„Ohne Konservierungsstoffe“: Reinraumtechnik in der Lebensmittelproduktion

Clean Labeling gewinnt seit Jahren an Bedeutung.

Im Zeitraum von Juli 2021 bis Juni 2022 wurde mehr als jedes dritte weltweit neu auf den Markt gebrachte Lebensmittel- und Getränkeprodukt mit einem oder mehreren Clean-Labels positioniert. Der Begriff (aus dem englischen für „sauberes Etikett‘) ist der Hinweis für ein Produkt das frei ist von bestimmten Inhaltsstoffen. „Ohne Zusatzstoffe/Konservierungsstoffe“ ist dabei das weltweit häufigste Clean-Label-Produktversprechen (42,7 %). Europa ist bei Weitem die führende Region, wenn es um die Einführung neuer Clean-Label-Lebensmittel und -Getränke geht, gefolgt von Nordamerika und Asien.

In puncto „ohne Konservierungsstoffe“ stellt es die Lebensmitteltechnik vor die große Herausforderung, die Keimzahlen zu kontrollieren. Hygiene ist ein elementarer Beitrag zur Lebensmittelsicherheit. Sie basiert auf der Einhaltung einer Basishygiene und auf ausgeklügelten Reinigungskonzepten, mit dem Ziel, möglichst wenige Bakterien, Schimmelpilze oder Viren während der Produktionsstufen auf Lebensmittel zu übertragen. Schließlich vermehren sich Keime, auch pathogene, auf Lebensmitteln besonders gut und können etwa Magen-Darmerkrankungen auslösen.

Damit unerwünschte Keime gar nicht erst in die Produktion gelangen, setzen Lebensmittelproduzenten verstärkt auf den Einsatz von Reinraumtechnik. Einfach erklärt ist ein Reinraum ein geschlossener Raum, in den über ein Filtersystem nahezu staub- und keimfreie Luft eingelassen wird. Diese reine Luft verdrängt die luftgetragenen Partikel, hält sie mit gezielten Luftströmungen von Objekten fern und führt sie nach außen ab. Es geht also letztlich um die Partikelkonzentration der Umgebungsluft in diesem Reinraum, die auf ein möglichst niedriges, unkritisches Niveau gesenkt werden muss.

Die Anzahl der Partikel pro Kubikmeter Luft bestimmt die Qualität des Reinraums. Wie diese Qualität beschaffen sein muss, definiert eine DIN-Norm. Hier werden neun Reinheitsklassen unterteilt. Reinheitsklasse 1 ist dabei die reinste, die maximal erlaubte Partikelkonzentration ist am geringsten. Für die Herstellung von Lebensmitteln sind Reinräume der Klassen 5 bis 7, vereinzelt auch 8, gängige Praxis. Backwaren müssen beispielsweise nicht in einer ähnlich aseptischen Umgebung hergestellt werden wie Getränke. Werden zum Beispiel Fertiggerichte, Salate und Nudel-Spezialitäten im Reinraum unter keimarmen Bedingungen hergestellt und verpackt, lässt sich die Haltbarkeit um bis zu 50 Prozent verlängern. Auch der Erhalt der Farbe, der Textur und des Geschmacks der Lebensmittel kann somit positiv beeinflusst werden.

In der Lebensmittelproduktion sind Reinraumkonzepte nur in seltenen Fällen wirtschaftlich realisierbar. Stattdessen bieten sich flexible Raum-in-Raum-Lösungen an, beziehungsweise mobile Reinräume zur Überbauung von Maschinen. In diesen Reinraumeinheiten herrscht ein permanenter Überdruck, durch den das Eindringen von Partikeln in den Arbeitsbereich verhindert wird. Die Zuluft wird mit speziellen Filtern vorbehandelt, die letztlich einen Abscheidegrad von 99,995 Prozent gewährleisten.

Neben dem Produkt ist der Mensch im Arbeitsumfeld Reinraum der größte verunreinigende Risikofaktor. Spezielle Kleidung – angepasst auf die jeweilige Reinraumklasse –, Personenschleusen, Zoneneinteilungen sowie verschiedene Techniken, die Mitarbeiter zu dekontaminieren, stehen zur Verfügung, um eine Keimübertragung durch den Menschen zu minimieren. Damit stets eine möglichst sichere Lebensmittelproduktion gewährleistet werden kann.

Quelle: Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de