsteam steigert gezielt Aufnahme von gesundheitsfördernden Carotinoiden in Orangensaft durch Homogenisierung

FEI: Projekt des Monats Dezember 2023. Die Bioverfügbarkeit ist entscheidend!

© Lara Etzbach | IEL, Universität Bonn

Gesundheitswert von pflanzlichen Lebensmitteln leitet sich zum einen von ihrem Gehalt an essentiellen Nährstoffen, zum anderen von ihrem Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen ab: In Orangensaft, der mit einem Pro-Kopf-Konsum von 7,1 l der Lieblingssaft in Deutschland ist, sind vor allem die darin enthaltenen Carotinoide die wichtigsten sekundären Pflanzenstoffe, die ihn so wertvoll machen: So haben epidemiologische Untersuchungen eine umgekehrte Beziehung zwischen einer Ernährung, die reich an Carotinoiden ist, und dem Auftreten von degenerativen und kardiovaskulären Erkrankungen festgestellt.

Dabei hängen die gesundheitsfördernden Wirkungen der Carotinoide nicht nur von ihrem Gehalt in Orangensaft ab – entscheidend ist ihre Bioverfügbarkeit! Nur die Carotinoide, die tatsächlich vom Körper aufgenommen werden, können positive Effekte im Körper verursachen. Die zentrale Stellschraube für deren Bioverfügbarkeit ist der Aufschluss des Zellgewebes während der Fruchtverarbeitung in der Fruchtsaftproduktion: So zeigte eine vielbeachtete Studie bereits, dass Carotinoide in einem Orangensaft besser verfügbar sind als die Carotinoide in der entsprechenden Orange selbst. Es wird angenommen, dass durch eine gezielte Anpassung von Homogenisierungsverfahren der Aufschluss des Zellgewebes so verbessert werden kann, dass die Bioverfügbarkeit der Carotinoide nochmals deutlich gesteigert werden kann.

In der Fruchtsaftindustrie werden bisher keine entsprechenden Verfahren zur gezielten Steigerung der Bioverfügbarkeit von Carotinoiden in Orangensaft angewendet. Dies zu ändern, ist das Ziel eines aktuellen Projekts der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF): Das Forschungsteam, das sich aus zwei Forschungsgruppen an der Universität Bonn und an der Universität Gießen zusammensetzt, untersucht dafür den Einfluss verschiedener Homogenisierungsstrategien auf die Biozugänglichkeit und die Bioverfügbarkeit von Carotinoiden in Orangensaft. Hierzu werden die Verdauung im Reagenzglas nachgebildet und Zellkulturmodelle eingesetzt, die den Dünndarm simulieren. Der Saft mit den besten Resultaten aus den Voruntersuchungen, wird dann im Rahmen einer Verzehrsstudie an gesunden Probanden getestet. Hierbei wird auch der Einfluss des Saftkonsums auf die Energie von Blutzellen untersucht.

Es konnte bereits gezeigt werden, dass eine zusätzliche Ultraschallbehandlung von Orangensaft die In-vitro-Mizellierungsrate von Carotinoiden, die als Indikator für die Bioverfügbarkeit über den Dünndarm dient, signifikant um 85 – 159 % gesteigert werden konnte. Homogenisierende Effekte – wie die einer Ultraschallbehandlung – scheinen folglich einen größeren Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Carotinoiden zu haben als die bislang etablierten Pasteurisationsprozesse. Angenommen wird, dass durch die Partikelgrößenverkleinerung einer Homogenisierung die Freisetzung der Carotinoide aus dem Pflanzenmaterial, deren Einbindung in Lipidtröpfchen und somit der Einschluss von Carotinoiden in Mizellen gesteigert werden kann. Im Rahmen der Untersuchungen wird Orangensaft mittels drei unterschiedlicher Verfahren homogenisiert und im Anschluss unter verschiedenen Bedingungen für vier Monate gelagert. So kann sichergestellt werden, dass die positiven Effekte der Homogenisierung sich auch in Säften zeigen, die im Handel oder Haushalt vorrätig gehalten werden.

Daraus können wegweisende Empfehlungen für die Herstellung und Lagerung von Orangensaft abgeleitet werden: Diese sollen den Unternehmen der Fruchtsaftindustrie ermöglichen, Produkte mit einer erhöhten Bioverfügbarkeit von Carotinoiden und damit einer gesteigerten ernährungsphysiologischen Wertigkeit in das Portfolio aufnehmen zu können. Es wird erwartet, dass die so hergestellten Säfte sich auch durch eine verbesserte Trubstabilität auszeichnen und dadurch länger haltbar sind. Zudem können die im Projekt entwickelten Verfahren grundsätzlich auch auf andere Fruchtsäfte übertragen werden, so dass sich der Mehrwert für die überwiegend mittelständisch geprägte Fruchtsaftbranche nochmals erhöht.

Informationen zum IGF-Projekt:
22262 N „Verbesserung der Bioverfügbarkeit von Carotinoiden aus Orangensaft durch innovative Homogenisierungsstrategien“

Quelle: FEI