Neujahrstrend: Immer mehr Menschen machen „Dry January“

ernährung heute: Verantwortungsvoller Konsum oder gänzlicher Alkoholverzicht sind bei jungen Menschen im Kommen, aber Alkohol-assoziierte Krankheiten nehmen dennoch zu.

Er steht synonym für unterschiedliche Lebensstile und Genuss, ist aber auch ein Suchtmittel mit negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit: Alkohol. Der aktuelle Gesundheitsbericht „Health at a Glance“ der OECD rangiert Österreich mit einem Pro-Kopf-Konsum von 11,1 Litern Reinalkohol pro Jahr in den Top 6 der Mitgliedsländer. Erfreulicherweise deuten Entwicklungen und Trends aber darauf hin, dass viele junge Menschen ihr Trinkverhalten überdenken, den Alkoholkonsum reduzieren oder nahezu gänzlich darauf verzichten.

Der Begriff „The New Sobriety“ bezeichnet die generelle Entwicklung bei jüngeren Generationen, ihre Haltung zu Alkohol neu zu definieren. „Damp Drinking“ oder „Mindful Drinking“ – also achtsamkeitsbasiertes Trinkverhalten – bilden für viele die goldene Mitte zwischen Abstinenz und alkoholdeterminierter Trinkkultur. Auch der „Dry January“ als „trockener Jahresauftakt“ und weniger Alkohol als Jahresvorsatz finden als Trend zunehmend Nachahmer.

Wie die Esskultur ist auch die Trinkkultur von geologischen, politischen und religiösen Verhältnissen geprägt. So zählen der Norden und Süden Europas zu den alkoholpermissiven Kulturen, in denen Alkohol nur bei definierten Gelegenheiten getrunken wird. In der Mitte liegen die alkoholdeterminierten Trinkkulturen, die Frequenz, Anlass und Menge aus dem Süden und Norden kombinieren, wodurch sich europaweit die höchsten Konsumraten sowie die höchste Prävalenz an problematischen Konsummustern ergeben. Die Entwicklungen und Trends beim Trinkverhalten deuten aber darauf hin, dass sich die Pole des Konsumspektrums künftig stärker ausprägen.

Relevante Anteile der Generation Z und Millennials überdenken ihre Haltung zu Alkohol und reduzieren den Konsum – Stichwort „The New Sobriety“. So konsumieren jüngere Menschen quer durch Europa deutlich seltener und deutlich weniger Alkohol als Erwachsene ab 40 Jahren. Das ist eine Frage des Geldes sowie individueller und gesellschaftlicher Ansprüche an die Leistungsfähigkeit. Eine Rolle spielen zudem der Trend zu einem gesunden Lebensstil sowie zu Achtsamkeit und Social Media: Einerseits schränkt die Furcht vor unangemessenen Posts den Konsum ein. Andererseits geben 26 Prozent der Befragten einer PwC-Studie aus 2022 an, dass ihre Entscheidungen zum Thema Essen und Trinken durch soziale Medien beeinflusst sind.

Diese Entwicklung fördert populärer werdende Phänomene wie den „Dry January“, bei dem im gesamten Jänner kein Alkohol getrunken wird. Da der Trend des bewussteren Trinkverhaltens aber nicht nur auf den Jahresbeginn begrenzt ist, hat sich auch der Markt angepasst: Der Alkoholgehalt der Getränke nimmt den Verbraucherwünschen entsprechend ab. Händler in Deutschland bezeichnen Low-Alcohol- und No-Alcohol-Varianten sogar als den wichtigsten Kategorientrend.

Braucht Maßnahmen für bewussten Konsum

Weil jedoch Menschen immer früher zu trinken beginnen und mehr Frauen Alkohol konsumieren, wird ein Anstieg an Personen, die alkoholkrank sind oder zumindest problematische Konsummuster aufweisen, prognostiziert. In Österreich haben aktuell 19 % der Männer und 11 % der Frauen einen problematischen Konsum über der „Gefährdungsgrenze“. Sie trinken pro Tag durchschnittlich mehr als 40 g bzw. 60 g Alkohol – also vier bzw. sechs Standarddrinks. 7,5 % der Männer und 2,5 % der Frauen sind alkoholkrank. Ihnen steht eine Mehrheit mit einem moderaten Trinkverhalten gegenüber. Der aktuelle OECD-Bericht zählt Österreich zudem zu den sechs Ländern mit dem höchsten Alkoholkonsum.

Und das ist problematisch: Hoher Alkoholkonsum zählt weltweit zu den führenden Ursachen für Tod und Behinderung und ist ein maßgeblicher Risikofaktor für Herzerkrankungen, Schlaganfall, Leberzirrhose und bestimmte Krebsarten. Alkohol trägt auch zu mehr Autounfällen und Verletzungen, Gewalttaten, Tötungsdelikten, Selbstmorden und psychischen Störungen bei als jede andere psychoaktive Substanz. Und alkoholbedingte Krankheiten und Verletzungen gehen mit hohen Kosten für die Gesellschaft einher. Daten der OECD aus 2021 belegen, dass im Schnitt 2,4 % der Gesundheitsausgaben für die Bewältigung der durch Alkoholkonsum verursachten Schäden aufgewendet werden – in einigen Ländern beträgt dieser Anteil sogar 4 %.

Auf politischer Ebene werden daher Initiativen für einen geringeren Alkoholkonsum forciert. Dazu Marlies Gruber, Geschäftsführerin des f.eh: „Um das Risiko für schädliche Folgen zu minimieren, sind gute Voraussetzungen für eine genussvolle und moderate Trinkkultur zu schaffen und Maßnahmen zur Reduktion des Alkoholkonsums zu setzen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Leistung, die der gebündelten Ressourcen von Politik, Wirtschaft und Gesundheitsfachkräften bis hin zu jedem Einzelnen bedarf.“ Sie betont auch die Eigenverantwortung des Einzelnen: „Auch und gerade weil der Genuss von Alkohol aufgrund seiner betäubenden Wirkung selbstlimitierend ist, spricht vieles dafür, sich mit der Frage des Genießens auseinanderzusetzen. Für Konsumierende ist es daher sinnvoll, einen freud- und maßvollen Umgang mit Alkohol zu erlernen.“ Dabei spielen für die Entwicklung der Trinkgewohnheiten soziale und kulturelle Bedingungen sowie die Reflexion der Motivation eine wesentliche Rolle. „Aufgrund der Suchtdynamik und um der Leber Zeit zur Regeneration zu geben, ist es günstig, auf 3 bis 4 alkoholfreie Tage pro Woche zu achten“, so Gruber.

Die aktuelle Ausgabe von ernährung heute, dem Magazin des forum. ernährung heute (f.eh), widmet sich dem Thema Alkohol und genuss- und maßvollen Annäherungsmöglichkeiten. Das Heft wird Medienvertretern auf Anfrage an presse@forum-ernaehrung.at gerne als pdf-Version zur Verfügung gestellt.

Quelle: f.eh